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"Musste unbedingt zu diesen verdammten Spielen"

So prägte der verunglückte Vater unseren Segel-Hero. So feiern unsere Medaillen-Gewinner:

Ausgerechnet Thomas Zajac, der Österreichs Medaillenlosigkeit nach 2.923 Tagen beendet.
 
Ausgerechnet Tanja Frank, das Wunderkind, das mit 16 mit dem Biologie-Studium begann und mit 23 Jahren Olympia-Medaillengewinnerin ist.
 
Ein perfektes Team, eine Sportler-Ehe aus dem Bilderbuch. Freundin bzw. Freund fieberten in Österreich mit.
 
Segeln statt Premier League
 
Thomas Zajac ist seit Jahren mit einer Spanierin liiert, die im legendären Pub Charlie P'S in Wien-Währing ein Livestreaming organisierte und mit Freunden und Bekannten das hochdramatische Medal Race verfolgte. Segeln statt Premier League, das Pub stand Kopf. Noch vor der offiziellen Pressekonferenz telefonierten die beiden minutenlang.
 
Tanja ist mit dem Tiroler 49er-Segler David Hußl befreundet und musste nach dem größten Erfolg ihrer Karriere gleich zwei Mal zur Doping-Kontrolle. „Beim ersten Mal hatte ich zu wenig Dichte“, nahm es die Segel-Beauty locker.
 
Das Wiener Erfolgs-Duo konnte sein Glück kaum fassen. Die ersten Spiele, die erste Medaille und das bei der Olympia-Premiere des Nacra17-Bootes. Der 30-jährige Steuermann, der Zeit seines Lebens von den Spielen träumte, weil auch sein Vater ein olympischer Segler war. Tanja Frank, ein Adoptivkind, das am Neusiedlersee und im Segelboot groß geworden ist.  Die hochintelligente, zierliche und so coole Vorschoterin, die bereits mit zweieinhalb Jahren erstmals alleine in einem Segelboot saß.
 
Jugendweltmeisterin mit Lara Vadlau
 
2011 wurde Tanja Frank gemeinsam mit Lara Vadlau Jugendweltmeisterin im 420er, seit 2013 segelt die ehemalige Steuerfrau als Vorschoterin mit Zajac im Katamaran.
Thomas Zajac hatte in seiner Karriere viele Ups und Downs und war vor zehn Jahren im Tornado in der Weltspitze, ehe das Mehrrumpfboot aus dem Olympischen Programm gestrichen wurde.
 
Thommy, wie ihn die Segelfreunde rufen, hat auch diese Enttäuschung weggesteckt.
 
„Ich bin gereift, ich habe viele Rückschläge hinnehmen müssen, die haben mich geprägt und wachsen lassen“, meint Thomas Zajac. Seit seinem Kletterunfall vor sieben Jahren (Sturz aus 14 Meter Höhe) besucht der 30-Jährige nahezu täglich den Physiotherapeuten, ehe er in See sticht und sucht den Physio auch auf, wenn er nach den Wettfahrten bzw. einem harten Trainingstag zurück ins Quartier kommt.
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„Ich habe einen Knick in der Wirbelsäule, das wird mich mein ganzes Leben über begleiten.“ Damals, im März 2009, lag der Wiener drei Monate lang mit einem Gips-Korsett im Krankenhaus, hatte zudem beide Fersenbeine gebrochen.“
 
Ans aufgeben hatte der Steuermann nie gedacht. „Ich habe mir immer wieder gesagt, ich muss zu diesen verdammten Spielen, weil mein Vater war 1980 in Moskau ebenfalls bei den Sommerspielen und segelte vor Tallinn für Polen. Ich habe immer zu ihm aufgesehen und war so stolz darauf. Seine Olympia-Bekleidung von 1980, die schon ein bisschen aus der Mode gekommen ist, hängt bei mir im Kasten. Das begleitet mich mein ganzes Leben.“
 
Polnische Wurzeln
 
Und dann berichtet Zajac wie er zum Wiener wurde - Refugees welcome.
 
„Meine Eltern sind in Polen geboren. Ich bin in Wien auf die Welt gekommen. Er hat den Sport in jungen Jahren dafür genutzt, um einmal das Land zu verlassen. Das war damals im Kommunismus die Triebfeder für viele junge Sportler. Er hat keinen Reisepass bekommen, sondern immer nur die Erlaubnis, zu Segel-Wettkämpfen ins Ausland zu reisen. Das war genau jenes Freiheitsgefühl, das einem das Segeln gibt."

"Er hat mir die Freude am Sport vermittelt und ist leider bei der Ausübung seiner Leidenschaft gestorben.“

Zajac erinnert sich an seinen Vater

"Im Rahmen einer Regatta in Österreich, bei der er für Polen an den Start ging, ist er dann geflüchtet. Die Regatta war am Attersee kurz nach den Sommerspielen in Moskau 1980. Am Sonntag nach der Siegerehrung hat er seine Sachen gepackt und ist per Anhalter nach Traiskirchen gefahren, um dort um Asyl anzusuchen. Er wollte diese Freiheit leben, die wir Österreich gewohnt sind. Die hat er damals als im kommunistischen Polen nicht gehabt. Er hat dann Asyl bekommen. Und war dann mit allem, was er in Österreich gemacht hat, erfolgreich.“
Vater beim Paragleiten tödlich verunglückt
Jan Bartosik, der Vater von Thomas Zajac, ist 1995 im Tiroler Rofan-Gebirge nahe Achenkirch beim Paragleiten tödlich verunglückt. „Er war Zeit seines Lebens sehr sportlich, ist mit mir damals schon Regatten gefahren und er hat jeden Sport betrieben, den man sich nur vorstellen kann. Er hat mir die Freude am Sport vermittelt und ist leider bei der Ausübung seiner Leidenschaft gestorben.“
Ein kleines Geheimnis verrät der bronzene Strahlemann noch: „Kurz vor den Spielen in Rio habe ich mir in Prag die Olympischen Ringe unter die linke Achsel tätowieren lassen, obwohl ich überhaupt nicht der Typ dafür bin. Das war megaspontan.“
Das Zusammenleben mit Tanja funktioniert reibungslos. „Wir sind 250 Tage im Jahr zusammen und das auf einem Fleck, aber ich muss sagen, dass wir das ganz gut über die Bühne bringen. Wir respektieren uns, wir wissen, dass jeder von uns einen harten Job zu erledigen hat. Schwieriger ist es nur, wenn es sportlich einmal nicht so gut läuft. Da sind halt die Emotionen im Sport, aber bis jetzt haben wir das sehr gut hinbekommen. Jeder nimmt sich seine Freiheiten, die er braucht und das respektieren beide. Wir sind uns nie böse und schon gar nicht nachtragend. Wenn einer von uns einmal angefressen ist, dann stempeln wir das als ganz normale Menschlichkeit ab, die es ist, wenn man zusammenarbeitet.“



Zajac bewundert Ordnungssinn seiner Partnerin
 
Was würde Thommy als typisch Tanja bezeichnen? „Es gibt ein paar Dinge, die typisch Tanja sind und die ich sehr gut finde, weil das nicht ich typisch bin. Sie dokumentiert sehr genau, sie hält eine große Ordnung, sie erinnert mich, wenn Termine anstehen oder etwas organisiert werden muss. Die Tanja hat viele Dinge im Griff, die wichtig sind und mir helfen.“
 
Ihren Erfolg möchte das Duo mit vielen Leuten teilen. Was für Tanja Frank gilt, erklärt Zajac so: „Es gibt so viele Menschen, die von klein auf hinter mir gestanden sind. Ich bin ja schon viele Olympia-Kampagnen gefahren. Der Verband hat mich immer unterstützt, ich habe immer den Support bekommen. Das ganze System hinter dem Segelverband verdient diese Medaille. Wir sind als Team stark. Ohne die drei anderen Olympia-Boote wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen.“
 
Der Feier-Marathon startete im Hotel der Segler im Stadtteil Gloria, ging im Austria House weiter und dauert zur Stunde in irgendeiner Bar in Rio wohl noch immer an. Thommy ist ein Feierbiest und genießt den Erfolg. Tanja Frank macht mit, ist aber eher die stille Genießerin. Beide sind überglücklich und wissen, dass sie eine lange olympische Durststrecke für Österreich beendet haben.

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