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Fourcade: "Einen echten Helden gab es nie"

Martin Fourcade: Seine Ziele, was ihn stört. Der Franzose im Interview:

Fourcade:

Was Marcel Hirscher im alpinen Skizirkus darstellt, ist Martin Fourcade im Lager der Biathleten: Der ganz große Star!

Wie der Salzburger hat auch der Franzose in den letzten vier Jahren ununterbrochen die große Kristallkugel gewonnen und damit Geschichte geschrieben.

Auch in dieser Saison gilt der 27-Jährige als Favorit auf den Gewinn des Gesamtweltcups. Bevor er sich jedoch der „Mission 5“ stellt, wagte Fourcade einen Abstecher ins Lager der Langläufer.

Beim Nordic Opening im finnischen Ruka wollte sich der Doppel-Olympiasieger von Sotschi mit den Spezialisten messen. Am Ende landete er über 10 Kilometer Freistil auf dem beachtlichen 22. Platz.

Fourcade will zurückkehren

„Ich bin zufrieden“, bilanzierte er positiv, als Perfektionist hätte er sich aber noch mehr erhofft. „Ich bin ein bisschen frustriert, weil ich nicht weit weg bin von einem richtig guten Ergebnis.“

Lediglich rund zehn Sekunden haben dem Loipenjäger gefehlt, um sich einen Platz in den Top-10 zu sichern. Ansporn genug, um den Langlauf-Weltcup weiterhin im Hinterkopf zu behalten. „Ich werde zurückkommen“, kündigte er an und fügte hinzu, ein kleiner Masochist zu sein.

Ehe er sich jedoch wieder mit den Langläufern misst, gilt der Fokus wieder den Biathleten, wo weiterhin seine Kernkompetenz liegt. Bevor er mit dem Einzel am Mittwoch in die Saison einsteigt, nahm er sich für LAOLA1 Zeit, um über die hohe Erwartungshaltung zu sprechen.

Fourcade gab zudem Auskunft darüber, ob er sich über zweite Plätze überhaupt noch freuen kann und wie er zum Rennkalender der Internationalen Biathlon-Union steht. Dabei findet der Dominator der letzten Jahre klare Worte.

"Ich muss ehrlich gestehen, dass ich Oles Rekord nie erreichen werde."

Martin Fourcade

LAOLA1: Martin, jeder erwartet deinen fünften Sieg im Gesamtweltcup. Wie sieht es mit dir aus?

Martin Fourcade: Ich bin wie alle anderen, auch ich erwarte Nummer fünf. (lacht) Ich weiß aber auch besser als alle anderen, wie schwierig es ist, die große Kristallkugel zu gewinnen. Aus diesem Grund will ich demütig und vorsichtig bleiben. Ich habe zudem natürlich auch große Ziele für die Weltmeisterschaft in Oslo.

LAOLA1: Du hast 37 Weltcupsiege gefeiert, bist Weltmeister und Olympiasieger. Welche Ziele treiben dich noch an? Sind Ole Einar Björndalens 93 Erfolg ein Thema für dich?

Fourcade: In meinem Herzen sind es bereits 39 Siege. Aus meiner Sicht machte es keinen Sinn, die Siege in Sochi nicht zu inkludieren, obwohl die vorangegangenen Olympia-Bewerbe Teil des Weltcups waren. Es ist schwierig zu sagen, welche Ziele noch bleiben. Ich habe ja jetzt schon viel mehr gewonnen, als ich es jemals für möglich gehalten hätte. Ich muss aber ehrlich gestehen, dass ich Oles Rekord nie erreichen werde. Daher konzentriere ich mich auch nicht darauf, weil ich meine Karriere wohl beenden muss, bevor ich es geschafft habe. Dagegen sind Raphael Poirees 44 Siege (Bester Franzose und Zweiter der ewigen Bestenliste, Anm.) auf jeden Fall ein Ziel für mich.

LAOLA1: Kannst du dich eigentlich noch über zweite und dritte Plätze freuen?

Fourcade: Das hängt von der Rennsituation ab, aber grundsätzlich kann ich mich natürlich auch freuen, wenn ich mal Zweiter werde.

LAOLA1: Deine Rivalität mit Emil Hegle Svendsen tut dem Sport gut, bringt dir aber nicht nur Sympathien ein. Hast du dadurch schon schlechte Erfahrungen mit Fans gemacht?

Fourcade: Emil und ich sind natürlich Rivalen, wir stehen uns aber auch nah. Natürlich ist er derjenige, mit dem ich mir die meisten Fights geliefert habe, genau diese Kämpfe haben aber auch dafür gesorgt, dass wir uns gegenseitig mit enormem Respekt gegenüber treten. Wir sind alle gesegnet, dass die Biathlon-Fans einfach großartig sind. Selbst wenn sie einen anderen Athleten unterstützen und lieber haben, begegnen sie dir immer freundlich, weil sie unseren Sport lieben.

LAOLA1: Dein Bruder Simon hat erzählt, dass es lange Zeit hart für ihn war, zu akzeptieren, dass du schneller bist. Wie war es für dich, ihn leiden zu sehen?

Fourcade: Ich hatte meinerseits nie ein Problem, mit ihm zu konkurrieren oder ihn zu schlagen. Es war aber natürlich nicht schön, ihn leiden zu sehen.

LAOLA1: Du bist Einzelsportler, der auch Teamevents bestreitet. Welche Bewerbe bevorzugst du?

Fourcade: Die Gefühle während einer Staffel sind einzigartig, aber ich bevorzuge dennoch Individual-Events. Mein Lieblingsbewerb ist die Verfolgung.

LAOLA1: Du hast im letzten Sommer viel Zeit in Norwegen verbracht. Hat sich dein Training dadurch verändert?

Fourcade: Eigentlich nicht wirklich, ich habe mein Programm eben dort durchgezogen. Wichtig war allerdings, dass ich mein Training wieder sehr gewissenhaft abspule.

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LAOLA1: Ole hat sich einen eindrucksvollen Truck gegönnt, der ihm als Schlafmöglichkeit und Trainingscenter gleichzeitig dient. Hat er dadurch einen Wettbewerbsvorteil – etwa durch schnellere Regeneration?

Fourcade: In bestimmten Punkten kann das durchaus sein, andererseits ist dieser Truck auch eine logistische Herausforderung, die wiederum Kraft kosten kann. Für Ole ist es bestimmt gut, weil er häufig zwischen Skandinavien und Mitteleuropa hin und her reist. Man wird sich darin aber nie wie zuhause fühlen, ich will daher nicht in einem Motor-Home leben.

LAOLA1: Hast du Vorbilder, an denen du dich orientierst?

Fourcade: Nein, die habe ich nicht wirklich. Ich bin generell ein großer Sport-Fan, sodass ich immer wieder Einflüsse aus diversen Bereichen hatte. Einen echten Helden gab es dabei aber nie. In den letzten Jahren habe ich allerdings viel über Vincent Defrasne gelernt, er war eine Inspiration für mich.

LAOLA1: Es gibt Kollegen, die schon mit der Waffe im Bett schliefen. Wie eng ist deine Beziehung zum Arbeitsgerät?

Fourcade: (lacht) So weit gehe ich nicht, aber es ist schon eine sehr enge Bindung zwischen meiner Waffe und mir. Ich gebe immer gut Acht auf sie.

LAOLA1: Dominik Landertinger und Simon Eder sind die großen Stars im ÖSV-Team. Welchen Bezug hast du zu ihnen?

Fourcade: Ich schätze sie sehr, auch wenn es natürlich schwierig ist, zwischen Training, Wettbewerben und der Erholungsphase Zeit zu finden, um miteinander zu reden. Dominik kenne ich seit 2007, weil wir schon zu Junioren-Zeiten gegeneinander gekämpft haben. Bei Simon hat mich immer wahnsinnig beeindruckt, wie schnell er schießen kann und wie sehr er den Level am Schießstand nach oben gesetzt hat! Ich frage ihn auch ab und an um Rat, wie man das Leben als Spitzensportler und Familienvater (Fourcade wurde im Sommer erstmals Vater, Anm.) vereint, denn er macht das richtig gut.

"Der Sport verändert und entwickelt sich allerdings, genauso wie es seine Fans und der Markt tun. Insofern können wir nicht immer noch dieselben Stationen haben wie in den 90er Jahren."

Martin Fourcade

LAOLA1: Seit Jahren sind es dieselben Leute, die sich die großenTitel untereinander ausmachen. Gibt es „Young Guns“, die du auf der Rechnung hast?

Fourcade: Bisher kann ich das schwer beurteilen. Ich würde sagen, sie sollten uns möglichst bald überraschen, bevor wir uns auf sie einstellen. So, wie wir das vor einigen Jahren gemacht haben.

LAOLA1: Biathlon hat in den letzten zehn bis 15 Jahren vor allem in Deutschland einen Boom erlebt, die IBU in dieser Zeit viel richtig gemacht. Was wäre aus deiner Sicht der nächste Schritt?

Fourcade: Die IBU hat viel getan für die Popularität unserer Sportart, die Verantwortlichen haben sich immer verbessert und innovativ gearbeitet. Um das Wachstum im Biathlon beizubehalten, müssen wir aber noch internationaler werden. Wie du richtig sagst, fand der Boom vorwiegend in Deutschland statt. Wollen wir, dass Biathlon auch in einigen Jahren noch zu den wichtigsten Wintersportarten gehört, müssen wir die Türen weiter öffnen.

LAOLA1: Welche Rolle spielen dabei die Weltcuporte? Gerade Nove Mesto, wo eine unglaubliche Stimmung herrschte, oder auch Annecy, wo 2013 ein furioses Debüt gefeiert wurde, fehlen in diesem Winter. Müsste die IBU hier flexibler agieren?

Fourcade: Biathlon hat natürlich eine große Tradition, die wir keinesfalls verleugnen sollten. Der Sport verändert und entwickelt sich allerdings, genauso wie es seine Fans und der Markt tun. Insofern können wir nicht immer noch dieselben Stationen haben wie in den 90er Jahren. Einige Stationen sind „old-fashioned“. Es ist eine Schande, dass Nove Mesto keinen Platz im (diesjährigen) Kalender gefunden hat. Dasselbe Gefühl habe ich, was den Weltcup in meiner Heimat betrifft.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.


Das Interview führte Christoph Nister

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