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Warum Manuel Feller einen Shitstorm erwartete

Manuel Feller im Interview über Ausfälle, Ratlosigkeit, grünen Bart und mehr:

Warum Manuel Feller einen Shitstorm erwartete

Manuel Feller machte sich nach seinem Ausfall im Hahnenkamm-Slalom auf Negativ-Schlagzeilen gefasst.

Er dachte, sein grün gefärbter Schnurrbart könnte ihm zum Verhängnis werden. "Ich wusste schon, dass ich der König sein kann, wenn es aufgeht – und der Volltrottel wenn es in die Hose geht. Ich bin ja auch nicht dumm", sagt der 24-Jährige.

"Ich war ehrlich gesagt sogar verwundert, dass die Medien es nach meinem Ausfall so positiv aufgefasst haben. Ich hätte mit einem größeren Shitstorm gerechnet."

Ob er sich den Bart erneut färben wird, warum er bei einer WM-Nominierung ein schlechtes Gewissen haben könnte, wieso Marcel Hirscher der britische Kitz-Sensationsmann David Ryding angezipft hat und vieles mehr verrät Manuel Feller im Interview.

Frage: Hast du die Enttäuschung von Kitzbühel schon halbwegs verdaut?

Manuel Feller: Die Enttäuschung war schon sehr groß, aber es nutzt nichts - man muss ohnehin nach vorne blicken. Lustig ist es momentan nicht, vor allem wenn man so gut drauf ist und weiß, dass man eigentlich schnell genug ist um ganz vorne mitzufahren. Es schleicht sich schon auch Ratlosigkeit ein, weil ich im Training so gut wie nie einfädle. Auf der anderen Seite war es vielleicht noch nie so einfach wie jetzt. Die Wettquote, dass ich ins Ziel komme ist sicher höher als die auf einen Einfädler. Deswegen muss ich einfach befreit fahren, schlimmer als noch einmal einzufädeln kann es nicht sein.

Frage: Ist Ratlosigkeit nicht eines der unangenehmsten Gefühle für einen Sportler?

Feller: Absolut. Wenn ich immer am Innenski ausrutschen würde, könnte ich mich etwas umstellen. Bei einem Einfädler ist es anders, der kann immer passieren. Da kommt es auf Zentimeter an.

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Frage: Könnte es sich dabei um ein Abstimmungsproblem handeln?

Feller: Es spielt vieles zusammen. Aber auf ein Rennen bei der Abstimmung etwas zu ändern, ist auch nicht gut. Ich habe auch mich Mike Pircher (Trainer von Marcel Hirscher/Anm.) gesprochen, weil Marcel früher in einer ähnlichen Situation war. Er hat gemeint, sie sind von der Aggressivität zurückgegangen. Darunter leidet aber wiederum der Speed. Und ich will nicht auf Platz 20 landen. Im Training funktioniert es auch, warum sollte ich dann etwas ändern? Ich bin so schnell und will es so ins Ziel bringen, nicht zurückschrauben.

Frage: Woran liegt es dann, dass es im Training funktioniert und im Rennen nicht?

Feller: Man versucht im Training annähernd gleiche Bedingungen zu schaffen wie im Wettkampf. Im Rennen ist es aber einfach anders, weil 100 oder 200 Leute durch den Lauf rutschen. Die Piste verändert sich ganz einfach. In Kitzbühel habe ich in zwei Trainingstagen ein einziges Mal eingefädelt – ganz unten. Ansonsten waren es unglaublich schnelle Zeiten. Hättiwari bringt mir aber auch nichts. Zum Beispiel: Wolfgang Hörl konntest du im Training oft nicht biegen, im Rennen hat er es aber einfach nicht hinunter gebracht. Deswegen darf ich keine Ausreden suchen. Jeder will, dass ich schnell ins Ziel komme – ich selbst am allermeisten. Ich tue wirklich viel dafür, dass es besser wird.

Frage: Lange Zeit um nachzudenken bleibt ohnehin nicht, am Dienstag steht bereits das Nightrace in Schladming auf dem Programm. Wie fühlst du dich hier generell?

Feller: Hier hat es bis jetzt auch noch nicht wirklich geklappt, letztes Jahr bin ich nach einem schlechten ersten Lauf ausgeschieden. Zuhause ist es nicht einfach, von fünf oder sechs Heim-Slaloms ist erst einer aufgegangen – 2014 in Kitzbühel. Sonst ist es immer in die Hose gegangen. Das tut sehr weh, weil man vor allem vor so einem Publikum gute Leistungen bringen will. Dennoch ist der Druck jetzt weniger geworden. Es geht zwar um die WM, ich stehe aber mit dem Rücken zur Wand. Ein 20. Platz bringt mich auch nicht weiter, ich muss voll andrücken.

Frage: Wo würdest du dich von der Form her derzeit sehen?

Feller: Wenn ich so fahre wie ich kann, könnte ich locker unter den Top 5 landen. Das ist das kleinste Problem, der Speed passt. Die Frage ist mittlerweile einfach, ob ich hinunterkomme. Ich habe am Start nie an einen Ausfall gedacht, auch in Kitzbühel war der Start gut. Dann ist es wieder passiert. Mehr als an mir arbeiten kann ich nicht. Vielleicht muss ich ein bisschen vom Skifahren wegkommen. Wenn man Tag und Nacht nur mehr daran denkt, verliert man den Kopf. Ich freue mich auf Schladming und will ein gutes Ergebnis abliefern.

Frage: Du selbst hast gesagt, du brauchst ein gutes Ergebnis in Schladming. Denkst du nicht, dass die Trainer trotzdem wissen, wie schnell du grundsätzlich sein kannst?

Feller: Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn ich in Schladming ausfalle und mich der Trainer trotzdem für die WM nominiert obwohl ein anderer ein gutes Ergebnis ins Ziel bringt, hätte ich ein schlechtes Gewissen. Das würde ich umgekehrt auch nicht wollen. Der mit den besten Ergebnissen soll fahren, nicht der, der im Training schnell ist. Trainings-Weltmeister gab es schon viele, bei der WM musst du ins Ziel kommen. Sicher ist es mein Traum, bei der WM dabei zu sein. Es ist ja so: Meine Chancen, dass ich dabei bin, sind im Riesentorlauf größer als im Slalom. Meine Chancen auf eine Medaille sind im Slalom aber sicher größer. Da sehe ich großes Potenzial, mit Edelmetall nach Hause zu kommen. So gesehen wäre es schade, wenn ich nicht dabei wäre. Wenn ich es nicht schaffe, habe ich es mir aber selbst zuzuschreiben.

"Wenn ich in Schladming ausfalle und mich der Trainer trotzdem für die WM nominiert obwohl ein anderer ein gutes Ergebnis ins Ziel bringt, hätte ich ein schlechtes Gewissen. Das würde ich umgekehrt auch nicht wollen. Der mit den besten Ergebnissen soll fahren, nicht der, der im Training schnell ist."

Frage: Du hast zuvor Marcel Hirscher indirekt angesprochen. Was sagt du eigentlich zu seinem Höllenritt in Kitzbühel?

Feller: Marcels Leistung war unglaublich. Ich habe mir den zweiten Durchgang im Fernsehen angeschaut und mir gedacht: 'Bist du wahnsinnig?! Wie kannst du hier nur so fahren?' - er ist in dieser Hinsicht wirklich einer der Größten. Er hat ja selbst gesagt, er konnte nicht wirklich anders. Sein Ziel ist die große Kugel – mit Kristoffersens Ausfall hat ihm nicht viel passieren können. Dass ein Brite vor ihm war, hat ihn sicher auch geärgert. Mir persönlich hat es voll getaugt. Ich habe zu Dave gesagt, er soll das hinunterbringen. Irgendwann haben wir vielleicht ein Rennen in Großbritannien, wenn er durchstartet (lacht). Er ist außerdem ein cooler Typ, für den Skisport ist es grandios wenn ein Brite in Kitzbühel auf dem Podest steht. Marcel hat es aber sicher ein wenig angezipft, das hat ihn noch mehr motiviert.

Frage: Für Aufsehen hast in Kitzbühel auch du gesorgt, mit deinem grünen Bart. Mittlerweile ist er ab, ist jetzt Schluss mit lustig?

Feller: Ich wusste schon, dass ich der König sein kann wenn es aufgeht – und der Volltrottel wenn es in die Hose geht. Ich bin ja auch nicht dumm. Ich war ehrlich gesagt sogar verwundert, dass die Medien es nach meinem Ausfall so positiv aufgefasst haben. Ich hätte mit einem größeren Shitstorm gerechnet. Aber ich habe es ja nicht gemacht, um Aufmerksamkeit zu erregen. In Kitzbühel herrscht genug Aufmerksamkeit, da hättest du fast lieber weniger. Der einzige Grund waren meine Freunde, ein Zeichen der Gemeinsamkeit. Letztes Jahr entstand im Freundeskreis ein Hype, sie haben sich ein Jahr lang den Kopf zerbrochen, was wir tun könnten. Davor haben sie sich gar nicht für Skifahren interessiert und sind nur wegen mir dabei. Das war der einzige Grund. Man muss aber wissen, wann Schluss ist. Nächstes Jahr stehe ich definitiv nicht mehr mit gefärbtem Bart oben, das mache ich auch sonst nirgends. Vielleicht wieder zum Karriereende. (lacht). Grundsätzlich kann man es nicht jedem recht machen. So lange es Leute gibt, die hinter mir stehen, ist es mir egal was manche andere denken.

Mit dem Motorrad über die Streif:

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