Jürgen Melzer ist nach seinem Aus bei den Australian Open gegen Roger Federer voll des Lobes für den Schweizer Altstar: "Er war schon Minimum eine Klasse besser".
Mit der eigenen Leistung ist er trotz Vier-Satz-Niederlage zufrieden: "Ich habe ein gutes Match gespielt, aber ich kann es im Moment nicht besser. Er kann halt dann immer noch zulegen. Das macht dann den Unterschied aus."
Melzer meint sogar: "Wenn ein anderer drüben steht, hätte es vielleicht gereicht."
"Das war von einem anderen Stern"
Melzer bewies im Duell der beiden 35-Jährigen, dass er noch nicht zum alten Eisen zu zählen ist. Von Beginn an ging er das Tempo seines Gegners mit, wegen dem das Match in der "Nightsession" angesetzt worden war. Auch gelang dem ÖTV-Ass zum 4:2 das erste Break. "Das hätte ich dann besser spielen können", meinte Melzer danach. Federer glückte das sofortige Rebreak, ab 5:5 spielte der Weltstar vorerst eine Klasse stärker.
Nach einem frühen Break in Durchgang zwei war zu erwarten, dass der "Fed-Express" nicht mehr aufzuhalten war, Melzer aber fand vorerst die Notbremse. Nach 1:3-Rückstand schaffte der Außenseiter das Kunststück, Federer in diesem Satz kein Game mehr zu überlassen. Der Satzausgleich war geschafft. "Ich habe einen sehr, sehr guten zweiten (Satz, Anm.) gespielt. Aber was er heute serviert hat, war von einem anderen Stern."
"Ich bin happy, wie ich Tennis spiele"
Kleine Siegchancen gegen den erstmals seit 8. Juli (Wimbledon-Halbfinale) wieder auf der Tour tätigen Federer hatte sich Melzer durchaus gegeben. Melzer: "Es wäre für mich schon überraschend gewesen, wenn er das in einem Flow heruntergespielt hätte. Man hat gemerkt, er sucht noch nach seinem Timing. Das war die Chance, und ich habe gewusst, ich spiele gut. Zwei Sätze lang habe ich es auch offenhalten können."
Seine gute Leistung allein reichte jedoch nicht, dass Melzer mit dem Gebotenen zufrieden war. "Mit einer Niederlage kann man selten zufrieden sein", erklärte er. "Aber ich bin happy, wie ich Tennis spiele derzeit. Und wenn da nicht Roger Federer drüben steht, sondern ein anderer, dann hätte es vielleicht gereicht. Aber ich freue mich, dass ich gesund bin, dass ich schmerzfrei spielen kann."
Rückkehr auf Challenger-Ebene
Nachdem er nun die Chance auf gute Punkte verpasst hat, muss der auf Weltranglistenplatz 300 zurückgefallene Melzer nun wieder auf die Challenger-Ebene zurückkehren. "Mein Ziel ist es, so schnell wie möglich Punkte zu machen und wieder nach oben zu kommen." Je nach Abschneiden im Melbourner Doppel geht es als nächstes nach Rennes oder später nach Budapest und zu weiteren Europa-Events.
Das vermeidbare Ausscheiden seines Bruders Gerald früher am Tag gegen den 17-jährigen Australier Alex de Minaur hatte Jürgen Melzer im ersten Satz live miterlebt, danach vor dem Fernseher. "Diese Niederlage wird ihm noch ein paar Tage und Wochen wehtun. Daraus muss er lernen und es beim nächsten Mal besser machen."
Federer: "Es war schwerer als erwartet"
Roger Federer meinte nach dem Sieg über Jürgen Melzer: "Es war schwerer als erwartet. Ich ging nicht gelöst in das Match." Erst Mitte des dritten Satzes habe er angefangen, sich relaxter zu fühlen. "Ich bin froh über diesen Work-out und froh, wie ich das Spiel beendet habe." Eines ist aber für ihn klar: "Dieses Gefühl muss wieder weg." Er will Matches wieder wie früher in Angriff nehmen.
Bereits in der zweiten Runde am Mittwoch gegen einen weiteren Qualifikanten, den Amerikaner Noah Rubin (ATP 200), dürfte es einfacher werden. "Ich denke, ich werde weniger nervös sein." Zudem sei Rubin Rechtshänder. Dass Melzer Linkshänder ist, habe die Aufgabe zusätzlich erschwert.