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"Wenn wir einmal zurückblicken, ärgern wir uns sicher"

„Ich war früher fast jedes Spiel Balljunge. Jeder hat sich darum gerissen, dass er vor den Fans stehen darf. Dann wurde mitgeklatscht und mitgesungen. Das war schon geil. Bewundert habe ich immer Ivo Vastic.“

Heute gehört Christian Klem selbst zu jenen Sturm-Spielern, die von den Balljungen das Spielgerät zugeworfen bekommen.

Wenn er denn spielt. Nach immerhin 18 Einsätzen in der Meister-Saison musste sich der 20-Jährige in dieser Spielzeit lange in Geduld üben.

„Beweisen, dass ich längerfristig in der Mannschaft bleiben kann“

„Jetzt habe ich drei Mal hintereinander gespielt, darüber war ich sehr froh. Das waren meine ersten Einsätze in dieser Saison. Aber ich war auch lange von der Mannschaft weg, weil ich bei der U20-WM in Kolumbien war. Das hat mir eben gefehlt. Jetzt heißt es zu beweisen, dass ich auch längerfristig in der Mannschaft bleiben kann“, erläutert Klem im Gespräch mit LAOLA1 seine Situation in dieser Saison.

In der Bundesliga gegen Wacker und Austria sowie im ÖFB-Cup gegen Weiz stand der 20-Jährige jeweils in der Startformation. Beim Europa-League-Gastspiel bei AEK Athen ist eine Fortsetzung dieser Mini-Serie ob der möglichen Rückkehr der einen oder anderen Stammkraft nicht gesichert.

Klem (2. v. r.) besichtigt gemeinsam mit Burgstaller, Kainz und Weber Athen

„Was ich recht gut kann, ist sicherlich das Passspiel, außerdem bin ich relativ schnell. Wo ich mich noch verbessern kann, ist auf jeden Fall das Defensivverhalten – sowohl taktisch als auch im körperlichen Bereich.“

Setzt Klem seine durchaus vorhanden Anlagen in die Tat um, könnte er durchaus in die Fußstapfen bekannter Akteure treten, die in Graz-Liebenau ihre Karriere starteten: „Man braucht nur schauen: Spieler wie Leitgeb, Jantscher, Beichler oder Prödl haben sich sehr gut entwickelt. Das ist natürlich ein Ansporn für jeden jungen Spieler bei Sturm.“

Mit Prödl verbindet den Youngster zudem die Erfahrung einer Teilnahme an der U20-WM. Während der nunmehrige Werder-Bremen-Legionär 2007 Österreichs Aushängeschild beim vierten Platz in Kanada war, schied Klem mit seinen Jahrgangskollegen trotz großer Erwartungen in der Vorrunde aus.

„Wir haben uns gesagt, das muss uns kalt lassen“

Apropos Erwartungshaltung. Dass sich die ständigen Vergleiche mit der erfolgreichen Vorgänger-Generation als Hemmschuh erwiesen, will der 20-Jährige nicht gelten lassen:

„Wir haben mitbekommen, dass in allen Zeitungen davon geschrieben wurde, dass wir gleich gut abschneiden müssen wie die Mannschaft damals. Wir haben uns gesagt, dass uns das kalt lassen muss. Wir sind ein ganz anderes Team, ein ganz anderer Jahrgang. Das hat mit dem gar nichts zu tun.“

In einer Beziehung soll Prödl, Martin Harnik, Erwin Hoffer, Zlatko Junuzovic und Co. jedoch definitiv nachgeeifert werden: „Natürlich ist es ein Ansporn, wenn man sieht, wer damals alles dabei war, und wo sie jetzt spielen – im A-Team und so weiter. Das sollte ein paar Spielern von uns auch gelingen.“

Klem gehört jedoch so oder so zu jenen Akteuren, die durch die unglaubliche Verletzungsmisere die Gelegenheit bekamen, auf sich aufmerksam zu machen.

„Aufgrund der U20-WM war ich fast drei Wochen nicht hier. Da kann ich nicht erwarten, dass ich danach gleich wieder im Kader oder gar in der Startelf stehe. Ich wusste, dass ich weiter kämpfen und mich im Training beweisen muss“, erklärt der Linksfuß, der als Ziel für diese Saison einen Stammplatz angibt.

Die Positionsfrage

Fragt sich bloß, auf welcher Position. Der Allrounder kam bei Sturm schon links in der Viererkette zum Einsatz, zuletzt pendelte er zwischen zentralem Mittelfeld und linkem Flügel. Letztere wird allgemein als seine beste Position eingeschätzt.

Allzu große Präferenzen bezüglich seines Einsatzgebiets will Klem nicht durchklingen lassen: „Gut, egal ist es mir nicht, ich spiele schon lieber im Mittelfeld als Verteidiger. Wo, ob zentral oder auf der Seite, ist mir dann wurscht. Aber wenn ich als Verteidiger eingesetzt werde, ist das auch kein Problem. Als Junger ich es wichtiger, dass man spielt, und nicht wo man spielt.“

Jede Position habe ihre Eigenheiten: „Alles hat Vor- und Nachteile. Auf der Seite kann man vielleicht seine Schnelligkeit im Eins gegen Eins besser ausnutzen. Im zentralen Mittelfeld kommt man dafür öfter aus der zweiten Reihe zum Abschluss.“

Verbesserungspotenzial im Defensivverhalten

In bislang 26 Bundesliga-Einsätzen kam der gebürtige Grazer bislang noch nicht in den Genuss eines erfolgreichen Torabschlusses. Sicherlich ein Punkt, an dem er noch arbeiten kann. Wie er seine Stärken und Schwächen ansonsten einschätzt?

Vom Können her kein unrealistisches Ziel, denn am Potenzial ist die Truppe von Teamchef Andreas Heraf tendenziell nicht gescheitert. Im Schnitt wurde dieser Jahrgang sogar höher als jener von 2007 eingeschätzt.

„Auf keinen Fall eine Qualitätsfrage“

„Es war auf keinen Fall eine Qualitätsfrage“, ist sich auch Klem sicher, „dazu waren wir zu sehr auf Augenhöhe mit den Gegnern. Obwohl es leider nicht so erfolgreich war, haben wir uns jeweils in den ersten 30 Minuten super verkauft. Auch gegen Brasilien und Ägypten hatten wir Chancen, hätten führen können. Danach war einfach die Luft draußen. Es soll keine Ausrede sein, aber wir sind mit den Wetterbedingungen und der Luftfeuchtigkeit einfach nicht zurechtgekommen.“

Sein Fazit: „Wenn man später einmal zurückblickt, wird man sich sicher darüber ärgern, dass nicht mehr rausgeschaut hat.“

Auch wenn ihm der Trip nach Kolumbien in der ersten Saison-Phase bei Sturm sicher nicht geholfen hat, möchte der nunmehrige U21-Teamspieler diese Erfahrung nicht missen:

„Ich bereue es auf keinen Fall, dass ich mitgefahren bin. Das ist ein einmaliges Erlebnis. Wie oft kann man als Österreicher sagen, dass man bei einer WM war?“

Peter Altmann