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Milos Raonic: Aufstieg mit Rückschlägen

Milos Raonic brennt in Wimbledon auf Revanche gegen Andy Murray. Coach McEnroe in Kritik:

Milos Raonic: Aufstieg mit Rückschlägen

Milos Raonic bestreitet am Sonntag in Wimbledon gegen Andy Murray (GBR/2) als erster Kanadier überhaupt ein Finale eines Grand-Slam-Turniers.

Ein Coup, den ihm Tennisgrößen schon nach seinen Anfangsjahren 2011 vorhergesagt hatten. John McEnroe sah ihn damals bereits als „einen der nächsten Stars“.

Da trifft es sich gut, dass Raonic den US-Amerikaner 2016 pünktlich zur Rasensaison in sein Team rund um Carlos Moya holte.

„Freunde seiner Eltern sind mit mir befreundet. Ich kannte ihn. Er ist ein guter Junge und sehr professionell. Tennis ist seine Leidenschaft und er strebt danach, immer besser zu werden. Dabei lässt er nichts unversucht“, so die exzentrische US-Legende.

Bereits Ex-Coach Ivan Ljubicic bemerkte: „Ich kenne kaum jemanden, der so hart arbeitet wie Milos.“

Spiel verbessert

Galt Raonic in seiner Anfangszeit als eintöniges Aufschlagsmonster, hat der 1,96 Meter große Hüne an seinen Schwächen gearbeitet. Dabei legte er vor allem den Fokus auf seine Beweglichkeit und Positionsspiel. Umso wichtiger, weil er dazu neigt, seine Rückhand zu umlaufen, um seine krachende Vorhand anzubringen.

Ein Umstand, den auch Roger Federer im Semifinale zu spüren bekam. „Als ich Milos zum ersten Mal auf Rasen begegnete, war es immer dasselbe: Draufhauen, Draufhauen, erste Aufschläge. Seit zwei, drei Jahren macht er mehr Returns und seit eineinhalb Jahren fühlt er sich auch am Netz wohler.“

Ohne dabei seine Stärken zu verlieren. Mit 137 Assen führt Raonic das Ranking in Wimbledon überlegen an.

Befangenheitsvorwürfe an McEnroe

McEnroe sollte zudem das Netzspiel des Kanadiers verbessern. Immerhin ehemaliges Lieblingsterrain des dreifachen Wimbledon-Champs (1981, 1983, 1984).

Bereits in Queens erreichte Raonic in der Folge sein erstes Finale bei einem ATP-Rasenturnier und verlor ausgerechnet gegen Andy Murray 7:6(5),4:6,3:6.

Auch wenn McEnroe einschränkte: „Ich denke nicht, dass es realistisch ist, in drei Wochen allzu viel zu bewegen. Aber auf diesen Level reicht vielleicht auch ein Prozent - und das nötige Glück.“

So machte Raonic im Wimbledon-Achtelfinale gegen David Goffin erstmals einen zwei-Satz-Rückstand wett.

Die Zusammenarbeit mit McEnroe sorgte aber bereits für Kritik, geht die Legende doch nach wie vor seiner Arbeit als BBC-Kommentator nach, womit sie Spiele seines eigenen Schützlings kommentierte.

Bittere Erfahrungen mit Murray

Raonic selbst konzentriert sich lieber auf Endspielgegner Andy Murray. Im Head-to-Head liegt er 3:6 zurück, der Brite konnte gar die letzten fünf Duelle für sich entscheiden.

Neben dem Londoner Queen’s Club verlor er auch im diesjährigen Semifinale der Australian Open. „Die Niederlage hat mit das Herz gebrochen“, so der Kanadier.

Nach einer Muskelverletzung im dritten Satz musste er sich nach fünf Sätzen geschlagen geben. Umso bitterer, weil er Wochen zuvor noch ein bescheidenes Saisonziel formulierte: „Die Hauptambition ist, 2016 gesund zu bleiben.“

Verlorenes Jahr 2015

Raonic kannte zuvor bereits das Gefühl von Verletzungen, die seinen rascheren Aufstieg zunichtemachten.

2011 schoss er innerhalb eines Monats von Rang 152 auf Rang 37 der ATP-Weltrangliste. Bereits im August 2013 enterte der Sohn montenegrinischer Einwanderer erstmals die Top Ten. Ein Jahr später erreichte er das Semifinale in Wimbledon, im April 2015 sein Career-high auf Rang vier, ehe ein Rückschlag folgte.

„2015 war das frustrierendste Jahr meiner Karriere“, spricht der Youngster im Rückblick seinen eingeklemmten Nerv im rechten Fuß an. Im Mai folgte die Operation, für die French Open musste er passen.

Statt einem Angriff nach vorne fand er sich zu Jahresende auf Rang 14 wieder. „Nach April zweifelte ich jeden Tag beim Aufwachen, ob ich spielen kann oder nicht."

Lehren aus Queens

Seither kann der fitte Raonic bei „sky“ wieder nach vorne blicken, konkret auf die Wimbledon-Trophäe und Gegner Andy Murray: „In Queens habe ich es nicht geschafft, mein Spiel durchzuziehen. Er hat dafür gesorgt, was am Platz passiert. Hier habe ich das bisher besser gemacht. Ich glaube an meine Schläge.“

Klingt wie eine Warnung, ebenso wie seine Kampfansage vor Saisonbeginn:

„Ich denke, ich kann den endgültigen Durchbruch schaffen und hoffentlich ein großes Resultat liefern. Größer als all meine bisherigen.“

Erste Chance dazu bietet sich am Sonntag um 15 Uhr.

 

Andreas Gstaltmeyr

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