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Die Erkenntnisse des Weltcup-Auftakts

Kasai gibt weiter Gas. Keine Sorgen um den ÖSV. Erkenntnisse aus Klingenthal:

Die Erkenntnisse des Weltcup-Auftakts

Zwei Bewerbe, ein Podestplatz.

Die Ausbeute der österreichischen Skispringer beim Weltcup-Auftakt in Klingenthal ist passabel, lässt aber zugleich Luft nach oben.

Im Teambewerb gab es für die rot-weiß-roten Adler hinter Gastgeber Deutschland und Slowenien Rang drei, im Einzel landete Stefan Kraft als einziger Österreicher in den Top-10.

Warum es dennoch keinen Grund zur Sorge gibt, wer alle überrascht hat und was sonst noch auffällig war, erfährst du in den Erkenntnissen des Wochenendes:

#1 Gut Ding braucht Weile

Wer erinnert sich noch an den Saison-Auftakt 2014/15? Kleine Hilfestellung: Österreich erwischte einen kapitalen Fehlstart und kassierte mit Rang acht im Teambewerb eine historische Niederlage. Noch nie war man so weit hinten klassiert. Dank Stefan Kraft, der im Einzel Zweiter wurde, feierte man – wie auch 2015/16 – einen Podestplatz.

Insofern sollten sich alle Panikmacher angesichts des bestenfalls durchschnittlichen Einzel-Resultats nicht grämen. Klingenthal ist nicht unbedingt die Lieblingsschanze unserer Adler. Wie die meisten Nationen, Ausnahmen bilden die Finnen und Noriaki Kasai, hatten Kraft und Co. zudem noch keine Schneesprünge in den Beinen.

Heinz Kuttin macht das einzig Richtige und strahlt die nötige Ruhe aus. Vor einem Jahr war die Ausgangslage ähnlich, ehe am Ende des Winters drei WM-Medaillen und ein Doppelsieg bei der Vierschanzen-Tournee eine höchst ansprechende Ausbeute bedeuteten. Zugleich gibt er aber zu bedenken: "Man hat gesehen, wenn du nicht frei bist und nicht richtig Gas gibst, hast du bei den schwierigen Verhältnissen null Chance." In Kuusamo erwartet er sich einen Schritt nach vorne.

#2 David besiegt Goliath

Um Daniel Andre Tande als Gewinner des ersten Einzelbewerbs vorauszusagen, hätte es wohl hellseherischer Fähigkeiten bedurft. Selbst in Expertenkreisen stand er nicht auf der Favoritenliste, umso erfrischender ist es, mit dem 21-Jährigen ein neues Siegergesicht im Skisprung-Weltcup begrüßen zu dürfen.

„Ich habe mich großartig gefühlt“, strahlte der Norweger nach seiner Heldentat. „Ich wollte einfach meine guten Leistungen aus dem Continental Cup und den Staatsmeisterschaften wiederholen.“ Apropos Conti-Cup: Dort gewann Tande zuletzt Anfang Oktober einen Bewerb. Natürlich in Klingenthal.

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#3 Oldie but Goldie

Während der Skisprung-Zirkus über einen 21-Jährigen staunt, hält sich die Überraschung angesichts der Leistungen eines 43-Jährigen spürbar in Grenzen. Ja, er springt noch immer, und ja, er ist auch knapp 27 Jahre nach seinem Weltcup-Debüt noch wettbewerbsfähig. Die Rede ist natürlich von Noriaki Kasai.

Der Japaner, der unlängst ankündigte, das Jahr 2026 als Karriereende ins Visier zu nehmen, führte sein Heimatland im Teambewerb zu Rang vier. Im Einzel bewies er einmal mehr seinen Wettkampfinstinkt und schrammte als Fünfter nur knapp am Stockerl vorbei. Lediglich 2,3 Punkten fehlten dem immer strahlenden Kasai am Ende. Und jetzt geht's bekanntlich nach Finnland, wo er vor einem Jahr den letzten seiner bisher 17 Weltcupsiege feierte.

#4 Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg

Wer unter der Woche einen Blick in die Vogtland Arena riskierte, hatte berechtigte Zweifel, ob der Auftakt-Event über die Bühne gehen würde. 60 Helfer, darunter zehn aus dem Weltcup-Ort Willingen, ackerten und rackerten am Samstag bereits ab vier Uhr morgens. Auch Renndirektor Walter Hofer ließ sich nicht lumpen und packte fleißig mit an. Wenige Stunden später stand fest: Der Teambewerb kann durchgeführt werden.

Die Veranstalter in Klingenthal haben das Unmögliche möglich gemacht und bewiesen, dass es mit entsprechendem Einsatz und ein bisschen Wetter-Glück (in der Nacht auf Samstag erreichten die Temperaturen endlich den Gefrierpunkt) möglich ist, auch vor Wintereinbruch ein Winter-Event auf die Beine zu stellen. „Das ist ein Sieg für die Organisatoren, sie haben einen grandiosen Job gemacht“, streute Richard Freitag den Verantwortlichen nach dem Teambewerb Rosen.

#5 Doppelt hält besser

Als wäre Peter nicht schon Herausforderung genug, schickt die Familie Prevc mit Domen ab sofort ein weiteres Top-Kaliber ins Weltcup-Rennen. Der erst 16-jährige Bruder des zweifachen Olympia-Medaillengewinners von Sochi 2014 erstaunte die Fachwelt bereits im Training für die beiden Bewerbe in Sachsen und glänzte mit Spitzenweiten. Lampenfieber scheint dem kleinen Prevc wohl auch fremd zu sein, denn in beiden Wettkämpfen zeigte er keinerlei Respekt vor der großen Aufgabe.

Als Einzel-Achter war er – natürlich hinter dem großen Bruder – zweitbester Slowene und ließ etwa Planica-Sieger Jurij Tepes (Platz zehn) hinter sich. Die Teamführung denkt darüber nach, Domen in Kuusamo pausieren zu lassen, um ihn nicht in jungen Jahren zu verheizen. Unabhängig davon kann man wohl schon jetzt sagen, dass er die internationale Konkurrenz in Zukunft noch des Öfteren ärgern wird.

#6 Manche lernen's nie

Die Materialkontrollen der FIS sind dieses Jahr strenger, die Springer werden bereits vor dem Sprung vermessen und dürfen anschließend nicht mehr an ihren Anzügen rumzupfen. Kein Wunder, dass es da prominente Opfer gab. Etwa Anders Fannemel, der für die Disqualifikation der Norweger im Teambewerb sorgte und seiner Mannschaft damit in puncto Nationencup einen Bärendienst erwies.

Auch der Russe Evgeniy Klimov wurde im Teambewerb erwischt, Russland verpasste dadurch die Finalteilnahme. Am Sonntag im Einzelbewerb reihten sich Harri Olli und Robert Kranjec in diese Liste ein. Und dann war da noch ein ganz spezieller Fall: Vladimir Zografski. Der Bulgare wird ja seit dieser Saison von Alexander Pointner beraten. Dabei kommt wohl einiges an Arbeit auf den Tiroler zu, denn für seinen Schützling war es bereits die elfte Disqualifikation seiner Karriere. Das riecht nach einem unrühmlichen Weltrekord.


Christoph Nister

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