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Hirscher: "Ich muss raus aus der Komfortzone“

Marcel Hirscher wird von Kollegen in Schranken gewiesen und will nicht "Retter der Nation" sein:

Hirscher:

In genau einem Monat, am 23. Oktober, beginnt mit dem Riesentorlauf in Sölden die neue Ski-Saison.

Der große Gejagte wird einmal mehr Marcel Hirscher sein. Der fünffache Gesamtweltcup-Sieger versucht bereits im Vorfeld des WM-Winters, den Druck von seinen Schultern zu nehmen.

„Ich lege den Fokus weder auf den Gesamtweltcup oder kleine Kugeln, noch auf WM-Medaillen. Meine Prioritätenliste an Erfolgen ist erfüllt“, sagt der Salzburger und stellt klar, dass sein Erfolgslauf nicht ewig dauern wird.

„Es wird unweigerlich irgendwann der Fall sein, dass ich mein Pensum und meine Leistung nicht mehr bringen kann. Die vergangenen fünf Jahre waren eine wahnsinnig erfolgreiche und schöne Zeit, aber wie lange ich das noch durchhalte, wird sich herausstellen. Die Jungen drücken aufs Gaspedal, dass ich mir teilweise denke: Die sind ja komplett irre. Früher haben sie das über mich gesagt, aber das ist eben der Lauf der Zeit.“

Obwohl die letzten Jahre „ordentlich am Akku gezehrt“ haben, ist die Motivation bei Hirscher nach wie vor ungebrochen. „Ich fühle mich gut. Mein grundsätzlicher Antrieb und Motivator ist sicherlich das Skifahren selbst, die Freude am Fahren ist schon sehr groß.“

Etwas getrübt wurde die Freude beim 27-Jährigen, der sich auf Österreichs Gletschern auf die neue Saison vorbereitet, beim ersten Kräftemessen mit seinen Teamkollegen.

"Das war eine harte Landung für mich, da hab ich ganz schön aus der Wäsch‘ geschaut“

Hirscher über seine Teamkollegen

„Ich war in der Vorbereitung bis jetzt zu 90 Prozent alleine unterwegs, das hat sich sehr gut angefühlt, es war gewaltig – bis gestern. Da sind meine Teamkollegen gekommen und haben mich ordentlich in die Schranken gewiesen“, erzählt Hirscher, der vor allem von zwei seiner ÖSV-Mitstreiter im Training gefordert wurde.

„Manuel Feller ist brutal stark unterwegs und Philipp Schörghofer ist es auch ordentlich angegangen. Das war eine harte Landung für mich, da hab ich ganz schön aus der Wäsch‘ geschaut“, gibt der Superstar im österreichischen Team zu. Grund zur Sorge gibt es dennoch nicht.

Raus aus der Komfortzone

„Grundsätzlich läuft alles nach Plan, aber es wartet noch einiges an Arbeit auf mich. Technisch bin ich sehr zufrieden, bei der Geschwindigkeit muss ich allerdings zulegen, sprich: die Zeiten müssen besser werden. Ich muss raus aus der Komfortzone und in den Rennmodus zurückfinden. Auch wenn es weh tut und nicht lustig ist, aber das ist am Anfang einer Saison immer so.“

Der Annaberger befindet sich in der finalen Phase der Vorbereitung, Materialtests und unzählige Trainingsläufe sind derzeit das täglich‘ Brot. Trotz der Schufterei hat der Olympia-Silbermedaillengewinner von 2014 für den kommenden WM-Winter keine speziellen Erwartungen.

„Die hatte ich noch nie, weil einfach so viele Faktoren eine Rolle spielen. Natürlich will ich dort weitermachen, wo ich aufgehört habe, das ist sicherlich der Anspruch. Ob ich dem gerecht werden kann, wird sich erst herausstellen“, sagt Hirscher, dessen primäres Ziel es ist, gut in die neue Saison zu starten. „Danach wird man sehen, was erreichbare Ziele sind. Diese muss man dann step by step ordnen."

VIDEO! Marcel Hirscher äußert sich zu Olympia in Rio und definiert seine Rolle im Sport:

(Text wird unter dem Video forgesetzt)


"Das ist die falsche Rolle, die mir da zugemutet wird"

Der vielzitierte „Retter der Nation“ will der Annaberger, der mit seinem fünften Gesamtweltcup-Sieg in Folge Geschichte schrieb, auch in dieser Saison nicht sein. „Ich habe schon viel mehr erreichen dürfen, als ich mir jemals vorgenommen habe bzw. gewagt habe zu träumen. Ich habe, glaube ich gezeigt, dass ich Skifahren kann, alles was jetzt noch kommt, ergibt sich. Ich kann niemals eine Garantie abgeben, dass ich der Retter der Nation sein kann. Das ist die falsche Rolle, die mir da zugemutet wird. Ich versuche einfach, meinen Job weiter zu machen."

Und das heißt für Hirscher „einfach gut Ski zu fahren“. „Gut heißt, dass ich das Podium erreichen kann und den Speed habe, um Rennen zu gewinnen. Das ist mein Ziel.“

Auch in der kommenden Saison wird der 27-Jährige sein Hauptaugenmerk auf die technischen Disziplinen legen, Starts bei Speedrennen wird es nur vereinzelt geben.

Ein Start in der Abfahrt fix

„Die Kerndisziplinen, Slalom und RTL, müssen unbedingt funktionieren, bevor man sich irgendwelche Experimente zutraut. Ich werde nur bei einer Abfahrt fix am Start stehen und das ist bei der WM in der Kombination. Auch im Super-G wird’s wieder nur sporadische Einsätze geben.“

In seinen Paradedisziplinen stellt sich Hirscher auf harte Konkurrenz – nicht nur aus den eigenen Reihen - ein. Im Slalom gilt es, dem Norweger Henrik Kristoffersen Paroli zu bieten. „Ihn zu schlagen ist fast nicht möglich. Wenn er so weiter fährt wie im letzten Jahr, hast du fast keine Chance“, meint der dreifache Gewinner der Slalom-Kristallkugel.

Auch Kristoffersens Landsmann Aksel Lund Svindal dürfe man trotz seines in Kitzbühel erlittenen Kreuzbandrisses nicht außer Acht lassen. „Wenn sein Knie hält und er fit ist, kann man viel von ihm erwarten. Er hat das Skifahren sicher nicht verlernt.“

Der Kampf um Hundertstelsekunden gegen seine Konkurrenten ist jedoch genau das, was Hirscher antreibt. „Ich bin ein Wettkampf-Typ, mir taugt das, für das lebe ich.“

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