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Rapid-Juwel Grahovac: "Dachte, es geht schneller"

Rapid-Juwel Grahovac:

„Mit Srdjan Grahovac landet ein Juwel bei Rapid.“

Mit dieser Ankündigung schürte Zoran Barisic die Erwartungen. Alle warteten auf den großen Auftritt des ehemaligen bosnischen U21-Teamkapitäns.

Doch der große Durchbruch ließ bisher auf sich warten. Nur 13, oftmals kurze, Pflichtspieleinsätze ohne Tor stehen auf der Habenseite des 22-jährigen Mittelfeld-Akteurs.

„Ich dachte, es geht schneller“, gesteht Grahovac beim Treffen mit LAOLA1, bezugnehmend auf die ersten zehn Monate als Legionär in Österreich.

Ein Ball, eine Leidenschaft, eine Karriere

Das gewohnte Leben auf der Überholspur wurde für den in Banja Luka geborenen Rechtsfuß vom einen auf den anderen Tag unterbrochen.

Mit gerade einmal 16 Jahren wurde er bei seinem Heimatverein, wo er sich bis zu den Profis hinaufarbeitete, ins kalte Wasser geworfen, durchlief Bosniens Nachwuchs-Nationalteams und durfte in der U17 und U21 auch die Schleife tragen.

Der Leidenschaft des runden Leders frönte er schon seit Kindheitstagen. Das prägende Erlebnis ist ihm noch heute in guter Erinnerung.

„Als ich noch ganz klein war, hat mir mein Vater einen Ball gekauft. Ab diesem Moment wollte ich Fußballer werden. Bosnien ist ein Fußballland, so wie ganz Ex-Jugoslawien“, denkt Grahovac zurück.

„Rapid war der richtige Schritt“

Sein Aufstieg ließ das ganze Land aufhorchen, immer zählte er zu den jüngsten Akteuren, denen eine rosige Zukunft vorausgesagt wurde.

„Es ging schon schnell, aber nicht zu schnell. Mit 16 Jahren bin ich noch von der Bank gekommen, dann habe ich immer mehr gespielt. Das war gut für mich“, beschreibt der Rapidler seine Entwicklung.

Nach je einem Meister- und Cuptitel wurde mit dem Auslands-Engagement bei Rapid die logische, nächste Stufe erklommen, die Grahovac trotz Anlaufschwierigkeiten nicht bereut.

Mit Beric ist Grahovac auf einer Wellenlänge

„Rapid war sicher der richtige Schritt im Sommer. Wir haben eine gute Mannschaft und arbeiten super. Selbst wenn ich gut gespielt habe, habe ich immer gewusst, dass ich weiter machen muss. Das kommt schon noch. Ich bin bereit für mehr Spiele.“

Schwester und Elternbesuch erleichterten Eingewöhnung

Von Rapid-Seite wurde dem aufstrebenden Youngster Zeit eingeräumt, um sich im neuen Umfeld zurechtzufinden. Schließlich macht der Defensiv-Akteur keinen Hehl daraus, anfangs ein wenig überfordert gewesen zu sein.

„Es war nicht leicht. Es ist das erste Mal, dass ich außerhalb von Bosnien spiele und ins Ausland gegangen bin. In den ersten fünf Spielen habe ich nicht spielen dürfen, weil ich noch kein Visum und keine Spielgenehmigung gehabt habe.“

Die Eingewöhnung wurde jedoch dadurch erleichtert, dass seine Schwester in Wien ihr Master-Studium absolviert, mit ihm zusammenwohnt und nicht unwesentlichen Anteil daran hatte, dass sich Srdjan für die Landeshauptstadt entschied.

Auch seine Eltern sind stolz, besuchen ihren Sprößling alle zwei, drei Monate und schauen ihm bei den Spielen auf die Beine. In seiner Heimatstadt und bei seinem Ex-Verein, wo man Rapid schon vorher durchaus kannte, sitzen nun Freunde und ehemalige Kollegen vor den Fernsehschirmen und verfolgen seine Einsätze.

Sprachliche Fortschritte zusammen mit Beric

Innerhalb des Teams waren es anfangs vor allem Kommunikationsprobleme, welche die Eingewöhnung schleppend erscheinen ließen.

„Zuerst war es schade, dass ich nicht kommunizieren konnte. Zwar können alle Englisch, aber wenn sie Deutsch reden und ich nichts verstehe, ist das schwer. Noch dazu habe ich nicht gespielt. Ich bin Fußballer und will natürlich immer spielen.“

Nach einem Dreivierteljahr können sich die Deutschkenntnisse des 22-Jährigen durchaus hören lassen. Beim Klub steht ihm zwei Mal pro Woche eine Lehrerin für den Deutschkurs zur Verfügung, dem auch Robert Beric beiwohnt. Mit dem Slowenen verstand sich Grahovac von Anfang an blendend.

„Wir sind viel zusammen, auch er ist im Sommer gekommen. Wir reden beide serbisch, auch Marko Maric, Deni Alar, Mario Pavelic und der Trainer können das.“ Auf dem Platz wird aber rein auf Deutsch kommuniziert, was ihm nicht mehr so schwer fällt.

Trainer Barisic gibt immer wieder Feedback und Verbesserungsvorschläge

In Testspielen durfte er mit der U21 bereits gegen A-Team-Stars wie Edin Dzeko oder Miralem Pjanic („Er ist ein Wahnsinnsspieler und Weltklasse“) ran, Seite an Seite mit ihnen zu spielen, zählt aber zu seinen großen Zielen. Abseits Bosniens zählen unter anderem Zinedine Zidane und Ronaldo, „aber nicht Cristiano, sondern der richtige“, zu seinen Vorbildern.

Konkurrenzkampf als Herausforderung

Um sich diesem Niveau anzunähern, muss Grahovac in Zukunft noch mehr zeigen als bisher. Bei der vorhandenen Konkurrenz im defensiven Mittelfeld mit Stefan Schwab, Thanos Petsos, Dominik Wydra und Brian Behrendt hatte er bisher oftmals das Nachsehen.

„Wir haben große Konkurrenz. Aber das ist für jeden Spieler gut. Für uns ist jedes Training ein Kampf um einen Platz in der Mannschaft. Nur so kannst du besser werden.“

Am liebsten spielt er an der Seite von Steffen Hofmann. „Ehrlich gesagt habe ich sehr viel von ihm gelernt. Er ist Wahnsinn, ein super Spieler. Er mag junge Kicker, redet immer mit uns, was wir noch besser machen können. Als Kapitän ist er hier eine Legende. Ich finde das wichtig. Er gibt seine Erfahrung an uns weiter.“

„Ich weiß, dass ich die Qualität habe“

Die Liga hat er zu schätzen gelernt.

Geht es nach ihm, will er so viele Titel wie möglich sammeln, da auch RB Salzburg für ihn nicht unantastbar ist („Wir haben sie in Salzburg geschlagen, also warum sollten wir sie nicht auch hier schlagen?), und international spielen.

„Ich denke nicht so viel an die Zukunft, sondern gebe in jedem Training und Spiel alles. Ich weiß, dass ich Qualität habe, das kommt sicher noch. Ich spiele schon viel mehr, vielleicht bleibe ich bis zum Ende der Saison in der Startelf“, hofft Grahovac.

Nur weil ihm der sofortige Durchbruch verwehrt blieb, heißt das schließlich nicht, dass Grahovac nicht doch noch als das angepriesene Juwel erstrahlen kann.


Alexander Karper

"In Bosnien haben die Leute mehr Zeit für Spaß"

Auch von den Lebensgewohnheiten und der Kultur unterscheidet sich Österreich von seiner Heimat. Der Umstieg gelang Grahovac nach eigener Meinung aber ganz gut.

„Leute hier in Österreich arbeiten viel mehr, es gibt viel mehr Arbeit. In Bosnien haben die Leute viel mehr Zeit für Spaß. Für mich ist es okay, da ich genau weiß, was ich machen soll. Ich habe aber auch Zeit für Spaß“, grinst der Barisic-Schützling.

Fußballerisch sieht er die österreichische Liga „viel besser“ als die bosnische, da viel schneller und mit viel mehr Ballkontakten gespielt wird. Obwohl er schon mehrere Positionen in seinem Werdegang bekleidet hat, fühlt er sich im zentralen Mittelfeld daheim.

Seine Hauptaufgabe sieht er als „Box-to-Box“-Spieler, der sowohl defensiv als auch offensiv präsent sein muss. Gutes Passspiel, Taktikverständnis und Zweikampfstärke zählt er zu seinen Attributen.

Ohne Druck im Fokus des Nationalteams

In seiner Heimat kennt man ihn, in Österreich wurde ohne Vorwissen viel von ihm erwartet. Durch Beschreibungen als „Juwel“ oder „Talent“ fühlte er sich aber nicht in einer Drucksituation. „Ich habe viel Selbstvertrauen und denke, ich kann es noch viel besser.“

Darauf wartet auch das bosnische Nationalteam, das den Neo-Rapidler weiterhin auf dem Radar hat. Im Rahmen des Länderspiels gegen Österreich, bei dem Grahovac auf der Tribüne mitfieberte, nahmen die Verantwortlichen mit ihm Kontakt auf.

„Sie kennen mich und haben mich über meine Situation bei Rapid gefragt. Sie schauen, was in Zukunft mit mir passiert.“