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Brem: "Ich bin nur schwer zu schlagen"

Eva-Maria Brem über ihre Taktik im Kugel-Kampf, Leader-Rolle und Urlaubspläne:

Brem:

Das Beste kommt zum Schluss.

Dieser Spruch könnte sich für Eva-Maria Brem am Sonntag in St. Moritz bewahrheiten. Für die Tirolerin kann das allerletzte Saison-Rennen das wichtigste des gesamten Winters, vielleicht sogar ihrer bisherigen Karriere, werden.

Die 27-Jährige liegt vor dem alles entscheidenden Rennen im Kampf um die Riesentorlauf-Kugel 52 Punkte vor der Deutschen Viktoria Rebensburg. „Das wäre das Größte, das ich bis jetzt geschafft habe“, sagt Brem am Ende einer Saison, in der nicht alles nach Wunsch gelaufen ist.

"Vielleicht habe ich mir nach dem vergangenen Jahr auch gedacht, dass heuer alles ein bisschen leichter geht", gibt die Technik-Spezialistin, die vor nicht allzu langer Zeit fast ihre Karriere beendet hätte, zu.

Warum sie aus dieser schweren Zeit gestärkt hervorging, weshalb sie keine Leaderin ist und mit welcher Taktik sie das Weltcupfinale in Angriff nimmt, verrät die Tirolerin im LAOLA1-Interivew:

LAOLA1: Wie sieht es nach so einer langen Saison mit deinen Kraftreserven für das Weltcupfinale aus?

Eva-Maria Brem: Mir geht es gut, ich bin wesentlich fitter als noch im Jänner. Die Pause zwischen den Rennen in Maribor und Jasna hat mir gut getan. In den paar Tagen, in denen sich nicht alles ums Skifahren gedreht hat, konnte ich gut auftanken, sowohl körperlich als auch vom Kopf her. Ich bin mental frischer.

"Die ganzen Jahre, in denen ich eine in die Fresse bekommen habe, bringen mir in der jetzigen Situation unheimlich viel."

LAOLA1: Vor nicht allzu langer Zeit stand dein Karriereende im Raum. Hat dich die Nicht-Berücksichtigung für die Heim-WM in Schladming und Olympia 2014 auch ein wenig demütig gemacht, was Erfolge betrifft?

Brem: Ich denke schon. Die ganzen Jahre, in denen ich eine in die Fresse bekommen habe, bringen mir in der jetzigen Situation unheimlich viel. Alle negativen Erfahrungen, die ich bisher in meiner Karriere machen musste, sind zu etwas Positivem für mich geworden. Ich bin dadurch einfach extrem gefestigt, auch wenn ein Rennen einmal nicht so verläuft, wie man sich das vorstellt. Nach Wochenenden wie in Sölden (Platz acht, Anm.), wo dich jeder fragt, was los ist, nicht die Nerven zu verlieren, ist schon schwierig. Aber ich mache mich jetzt nicht fertig, nur weil ich auf einmal vor so einer Riesenchance stehe. Ich denke, es gibt für alles im Leben eine Zeit.

LAOLA1: Egal, ob du die Kugel nun gewinnst, oder nicht: Wie sieht deine Saisonbilanz aus?

Brem: Es ist absolut eine gute Saison, ich bin mit mir selbst zufrieden. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass es während der Saison irgendwann einmal voll gelaufen ist. Ich musste mir jedes Rennen und jedes Ergebnis erkämpfen. Vielleicht habe ich mir nach dem vergangenen Jahr auch gedacht, dass heuer alles ein bisschen leichter geht – ist es aber nicht. Mir ist es trotzdem lieber, es geht ein bisschen schwieriger, als gar nicht. Vor dem ersten Rennen in Sölden dachte ich mir: „Ich kann heute nicht fahren. Ich bin nicht fit und ich bin nicht bereit“. Aber jeder wollte, dass ich gewinne. Nach dem Rennen haben viele gemeint, dass war es jetzt bei mir, ich werde in dieser Saison nicht gewinnen. Ich für mich habe gewusst, dass der achte Platz unglaublich war. Aber für alle, nicht nicht gewusst haben, wie es mir gegangen ist, war es ein scheiß Ergebnis. Es war ein sehr schwieriger Start in die Saison, in der ich jedoch viele Erfahrungen sammeln konnte.

LAOLA1: Muss man am Ende so eines Winters fast froh sein, dass man gesund ist und die Saison überhaupt zu Ende fahren konnte?

Brem: Es ist zach, was in dieser Saison alles passiert ist, ein Wahnsinn. Aber wenn du als Athlet selbst gesund bist, denkst du eigentlich nicht viel darüber nach. Für die Leute klingt das vielleicht egoistisch, aber als Sportler muss man so denken, sonst kann man selbst nicht mehr Skifahren. Ich war auch schon einmal schwer verletzt, weiß wie der Sport sein kann und übe ihn trotzdem aus. Ein Wochenende wie in Kitzbühel lässt einen nicht kalt, aber es muss dennoch weitergehen.

LAOLA1: Nach der Verletzung von Anna Fenninger ist der Druck auf die anderen Läuferinnen, vor allem auf dich, immer größer geworden. Wie bist du damit umgegangen?

Brem: Für uns als Mannschaft war es extrem schwierig, vor allem weil wir dabei waren, als der Sturz passiert ist. Letzte Saison hätte ich wahrscheinlich weniger Probleme damit gehabt, als dieses Jahr. Es war vor allem am Anfang nicht fein. Wir hatten Pech in der Vorbereitung, zusätzlich die Situation mit Anna und dann bin ich vor Sölden auch noch krank geworden. Das war der absolute "worst case" für einen Saisonstart. Deshalb ist diese Saison für mich umso wertvoller.

"Ich bin kein Mensch, der immer im Mittelpunkt stehen muss und anderen sagt, was richtig und falsch ist. Das bin ich einfach nicht."

LAOLA1: Bist du eine Leaderin? Fühlst du dich in dieser Rolle wohl?

Brem: Ob ich eine Leaderin bin, können meine Teamkolleginnen wahrscheinlich besser beurteilen. Für mich gibt es diese Rolle abseits der Piste sowieso nicht und auf der Piste will ich einfach meine Leistung bringen. Ich habe kein Problem damit, wenn neben mir noch jemand stark ist und Aufmerksamkeit bekommt. Ich bin kein Mensch, der immer im Mittelpunkt stehen muss und anderen sagt, was richtig und falsch ist. Das bin ich einfach nicht. Ich beobachte lieber in Ruhe, verfolge die Entwicklungen meiner Teamkolleginnen.

LAOLA1: Wie beurteilst du die Leistung der Jungen in diesem Winter?

Brem: Teilweise finde ich es genial, was sie zeigen. Es sind aber auch ein paar Mädls dabei, die ich im Training schon so viel besser gesehen habe, als dann im Rennen. Andere wiederum haben einfach das Rennfahrer-Gen und legen voll los. Da denke ich mir manchmal: „Wo haben sie das jetzt her?“ Das sind alles total liebe und talentierte Mädls, man muss ihnen einfach Zeit geben. Dass sie aufs Podium fahren, hat man nicht erwarten können. Das heißt aber nicht, dass ich es ihnen nicht zutraue. Für mich sind alle total auf Schiene, sie müssen nur weitermachen. Als ich in ihrer Situation war, waren vor mir noch Läuferinnen wie Zettel oder Hosp, da hat sich niemand für mich interessiert. Durch die Rücktritte und die Verletzung von Anna wird jetzt viel mehr auf die Jungen geschaut, das ist sicher nicht einfach. Ich mache mir aber keine Sorgen, dass es in fünf Jahren keine neuen Siegerinnen im ÖSV-Team gibt.

LAOLA1: Wie geht es für dich nach dem Weltcupfinale weiter? Wie schaltest du nach einer Saison ab?

Brem: Ich weiß es ehrlich gesagt nicht genau. Ich weiß nur, dass ich einmal richtig Urlaub machen werde, aber noch nicht wann und wo, nur mit wem. (lacht) Letztes Jahr habe ich im Sommer meine Zoll-Ausbildung fertig gemacht und hatte dadurch keinen richtigen Sommer. Daher war klar, dass es dieses Jahr einen Urlaub gibt. Ich bin jemand, der nach dem Winter auf Abstand zum Skifahren geht, man sieht die Dinge dadurch einfach anders. Ich kann mir auch im Nachhinein Fehler eingestehen und versuche aus diesen für die nächste Saison zu lernen. Im Urlaub werde ich mir sicher auch einmal denken: „Oje, was hast du da eigentlich gemacht!“ (lacht)

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Daniela Kulovits

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