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Gestern Hoffnungsträger, heute Abstellgleis

Gestern Hoffnungsträger, heute Abstellgleis

TSV Hartberg also.

Nicht gerade ein schillerndes Plätzchen für einen Profi-Kicker.

Kein Glitzer, kein Glamour, keine große Bühne.

Aber vielleicht die beste Möglichkeit, um noch einmal neu durchzustarten.

Andreas Dober hat sich jedenfalls für den Umweg Hartberg entschieden, um seine noch junge Karriere nicht vorzeitig in den Sand zu setzen.

Genauso wie Cem Atan übrigens.

Der 26-Jährige war so wie Dober bis vor wenigen Jahren noch einer der österreichischen Hoffnungsträger und will nun ebenfalls in Hartberg zu alter Stärke zurückfinden.

Gestern Hoffnungsträger, heute Abstellgleis.

LAOLA1 zeigt eine kleine Auswahl an ehemaligen Teamkickern, die mittlerweile fast völlig von der Bildfläche verschwunden sind.

Andreas Dober:

Schon mit 18 hatte der Wiener das, wovon andere österreichische Kicker ihre ganze Karriere lang träumen: Einen Meistertitel mit Rapid, dazu der sensationelle Einzug in die Champions-League-Gruppenphase. 2005 gab es zum Drüberstreuen das Debüt in der Nationalmannschaft. Eine große Karriere schien vorgezeichnet, die rechte Verteidiger-Position im ÖFB-Team auf Jahre reserviert. Aber beim heute 25-Jährigen ging es nach seinem Aufstieg nur mehr bergab – negativer Höhepunkt: Diesen Sommer war er sogar vereinslos. Bis eben Hartberg anklopfte. Für den dreifachen Teamspieler womöglich schon die letzte Chance.

 

Cem Atan:

Atans Karriere verlief nicht ganz so verheißungsvoll wie jene von Dober, vielversprechend war sie aber allemal. Am Mattersburger Höhenflug 2006/07, als die Burgenländer sensationell Platz drei belegten, war der Flügelflitzer entscheidend beteiligt – sogar eine Teilnahme an der Heim-EURO 08 war mehr als nur ein Traum. Einige Eskapaden – Stichwort "Pinkelaffäre" – und ein glückloses Gastspiel in der Türkei (Genclerbirgili/nur ein Einsatz in sechs Monaten) später, versucht der 26-Jährige in Österreichs zweithöchster Spielklasse die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Mit Dober bekommt er jetzt immerhin einen Leidensgenossen dazu.

 

Ronald Gercaliu:

Hat noch irgendjemand die Startaufstellung des EM-Eröffnungsspiels Österreich-Kroatien im Kopf? Wir helfen auf die Sprünge: Macho, Stranzl, Pogatetz, Prödl, Standfest, Aufhauser, Ivanschitz, Säumel, Harnik, Linz und – ja, tatsächlich Ronald Gercaliu. Der damals 22-Jährige war unter Teamchef Josef Hickersberger ein fixer Bestandteil - genauso wie bei seinem Klub Austria Wien. Dreieinhalb Jahre später ist von Ruhm und Glanz wenig über. Der Linksfuß, seit 2010 beim FC Ingolstadt in der zweiten deutschen Liga unter Vertrag, wurde von Coach Benno Möhlmann in die zweite Mannschaft verbannt, weil er leistungstechnisch nicht mithalten konnte.  Gercalius Vertrag endet im Sommer 2012, wie es danach weiter geht, ist mehr als unklar. Empfehlen konnte er sich in den letzten zwei Spielzeiten nicht unbedingt.

 

Ramazan Özcan:

Weil Helge Payer tragischerweise im Mai 2008 einen Venenverschluss erlitt, war Özcan urplötzlich dritter Goalie bei der Heim-EURO. Der vermeintliche Startschuss für eine große Karriere. Zuvor führte „Rambo“ die TSG Hoffenheim mit seinen Paraden in die Bundesliga, spielte danach auch noch acht Mal im deutschen Oberhaus. „Er ist ein fantastischer Torhüter mit beeindruckenden Fähigkeiten. Für mich war er auf dem Weg zur Nummer eins unter Österreichs Goalies“, meint Özcans Ex-Coach Andi Heraf rückblickend. Doch leider kam es anders. Bei Hoffenheim stand er sehr bald am Abstellgleis, sein Abstecher zu Besiktas (0 Einsätze) fiel unter das Motto „Außer Spesen nichts gewesen“ und in Ingolstadt wurde er bislang auch nicht wirklich glücklich. Kleiner Hoffnungsschimmer: Vor zwei Wochen feierte der 27-Jährige sein Pflichtspieldebüt für Ingolstadt und damit sein Comeback auf Profi-Ebene nach zweieinhalb Jahren.

 

Klaus Salmutter:

Er galt als Ausnahmetalent, wechselte mit 16 zu Schalke, startete aber erst nach seinem Deutschland-Intermezzo richtig durch. Salmutter spielte 2003 eine überragende U19-EM und war danach auch bei Sturm Graz eine der dominierenden Persönlichkeiten. Aber so richtig halten konnte der als schwierig geltende Steirer sein Niveau nicht. Ab 2008 ging es fast nur mehr bergab: Beim LASK verlor er zeitweise die Lust auf Fußball (O-Ton Salmutter), und auch nach seiner Rückkehr zu Sturm (2010) wurde es nur marginal besser. Diesen Sommer beschloss der mittlerweile 27-Jährige, einen vorläufigen Schlussstrich unter seine einst hoffnungsvolle Karriere zu setzen. Salmutter nimmt sich vorerst einmal ein Jahr Auszeit vom Profi-Geschäft, könnte aber zum 31.5.2012 wieder zu Sturm zurückkehren. Ob das wirklich passiert, ist zum aktuellen Stand äußerst unwahrscheinlich.

 

Yüksel Sariyar:

Sariyar war immer das, was man gemeinhin als idealen Allrounder bezeichnet. Ein perfektes Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff, dazu noch torgefährlich. Bei Pasching (2004-2007) empfahl sich der Wiener mit türkischen Wurzeln nicht nur für höhere Klub-Aufgaben (Austria), sondern auch fürs Nationalteam. Immerhin 13 Mal trug er bis 2007 das ÖFB-Trikot. Sogar die Teilnahme an der Heim-EURO war zum Greifen nahe, erst beim vorletzten Cut fiel Sariyar aufgrund mangelnder Spielpraxis bei der Austria durch den Rost. Mit der Ausbootung begann auch der Abstieg des technisch versierten Kickers. Bei Wr. Neustadt musste er gehen, weil er zu teuer war, bei Dunajska Streda kam er kaum zum Einsatz. Jetzt, mit 32, schnürt er bei Mannersdorf in der 1. Klasse des niederösterreichischen Fußballverbandes seine Schuhe. Vom Fast-EM-Teilnehmer zum Amateurkicker – ein fast unvergleichlicher Abstieg.

 

Sanel Kuljic:

Erst vor wenigen Tagen feierte Kuljic seinen 34. Geburtstag (10.10.). Aus sportlicher Sicht gibt es derzeit aber eher weniger zu feiern. Die einstige „Strafraumkobra“ versprüht in des Gegners Strafraum keine Gefahr mehr und zwar in erster Linie deshalb, weil sich im Sommer kein Klub finden ließ, der Kuljic aufnahm. Nach fünf Wanderjahren, die ihn zu Sion, zur Austria, zu Wiener Neustadt, Neuchatel und Larisa brachten, ist er nun vereinslos. Vor drei Jahren sah die Welt des Stürmers noch ganz anders aus: Als Stammkraft und bester Austria-Schütze war er am Weg zum EM-Teilnehmer. Daraus wurde letztlich knapp nichts, weil sich Teamchef Hickersberger doch für Jürgen Patocka und damit gegen einen weiteren Stürmer, sprich Kuljic, entschied. Sein 20. Länderspiel im November 2007 gegen Tunesien (0:0) wird ziemlich sicher sein letztes bleiben. Möglicherweise wird der einstige Goalgetter überhaupt nicht mehr am Rasen zu sehen sein.

Kurt Vierthaler