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Österreichs Liga: So fad ist Spannung!

Österreichs Liga: So fad ist Spannung!

Das große Gähnen.

Obwohl die Bundesliga spannend wie selten zuvor ist, die Top sieben gerade einmal zehn Punkte trennen, muss der traurigen Wahrheit ins Auge geschaut werden: Diese Liga ist schlichtweg unattraktiv.

Das Niveau der Spiele lässt zu wünschen übrig, was nicht zuletzt das 301. Wiener Derby unter Beweis gestellt hat - es fallen kaum Tore, ja sogar Chancen sind rar gesät.

Kaffee hat Bier mittlerweile als beliebtestes Stadion-Getränk abgelöst. Die meisten Partien kann man sich nicht einmal mehr "schöntrinken", es geht nur noch darum, nicht einzuschlafen.

Doch warum ist das so?

LAOLA1 begibt sich gemeinsam mit TV-Experte Roman Mählich auf Spurensuche.

ZU VIEL EINHEITSBREI, ZU WENIG KLASSE

Ein Spieler, der den Unterschied ausmacht, Matches im Alleingang entscheidet. Vor kurzem konnte man das noch sagen. Etwa über Milenko Acimovic, Somen Tchoyi oder Branko Boskovic. „Wir haben diese Spieler noch, aber sie sind leider in der Minderheit“, findet Admiras Didi Kühbauer. Austrias Ivo Vastic sieht es sogar noch extremer, erinnert sich an Bayern-Werder im Dezember: „Eine Stunde lang ein ganz schlechtes Spiel, eine Katastrophe. Dann kommt Robben, macht individuell zwei Sachen, entscheidet die Partie und alle sagen: Super Spiel! Leider haben wir keine Robbens und Riberys, die solche Spiele individuell entscheiden können.“ Die individuelle Klasse fehlt also. Vielmehr ist ein Einheitsbrei aus guten, talentierten, aber nicht überragenden Spielern zu sehen. Die ganz großen Talente verlassen die Akademien, ehe sie in der Bundesliga Fuß fassen. Beispiele: Alaba, Weimann, Holzhauser, Arnautovic.

Das sagt Mählich: Es sind einfach zu viele Klasse-Spieler wie Tchoyi, Junuzovic, Barazite oder Boskovic gegangen, die nie adäquat ersetzt wurden. Außerdem kommt zu wenig von unten nach. Es spielen in der Bundesliga viele Junge aus den Akademien, aber das ist alles das gleiche Niveau. Die Individualität ist verloren gegangen. Es gibt derzeit in Österreich keinen kreativen Kicker, der ein 1-gegen-1 lösen kann, der Übersicht hat und der gute Pässe spielt.

 

ZU VIEL UMBRUCH, ZU WENIG KONTINUITÄT

Speziell in Salzburg grüßt jedes Jahr das Murmeltier. Die Spieler-und Trainer-Fluktuation ist gewaltig. Jede Saison wird praktisch die halbe Mannschaft ausgetauscht. Es ist ein Kommen und Gehen. Ähnlich, aber unter anderen Vorzeichen ist die Situation bei Rapid und Austria. Auch die Wiener Großklubs befinden sich im Umbau. Aufgrund zahlreicher Abgänge benötigt es einfach Zeit, neue Spieler und dadurch auch ein neue Spielanlage zu etablieren. Wer die Mechanismen des Fußball-Geschäfts kennt, weiß, dass sich Erfolg nur mit Kontinuität einstellt. „Wenn man international schaut, sind dort die Erfolge, wo längere Zeit ein System einstudiert wird. Man beginnt eben mit einer stabilen Defensive und versucht sich erst dann sukzessive in der Offensive zu verbessern“, berichtete zuletzt Austria-Co-Trainer Manfred Schmid. Daher ist es auch erklärbar, warum eine Mannschaft wie Mattersburg im Frühjahr eine derart gute Figur macht. Die Burgenländer setzen auf Konstanz. Trainer Franz Lederer und seine Spieler arbeiten seit Jahren zusammen und ernten langsam die Früchte.

Das sagt Mählich: Es ist logisch, dass die besten Spieler aus Österreich abgeworben werden. Die Klubs sind ständig dazu gezwungen, neue Leistungsträger zu holen bzw. selbst aufzubauen. Das braucht natürlich seine Zeit. Außerdem sind zum Teil neue Trainer am Werk, deren Philosophie nicht sofort greifen kann. Aber Zeit hast du im Profigeschäft eigentlich nicht.

ZU VIEL FRUST, ZU WENIG AMBIENTE

Fakt ist, wenn die Stimmung gut ist, das Stadion schön und voll, wirkt ein Spiel automatisch attraktiver. Doch das Ambiente lässt bei Bundesliga-Spielen zumeist zu wünschen übrig. Die Fans sind ob der schwachen Darbietungen frustriert und ziehen es oft vor, zu Hause zu bleiben. Mittlerweile kann vom Sofa aus am Wochenende fast rund um die Uhr Fußball geschaut werden. Barcelona, London, Rom oder Dortmund erste Reihe fußfrei. Doch nicht nur in den absoluten Top-Ligen sind die Stadien wesentlich besser besucht. Mit einem Zuschauerschnitt um die 7.000 liegt die Bundesliga auf Augenhöhe mit der ersten schwedischen und der dritten englischen Liga. Nur Rapid und Sturm haben einen Durchschnitt im fünfstelligen Bereich. Zum Vergleich: die Niederlande (rund 18.500, 14 Klubs über 10.000), die Schweiz (rund 12.000, sechs Klubs über 10.000) und Belgien (rund 11.500, sechs Klubs über 10.000) hängen uns klar ab. Vor ziemlich leeren Rängen zu kicken, motiviert natürlich nicht besonders. Hinzu kommt, dass die Qualität vieler Plätze sehr zu wünschen übrig lässt.

Das sagt Mählich: Diese Unterschiede hat es immer schon gegeben. Andere Ligen haben einfach einen höheren Zuschauerschnitt – da dürfen wir uns nicht vergleichen. Aber das Niveau in Spanien ist einfach höher, das hat mit den Zuschauern nichts zu tun. Natürlich gibt es auch Spiele vor 70.000 Zuschauern, die nicht gut sind. Aber über die ganze Saison gesehen, sieht man in den Top-Ligen mehr gute als schlechte Spiele. Bei uns ist es momentan leider umgekehrt.

ZU VIEL UNRUHE, ZU WENIG FOKUS

Bei Meister Sturm musste Langzeit-Trainer Franco Foda erst kürzlich seine Koffer packen, bei der Austria war für Karl Daxbacher schon zur Winterpause Schluss. Aber auch dessen Nachfolger, Ivica Vastic, steht nach nur kurzer Zeit im Kreuzfeuer der Kritik. Ähnlich ergeht es Salzburg-Coach Ricardo Moniz, der trotz Tabellenführung, Cup-Halbfinale und EL-Sechzehntelfinale im Sommer abgelöst werden könnte. Und Peter Schöttel hatte es bei Wiener Neustadt auch deutlich ruhiger als nun bei Rapid. Die Spitzenklubs haben ihren Fokus in dieser kuriosen Saison offenbar mehr auf interne Unruhen und Querelen als auf die sportlichen Belange gelegt. Wohl auch ein Mitgrund, warum die Leistungen auf dem Feld nicht die berauschendsten sind. Dazu kommt langsam aber sicher die Sommer-Transferphase in Gang, viele Leistungsträger pokern um neue Verträge oder liebäugeln mit einem Wechsel. Nicht unbedingt Umstände, die für Ruhe sorgen.

Das sagt Mählich: Zu Kartnigs Zeiten war es bei uns auch nicht anders. Wenn wir zwei Niederlagen in Folge kassiert haben, hat es eine Krisensitzung gegeben. Es ist ganz normal, dass bei den Topklubs Unruhe herrscht, wenn es einmal nicht so läuft. Damit müssen die Spieler schon umgehen können. Das sollte keine Rolle spielen. Die Ärmsten sind sowieso die Trainer – die haben den größten Druck. Bei der Austria wird beispielsweise alles am Ivo abgeladen. Die Qualität ist bei der Austria in der Offensive einfach nicht so hoch, dass sie richtig guten Fußball spielen können.

Harald Prantl/Kurt Vierthaler/Martin Wechtl

ZU VIEL DRUCK, ZU WENIG MUT

Das 301. Wiener Derby war bereits die 24. Nullnummer in dieser Saison. Diese Partie ist symptomatisch für die mutlose und defensive Ausrichtung der Bundesligisten. Ein Grund dafür könnte die Zielsetzung sein. Mannschaften wie Austria und Rapid müssen einen Europacup-Platz erreichen, Remis-Kaiser Neustadt (13) etwa den Klassenerhalt schaffen. Angesichts der engen Tabellensituation will kein Team in dieser Phase verlieren, agiert zunächst aus einer gesicherten Abwehr und hofft halt, dass vorne etwas passiert. „Es steht viel am Spiel. Ivos Vertrag bei der Austria verlängert sich nur bei einem EC-Startplatz. Natürlich versucht er in erster Linie nicht zu verlieren“, weiß auch Rapid-Trainer Peter Schöttel. Österreich steht mit dieser Einstellung jedoch alleine auf weiter Flur. „In Holland gibt es das nicht, da will sogar der Tabellenletzte offensiv spielen und Tore schießen“, erzählte unlängst Salzburgs Leonardo. In der niederländischen Eredivisie fallen im Schnitt 3,2 Tore, in Österreich 2,3 pro Spiel – übrigens der zweitschlechteste Wert seit 1968/69…

Das sagt Mählich: Man hört gleich einmal, dass zu viel Druck vorhanden ist. Wenn du aber bei Rapid, Salzburg, Austria oder Sturm spielst hast du jede Saison Druck. In dieser Saison liegt einfach alles enger beisammen. Viele Mannschaften haben die Möglichkeit, international zu spielen. Vielleicht spielt das eine Rolle. Die Spiele sind auf jeden Fall schlechter geworden – das kann man ja mit freiem Auge sehen. Im Herbst haben die Klubs in der Europa League teilweise eine sehr gute Figur gemacht. Wie man das werten soll, weiß ich nicht.