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Zielscheibe Fourcade und die Fairness-Frage

Fourcade wird zur Zielscheibe. Liebeserklärung an Gössner. Die Schießbude:

Zielscheibe Fourcade und die Fairness-Frage

Der Puls am Limit, das Laktat schießt ein, die Beine sind erschöpft.

Doch genau jetzt ist Ruhe gefragt: Nur mit äußerster Konzentration und der nötigen Lockerheit in den Beinen fallen die winzigen, in 50 Meter Entfernung stehenden Scheiben.

Natürlich - die Rede ist von Biathlon!

Die 38. Weltcup-Saison ist eingeläutet, Hochfilzen war in den vergangenen Tagen Schauplatz der zweiten Station. Doch nicht nur Dominik Landertinger, Lisa Hauser und Co. flimmern wieder über den Bildschirm, auch die Schießbude ist zurück.

Zwar haben wir die eine oder andere neue Kategorie für euch parat, am Wesentlichen ändert sich aber nichts: Wir liefern euch Kurioses und Überraschendes, berichten über die Gewinner und Verlierer und haben klarerweise wieder ein besonderes Auge auf die rot-weiß-roten Loipenjäger. Vorhang auf für die LAOLA1-Schießbude aus Hochfilzen:

Erst einmal Gratulation an meine deutsche Kollegin Werner, deren Landsfrauen ja nicht das schlechteste Wochenende hatten. Nun zum Wesentlichen: Im Gegensatz zu ihr verstehe ich die Aufregung um Martin Fourcade überhaupt nicht. Wie oft wird davon gesprochen, dass die besonderen Typen im Sport verloren gehen?! Kaum ist einer da, wird er kritisiert. Ja, er spielt mit den Gegnern und reizt die Fans, aber genau das mag ich an ihm! Er polarisiert und sorgt dafür, dass über Biathlon gesprochen wird. Herz, was willst du mehr? Dafür gibt's Gold von mir in dieser Kategorie!

  Werft mir Einfallslosigkeit vor, aber sie haben es nicht besser verdient: Was ist bloß mit den tschechischen Herren los? Wie in der Vorwoche bekommen sie meinen Nummer-1-Spot als größte Verlierer. Platz 16 in der Staffel. Mein erster Gedanke: WTF??? Bei Ondrej Moravec und Co. liegt wohl einiges im Argen, denn auch im Einzel gab es nichts zu bestellen.

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Endlich! Julian Eberhard hat im Sprint mit Rang sieben das umgsetzt, was er drauf hat. Ich geb's zu, ich hatte auch so manches Mal meine Zweifel an ihm und mich darüber geärgert, wenn es am Schießstand nicht lief. Umso schöner, dass er mich - und viele andere - eines Besseren belehrte. Der 29-Jährige hat riesiges Potenzial, nutzt es aber viel zu selten. Höchste Zeit, dass sich das ändert. Weiter so!

Sehr, sehr schweren Herzens habe ich mich für Katharina Innerhofer entschieden. Die Salzburgerin hinkt ihrer Topform leider noch meilenweit hinterher. Ein Fehler im Sprint ist für die am Schießstand häufig wankelmütige 24-Jährige ein tadelloses Ergebnis, mit der 92. Laufzeit gibt's allerdings nichts zu gewinnen. Krankheiten haben sie in den letzten Monaten immer wieder zurückgeworfen. "Sie braucht noch Zeit", gibt ihr Trainerin Sandra Flunger die nötige Geduld. In Pokljuka geht's hoffentlich bergauf, ebendort feierte sie bekanntlich vor knapp zwei Jahren ihren ersten Weltcupsieg.

Noch einmal kurz zur Erklärung: An dieser Stelle will ich auch weniger bekannte Athleten und Nationen würdigen. Im Exoten-Watch dieser Woche hat sich Fuyuko Tachizaki (geb. Suzuki) hervorgetan. Die 26-jährige Japanerin schrieb im Vorjahr mit dem ersten IBU-Cup-Podestplatz für Japan überhaupt Geschichte und etablierte sich auch in der Beletage. In Hochfilzen bestätigte sie, dass sie keine Mitläuferin, sondern solide Punktelieferantin ist. Platz 26 im Sprint, Rang 28 im Verfolger - schön, dass es auch in Asien talentierte Biathleten gibt.

Veronika Vitkova galt vor Saisonstart als Mitfavoritin auf den Gesamtweltcup. Anspruch und Wirklichkeit klaffen bei der 27-Jährigen jedoch weit auseinander. Mit der Strafrunde hat sie einen ständigen, aber ungewollten Begleiter. Der manövrierte sie in Hochfilzen nur auf die Plätze 30 (Verfolgung) und 32 (Sprint). So wird das nichts mit Kristall.

Dreifachsieg, Doppelsieg und Rang zwei mit der Staffel, viel mehr kann man in drei Bewerben kaum gewinnen. Die DSV-Damen dominierten Hochfilzen in eindrucksvoller Art und Weise. Franziska Hildebrand feierte im Sprint ihren ersten Weltcup-Sieg, Maren Hammerschmidt lief erstmals aufs Podest und das gleich dreimal. Zudem fand Laura Dahlmeier nach ihrem krankheitsbedingten Ausfall in Östersund perfekt zurück in die Spur und gewann die Verfolgung. Persönlich freut es mich besonders, dass es Miriam Gössner nach ihrem schweren Unfall und zweieinhalb Jahre dauernden Kampf erstmals seit März 2013 wieder aufs Podest geschafft hat.

Diese Wertung ist keine sportliche, sondern betrifft das Fairplay: Hat Martin Fourcade doch bei seinem Sieg in der Verfolgung tatsächlich seine Konkurrenten Simon Schempp und Tarjei Boe eiskalt verarscht! In einem Interview mit einem französischen Sender gab er zu, dass er die beiden nach dem dritten Schießen nicht abschütteln konnte und deshalb so tat, als würde er zum Ziel abbiegen, anstatt eine weitere Runde zu laufen. „Ich wollte sie aus ihrer Komfort-Zone bringen, sie sollten sich fragen, was in aller Welt ich da tue.“ Schempp reagierte tatsächlich und rief ihm zu, dass er falsch lief. Am Ende hat der Sieg des Franzosen einen fahlen Beigeschmack. Ich verstehe diese „Taktik“ nicht, da er derartige Spielchen meiner Meinung nach nicht nötig hat.

  Lisa Vittozzi, Karin Oberhofer, Federica Sanfilippo und Dorothea Wierer schlugen in der Staffel hauchdünn die starken DSV-Damen und holten sich sensationell den ersten italienischen Sieg in der Staffel überhaupt! Wer hätte das gedacht? Zur Zeit schwimmen die Damen um Dorothea Wierer auf einer beeindruckenden Erfolgswelle, mit der wohl kaum jemand gerechnet hätte.

Für den Doppel-Weltmeister und zweifachen Silbermedaillengewinner von Sotschi, Erik Lesser, läuft es noch nicht rund. Im Sprint reichte es für den Deutschen gerade einmal für Rang 43, in der Verfolgung verbesserte er sich zwar auf Rang 25, doch zufrieden wird er damit nicht sein. Zumal es auch in der Staffel nicht für einen Podestplatz reichte. 

Nach dem schlechten Auftakt in Östersund gelang Anton Shipulin, beide Rennen auf Rang vier zu beenden. In der Verfolgung holte er den ersten Podestplatz der Saison und war hinter Martin Fourcade und Simon Schempp der drittbeste Athlet des Wochenendes. Zudem war er gemeinsam mit Volkov, Garanichev und Malyshko in der Staffel siegreich.

Kaisa Mäkäräinen gelang es in Österreich nicht, einen Top-Platz einzufahren. Rang 28 im Sprint sowie 23. in der Verfolgung ist das für ihre Verhältnisse magere Resultat. Läuferisch ist sie allen klar voraus, doch insgesamt neun Fehler sind selbst für sie zu viel, um noch ein Spitzenergebnis einzufahren.

 Sven Grossegger hatte Glück und Pech zugleich, als er im Sprint zu Sturz kam und sein Ski zu Bruch ging. Der Salzburger benötigte dringend einen neuen, doch Markus Gandler, der ihm entgegen sprintete, war zu weit weg. Kurzerhand bekam Grossegger von den lettischen Kollegen einen Ski, der eigentlich für deren Aushängeschild Andrejs Rastorgujevs gedacht war. Eine tolle Geste im Sinne des Fairplay, für die sich der ÖSV-Loipenjäger herzlich bedankte. "Thanks, Rasti, for your ski", richtete das ÖSV-Team via Facebook und Twitter eine Message an die Kollegen aus Lettland.

 

 Als wäre dieser Skibruch nicht genug, ereilte Simon Eder in der Staffel dasselbe Schicksal. Der 32-Jährige hatte allerdings mehr Glück als sein Teamkollege, lediglich die Skispitze brach weg. Er setzte das Rennen fort und verlor dadurch nicht wirklich Zeit.

 

 Stürze standen auch in Hochfilzen wieder an der Tagesordnung. Neben den Österreichern erwischte es beispielsweise auch Daniel Böhm aus der deutschen Mannschaft. Selbst Superstar Martin Fourcade küsste ungewollt den Schnee, wie man im folgenden Video sieht:

 

 Nein, nicht etwa ein Fourcade, Boe oder Shipulin war im Verfolger der Schnellste. Maxim Tsvetkov gewann überraschend. Naja, zumindest, was die Netto-Zeit betrifft. Seine Glanzleistung beförderte ihn noch vom 29. auf den elften Platz.

 Es läuft - im wahrsten Sinne Wortes. Österreichs Herren glänzten auf dem heimischen Schnee mit tollen Laufleistungen und bestimmten das Tempo in der Loipe mit. Dem Wachs-Team umd Cheftechniker Benjamin Eder gebürt ein besonderes Lob. "Wir hatten brutal gute Ski", wusste auch Dominik Landertinger, bei wem er sich zu bedanken hatte. 

 

 "Wenn's laft, dann laft's", lachte Lisa Hauser. Trotz einer Verkühlung, die sie unter der Woche zu einer Trainingspause zwang, verkörperte die 21-Jährige das, was ihren Teamkolleginnen derzeit fehlt: Selbstvertrauen und Zuversicht. Die Tirolerin glänzte mit den Plätzen zwölf und 13 und festigte als Elfte ihren Spitzenplatz in der Gesamtwertung. Einer Massenstart-Teilnahme in Pokljuka steht kaum etwas im Wege.

 

 Der verpatzte Saisonstart im IBU-Cup gehört der Vergangenheit an, in Ridnaun zauberten die ÖSV-Asse ihren Trainern das eine oder andere Lächeln ins Gesicht. Susanne Hoffmann überzeugte als Siebente und Achte in Sprint und Verfolgung, David Komatz ließ als Sechster und 13. aufhorchen. Beide gaben eine Empfehlung für ein Weltcup-Ticket ab.

 

 Ein kurzes Wort noch zur User-Kritik an der Bestellung von Julia Schwaiger ins Weltcup-Team sowie ihrer Leistung im Sprint: Ganz klar, sie musste Lehrgeld zahlen und bekam eine Packung aufgebrummt. Noch viel klarer ist aber, dass die ehemalige Junioren-Weltmeisterin ein Riesentalent ist, das langsam an die Weltspitze herangeführt werden soll. Der erste Auftritt vor Heimpublikum war wichtig, um Erfahrungen zu sammeln und den Druck bei einer solchen Veranstaltung zu verspüren. Man sollte den jungen ÖSV-Ladies die nötige Zeit geben, um zu reifen. Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie auch im Konzert der Großen eine wichtige Rolle einnehmen.

#1 - Zum ersten Mal in der Geschichte von Biathlon-Staffeln der Damen leuchtete die "1" auf der Anzeigetafel für das Quartett aus Italien auf.

#6 - Sieben Podestplätze waren für die DSV-Ladies in Hochfilzen machbar, sechs sind es am Ende geworden. Ein höchst erfolgreiches Pflaster für die Truppe von Gerald Hönig.

#42 - Als 59. gerade noch in das 60er-Feld für die Verfolgung gerutscht, sorgte Elisabeth Hoegberg in selbigem für eine furiose Aufholjagd. Vier fehlerfreie Schießeinheiten und eine starke Laufleistung hievten die Schwedin noch 42 Plätze nach vorne auf Position 17.

 Nicht nur wir sind bei der Personalie Martin Fourcade geteilter Meinung. In Norwegen gingen die Wogen hoch, dort hat sich der Franzose keine neuen Freunde gemacht. Der übertragende Sender "NRK" unterstellte dem Weltcup-Dominator, er wollte die Wikinger brüskieren und Heidi Weng verspotten. Zur Erklärung: Die Weltklasse-Langläuferin bog kürzlich in einem Rennen falsch ab und wähnte sich im Ziel, ehe sie bemerkte, dass sie eine Runde zu wenig lief. Fourcade wiederum täuschte einen Zieleinlauf an, um seine Gegner Tarjei Boe und Simon Schempp zu irritieren. In diversen Foren wurde Fourcade daraufhin als arrogant und unsportlich beschimpft, der Titel als "Staatsfeind Nummer 1" war ihm nicht zu nehmen. Es gab aber auch Unterstützung. So erklärte etwa Biathlon-Legende Halvard Hanevold, dass der 27-Jährige niemandem schaden wollte.

 Die Umbauarbeiten am WM-Ort von 2017 fanden Anklang bei Athleten und Betreuern. "Super gemacht", hieß es unisono von den internationalen Gästen. Das OK-Team rund um Franz Berger sen. hat tolle Arbeit geleistet und ist gerüstet für die Titelkämpfe in der kommenden Saison. Einziger kleiner Kritikpunkt war die Loipe. Aufgrund der schmalen Schneeauflage waren manche Kurven schwierig zu nehmen. "Natürlich ist der eine oder andere Punkt zu analysieren, das sind aber Kleinigkeiten", ist Berger dankbar für konstruktive Kritik. "Wir werden schauen, dass für nächstes Jahr dann auch alles passt."

 Die Klimakonferenz in Paris war auch im Pillerseetal ein wichtiges Thema. Aufgrund der Erderwärmung ist der Wintersport direkt betroffen, umso wichtiger ist es, sich für einen sorgsameren Umgang mit Energieressourcen einzusetzen. Angeführt von der US-Amerikanerin Hannah Dreissigacker machten sich die Biathleten für den Klimaschutz stark. Die Freude dürfte groß gewesen sein, als bekannt wurde, dass sich 196 Staaten auf einen umfassenden Klimavertrag einigten.

 

 "Für das, was bisher war, fühle ich mich wie ein junges Reh." - Miriam Gössner

 

 "Ohohoho! Bist du gelähmt, des is ein Gstörter, der Fourcade! Wenn i des gmocht hätt, hätt's mi zrissen in tausend Fetzen." - Christoph Sumann im "ORF" während der Live-Übertragung des Verfolgers

 

Christoph Nister / Henriette Werner

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