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Super-Talente am Eis, Star-Scout auf der Tribüne

Nicht nur LAOLA1 freut sich auf U20-WM. Scouts nehmen Jung-Stars unter Lupe.

Super-Talente am Eis, Star-Scout auf der Tribüne

Knapp 45 NHL-Scouts haben sich für die Junioren-WM in Wien (13. bis 19. Dezember) angesagt. Wer lockt sie nach Kagran und welche aktuellen Stars haben diese Turniere schon durchlaufen?

Nur zehn Nationalteams sind besser...

Der Unterschied zum Senioren-Niveau ist ein gewaltiger: Während bei den "Großen" ein Abstieg wenig attraktive Spiele gegen die Ukraine, Südkorea und Polen nach sich zieht, umfasst die Top-Division bei den Junioren nur zehn Teams. Etablierte Eishockey-Nationen wie Lettland, Dänemark und das ewige Fahrstuhlteam Deutschland wechseln sich zwischen den beiden höchsten Spielklassen ab - Länder also, die über die Jahre doch einige NHL-Spieler herausbrachten.

Im Allgemeinen ragen die Spitzenspielern in diesen Länder früh heraus, werden daher also schon bald in den U20-Nationalmannschaften eingesetzt und können es so auf drei oder sogar vier Weltmeisterschaften bringen.

Welche ehemaligen und aktuellen NHL-Cracks waren auf diesem Niveau bereits tätig?

Bei Österreich natürlich Thomas Vanek, der in seinem Draftjahr 2003 Österreich in Bled (Slowenien) in die A-Gruppe schoss. Beim 6:2 gegen Dänemark ließ Österreichs Truppe rund um den Stürmer-Star mit Oliver Setzinger, Thomas Koch, Daniel Welser und Manuel Latusa dem Gegner keine Chance. Bei Dänemark stand mit Frans Nielsen (New York Islanders) einer der noch heute besten NHL-Defensivcenter neben Peter Regin (Ottawa, Islanders, Chicago) auf dem Eis.

Was unterschied Vanek damals von seinen durchaus auch begabten Nebenspielern? Eine unglaubliche Antizipation, er wusste stets, wo der Puck hinkommen würde und konnte mit einer hervorragenden Hand-Eye-Koordination für Tore aus dem Nichts sorgen. Ich kann mich heute noch an einen immens schwierigen Abfälscher im Jahr zuvor in Kapfenberg erinnern, ein Tor also, das 14 Jahre zurückliegt.

Grabner nur bei einem U20-WM-Turnier

Michi Grabner hingegen bestritt nur eine U20-WM und die in seinem Draftjahr: Beim Turnier im Jahr 2004 in Sheffield reichte es für eine Truppe mit ihm, Thomas Raffl, Andi Nödl und Raffi Rotter lediglich zu einem dritten Rang bei zwei Niederlagen gegen Norwegen und Kazachstan. Grabner spielte da schon in seiner zweiten WHL-Saison bei den Spokane Chiefs, war aber ein Jahr zuvor noch nicht draftberechtigt: Im Gegensatz zu Vanek war Grabner (5.10.1987) ein spätes Geburtsdaum, sprich nach dem 15. September geboren, und daher quasi eine Saison in der Warteschleife.

Für Michi Raffl war bei seinen Weltmeisterschaften der Draft noch kein Thema. In Torre Pellice (2006) war er eher ein Mitläufer, in einer starken Truppe in Bad Tölz (2007) dann aber schon ein Schlüsselspieler. Bei all seinem augenfälligen Talent war der Villacher unter den Scouts damals kein Thema, erst seine Jahre in Leksands machten ihn zum richtigen Profi.

Als Lars Eller nicht nur die Nerven verlor...

Bei den Dänen waren neben den angesprochenen Nielsen und Regin auch einige andere NHLer im Einsatz. Vor allem beim Heimturnier in Aalborg (2008) boten die Dänen eine bärenstarke Truppe auf: Im Tor der heutige Anaheim-Star Frederik Andersen, in der Abwehr Philipp Larsen (später Dallas und Edmonton) und Oliver Lauridsen (später Philadelphia) sowie als Teamleader Lars Eller (heute Montreal). Doch gerade Eller verlor im entscheidenden Spiel um den Aufstieg gegen Österreich völlig die Nerven und zog in bester Ben-Gratton-Manier eine Strafe nach der anderen. Aus heutiger Sicht unglaublicher Endstand: 8:3 für Österreich!

Deutschland ist das U20-Fahrstuhl-Team

Deutschland, durch seinen Fahrstuhl-Status auf Junioren-Niveau das Pendant zu unserem A-Team, bot bei seinen Auftritten in der Zweitklassigkeit natürlich auch immer spätere Stars auf: Christian Ehrhoff (bis heute über 750 NHL-Spiele), Christoph Schubert (später Ottawa und Atlanta) und Marcel Goc (636 NHL-Spiele bis zu seiner Rückkehr im letztem Sommer) standen einem Aufstieg unseres Teams bei der Heim-WM in Kapfenberg im Jahre 2001 im Weg. Tobias Rieder, heute ein wertvoller Spieler für die Arizona Coyotes, bestritt gleich vier Juniorenturniere für Deutschland, darunter seine letzte gegen Österreich in Garmisch-Partenkirchen (2011). Endstand im direkten Duell - 11:2 für die Deutschen.

Welchen Status hat also ein Turnier wie das in Wien für die NHL-Scouts?

Ein anderes als das der Topdivision – dort kennt man alle Spieler bereits, viele sind davon schon gedraftet, eigentlich ist nur eine Handvoll zu beobachten.

In der Division I stehen die Cracks während der Saison weit weniger im Fokus der Scouts. Bei Ländern wie Deutschland oder Lettland bildet das Turnier eine Mixtur aus Follow-Up-Reports von bereits bekannten Kräften sowie dem Scannen von unbekannten Spielern. Vor dem Turnier sehen die Scouts nochmals in ihre Computer, über wen sie schon Berichte gemacht haben, das wird vor allem bei den letzten Turnieren oder in ausländischen Ligen passiert sein.

Vor allem Spieler, die zwischen dem 16. September 1997 und dem 15. September 1998 geboren sind, werden in Wien-Kagran genau unter die Lupe genommen, schließlich ist das ihr erstes Draftjahr. Cracks in ihrem letzten Juniorenjahr (1996) müssen dagegen besonders herausstechen, um Eingang in die Notizbücher zu finden.

Tobias Eder und Kristians Rubins im Blickpunkt

Die 80-jährige Scouting-Legende Göran Stubb, der das Turnier für das NHL Scouting Bureau beobachtet, kennt zwei Cracks bereits genau: "Tobias Eder aus Deutschland und Kristians Rubins aus Lettland sind zwei Spieler, die wir auf unseren Listen führen." Eines haben der spielstarke Center Eder und der baumlange Defender Rubins aber gemein: Aufgrund von Verletzungen sind sie ein Fragezeihen für Wien, Eder laborierte zuletzt an einer Knieverletzung, Rubins meldete sich erst vor kurzem von einer Schulterverletzung zurück.

Arizona-Scout Robert Neuhauser war schon öfters im Eissportzentrum in Wien zu Gast. Er fühlte dort nicht nur David Kickert auf den Zahn, sondern beobachte im CHL-Spiel im Sommer auch das finnische Riesentalent Jesse Puljujärvi von Kärpät Oulu.

Eissportzentrum Kagran bietet Top-Bedingungen

Der in Brünn lebende Tscheche schätzt nicht nur die kurze Anreise, sondern auch die Halle: "Warm, gute Sichtbedingungen – eine perfekte Spielstätte für so ein Turnier." Sollte Eder fit werden, würde Neuhauser ihn heuer zum ersten Mal beobachten: "Er spielt sonst in der deutschen Oberliga, ich würde ihn gerne auf einem besseren Niveau sehen." Dieses Niveau ist erst seit der Saison 2011/12 wieder garantiert: Seit damals gibt es nur einen "Pool A", zuvor waren es für fast zehn Jahre zwei gleichwertige Gruppen mit je sechs Teams und jeweils einem Aufsteiger. Das sorgte nicht nur für Reisestrapazen unter den Scouts, sondern auch für ein sehr unausgeglichenes Niveau. Teams wie Japan, Großbritanninien oder Litauen zogen die Turniere stets nach unten, pro Gruppe trafen eigentlich drei brauchbare Teams auf drei schwache. Das sorgte oft für äußerst zähe Tage. Kommentar eines Scouts damals nach einem einseitigen Spiel: "Zwei Tage hier fühlen sich wie zwei Wochen an..."

Welche Rolle spielen eigentlich Übersee-Cracks wie Mario Huber oder Dario Winkler für die europäischen Scouts?

Wenn sie nicht von den nordamerikanischen Kollegen als "Must-Reports" gekennzeichnet werden, keine besondere, allerdings ist das Turnier die einzige Chance, sich vor den europäischen Scouts zu präsentieren. Diese machen bei entsprechenden Leistungen durchaus Reports, haben allerdings keinen Grund, für Spieler, die außerhalb ihres Scouting-Bereichs agieren, auf die Barrikaden zu steigen.

Wer sind eigentlich die "Stars" unter den Scouts, die nach Wien kommen?

Sicher Hakan Andersson, der schwedische Scouting-Guru, der die Red-Wings-Talentepipeline mit Spielern wie Henrik Zetterberg oder Pavel Datsyuk füllte. Ross Mahoney ist schon seit Jahrzehnten für die Capitals (Washington, nicht Vienna) unterwegs, seit zwei Jahren ist er auch Assistant GM. An seiner Seite: Scout Steve Bowman, Neffe der NHL-Legende Scotty Bowman. Robert Kron (Carolina), Jiri Hrdina (Calgary), Frankie Musil (Edmonton) und David Volek (Vancouver) sind ehemalige NHLer mit jahrzehntelanger Scouting-Erfahrung.

Lettische Jungstars in der Auslage

Doch nicht nur draftfähige Cracks werden beobachtet, Lettland etwa kommt mit drei im letzten Sommer gezogenen Spielern: Verteidiger Karlis Cukste und Stürmer Rudolfs Balcers werden vor allem von den San Jose-Scouts auf ihre Fortschritte hin überprüft, beide wurden von den Sharks in der fünfter Runde gedrafted. Dazu kommt noch Flügel Martins Dzierkals, ein Drittrundenpick der Maple Leafs. Sie sollten positiv auffallen, End-to-End-Rushes mit Zaubertoren sind auf diesem Niveau aber nicht leicht möglich oder zu erwarten.

Talente auf dem Eis, erfahrene Talentesucher auf den Tribünen – das Turnier in Wien ist jedenfalls ein Pflichttermin für alle österreichischen Eishockeyfans…

 


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