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Stefan Kraft: 'Man sollte uns nicht abschreiben'

Stefan Kraft geht hart mit sich ins Gericht und spricht über Schummel-Gerüchte:

Stefan Kraft: 'Man sollte uns nicht abschreiben'

Vor einem Jahr war Stefan Kraft der gefeierte Held.

Der Salzburger gewann die Vierschanzen-Tournee und setzte Österreichs unglaubliche Erfolgsstory fort, in dem er für den siebenten Sieg in Folge sorgte.

Der strahlende Held von einst hat sein Lächeln zum Glück beibehalten, doch die eine oder andere Sorgenfalte ist bei dem 22-Jährigen nicht zu übersehen.

Es läuft beim Titelverteidiger nicht nach Wunsch, am Innsbrucker Bergisel musste er sich endgültig von einem Stockerlplatz in der Gesamtwertung verabschieden.

Im Interview mit LAOLA1 spricht Kraft über seine Probleme und verrät, warum es derzeit bei ihm nicht nach Wunsch läuft. Außerdem nimmt er Stellung zum Formtief mancher Teamkollegen sowie zu sich mehrenden Gerüchten, dass die eine oder andere Nation beim Material ein bisschen tricksen könnte. 

LAOLA1: Stefan, letztes Jahr lief es als Titelverteidiger wie am Schnürchen. Dieses Mal ist ein bisschen der Wurm drin. Wie bilanzierst du das Springen in Innsbruck?

Stefan Kraft: Ich bin natürlich auf keinen Fall zufrieden. Der erste Durchgang war leider nichts, das war wahrscheinlich zu verkrampft, ich habe es zu sehr gewollt. Der zweite war ganz okay, damit habe ich zehn Plätze aufgeholt. Ich war damit ganz gut dabei …

LAOLA1: … aber?

Kraft: Er fühlte sich auch noch nicht ganz so gut an. Es steckt immer im Hinterkopf, dass es derzeit nicht ganz so leicht von der Hand geht. Dadurch wird es schwierig, bei der Vierschanzen-Tournee um den Sieg mitzuhupfen.

Krafti und ich in einem etwas anderen Doppelinterview ... ;) #michlundkraftl #specialinterview #kraftl #is #a #good #interviewer

Posted by Michael Hayböck on Sonntag, 3. Januar 2016

LAOLA1: Was gibt Anlass zur Hoffnung?

Kraft: Ich springe nicht besonders gut und bin trotzdem mit von der Partie, das beruhigt mich. Trotzdem ist es nicht zufriedenstellend.

LAOLA1: Ein Podestplatz scheint nur eine Frage der Zeit, doch an welchen Kleinigkeiten liegt es, dass er noch auf sich warten lässt?

Kraft: Mir muss einfach mal der Knopf aufgehen. Es hat sich bei mir im Hinterkopf festgesetzt, dass ich meistens so zwischen Platz vier und zehn bin. Es muss mir aufgehen, dass ich aufs Stockerl komme. Ich merke auch beim Sprung, dass es noch nicht ganz passt. Ich hupfe vorne raus, kann aber nicht gleich marschieren. Beim Training bin ich oft ganz vorne dabei, sodass ich weiß, dass nicht viel fehlt. Vielleicht bin ich ja auch schon im Skiflugmodus.

LAOLA1: Fehlt dir die nötige Lockerheit?

Kraft: Ich denke schon, ja. Wenn man sieht, dass es im Training funktioniert und im Wettkampf bekomme ich es nicht ganz hin, dann ist da was dran. Wir müssen schauen, dass ich wieder cooler und lockerer werde. Ich darf vielleicht auch nicht so hart zu mir selbst sein, dann wird es auch wieder besser.

Die Kontrollen sind sicher gut, die Fotos sind aber schon verdächtig.

Stefan Kraft

LAOLA1: Könnte der Druck aufgrund des immer noch fehlenden ersten Saisonsieges ein Faktor sein?

Kraft: Das glaube ich nicht. Ich habe im ersten Durchgang runtergeschaut, das war richtig cool. Elias (Tollinger) ist vor mir gesprungen, da siehst du einen Österreicher und kannst die Atmosphäre doppelt genießen. Uns taugt es hier richtig gut. Michi hatte etwa keine guten Verhältnisse, dann landest du gleich irgendwo. Das ist beinhart und extrem bitter.

LAOLA1: Wie schwierig ist es, während einer Tournee an dem einen oder anderen Fehler zu arbeiten?

Kraft: Das ist sehr schwierig, dass man ausgerechnet hier die Lockerheit findest. Jetzt im Nachhinein ist es schwer zu sagen, woran es genau liegt. Genauso schwierig ist es, während der Tournee eine Bombe zu zünden.

LAOLA1: Bischofshofen als deine Heimschanze könnte helfen?

Kraft: Das ist meine Lieblingsschanze. Wenn ich nicht zu hart zu mir selbst bin, geht’s hoffentlich besser. Vielleicht habe ich zuletzt ein bisschen zu viel an allem gearbeitet. Ich hatte immer einen guten Plan vor der Schanze, es war immer mit mir zu rechnen, aber ich habe es nicht rübergebracht. Man arbeitet daran, darf es aber nicht übertreiben, sonst gehen Coolness und Lockerheit verloren.

LAOLA1: Das ÖSV-Team hat jahrelang dominiert, aktuell läuft es nicht nach Wunsch. Muss man die Stärke der Konkurrenz einfach einmal anerkennen?

Wir werden einen Plan schmieden, man sollte uns nicht abschreiben.

Stefan Kraft

Kraft: Auf jeden Fall. Die Konkurrenz arbeitet hart, jeder kämpft mit gleichen Waffen. Wir hatten viele Abgänge, das war nicht einfach für uns. Wenn Michi und mir jemand vor drei, vier Jahren gesagt hätte, dass wir jetzt die besten Skispringer Österreichs sind, hätten wir es nicht geglaubt. Es hängt aktuell an uns, was nicht ganz einfach ist. Die Saison ist aber noch lang und wir werden sicher noch unsere Gaudi haben.

LAOLA1: Apropos „mit gleichen Waffen kämpfen“: Es gibt immer wieder Gerüchte und auch Bilder von Anzügen, die stutzig machen, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Wie nimmst du die Situation wahr?

Kraft: Man sieht schon immer wieder Fotos, die ein bisschen wild ausschauen. Man wird oben und unten kontrolliert … vielleicht machen es manche schlau, aber das ist schwer zu sagen. Die Kontrollen sind sicher gut, die Fotos sind aber schon verdächtig.

LAOLA1: Wie nimmst du mit Michael Hayböck die Rolle des Leaders an, wenn Leute wie Gregor Schlierenzauer im Formtief stecken? Versucht ihr die anderen mitzuziehen?

Kraft: Wir reden offen darüber und haben gute Teambesprechungen, in denen jeder zu Wort kommt. Nach der Tournee wird es bestimmt wieder eine geben, dann wird diskutiert, was gut funktioniert und was nicht. Zur Zeit ist es aber schwierig, denn bei Gregor läuft es nicht und er hatte immer viel beizutragen. Er hadert mit sich, es geht ihm nicht leicht von der Hand. Es ist schwierig, da wieder rauszukommen, aber für die Skiflug-WM brauchen wir ihn unbedingt. Wir können ihm vielleicht ein paar Tipps geben, damit wir ein geiles Team haben.

LAOLA1: Machst du dir in puncto WM-Teambewerb Sorgen?

Kraft: Skifliegen am Kulm ist wieder etwas ganz anderes. Wir haben ein paar wie Poppi, der richtig gut Fliegen kann. Fetti hat es letztes Jahr auch bewiesen. Im letzten Skifliegen der letzten Saison war auch nicht mit uns zu rechnen und wir sind Zweiter geworden. Es geht derzeit schwierig, drei andere Nationen sind sehr, sehr gut drauf und schwer zu biegen. Wir werden aber einen Plan schmieden, man sollte uns nicht abschreiben.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christoph Nister

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