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Rio? Nirgendwo lebt die Armut so nahe am Reichtum

Österreichs Segler so stark wie noch nie? Ja, behauptet Delle-Karth bei LAOLA1.

Rio? Nirgendwo lebt die Armut so nahe am Reichtum

Er sagt, was er denkt und er macht, was er sagt! Ein sturer Tiroler eben. Ein bergverliebter Segler, der aus dem verschmutzten Wasser vor Rio Edelmetall fischen will.

Nico Delle-Karth ist mit 32 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Über 200 Tage lang hat sich der Steuermann des 49er-Boots im Olympia-Revier auf seine vierten Sommerspiele vorbereitet. Jetzt will er gemeinsam mit Vorschoter Niko Resch die Früchte für die harte Arbeit ernten.

Das Duo startet die "Mission Medaille" am 12. August.

Nach einem sehr durchwachsenen Auftakt des österreichischen Olympia-Teams, liegen die rot-weiß-roten Medaillen-Hoffnungen in der Drecksuppe der Guanabara-Bucht vor Rio.

Der Müll ist zum größten Teil aus dem Wasser gefischt, der Gestank bleibt. "Jammern hilft nichts", sagen die Segler und starten die letzten Vorbereitungen für ihren Einsatz.

Österreich geht mit vier Booten (470er bei Damen und Herren, 49er der Herren und in der Klasse Nacra17) in die Wettfahrten um Edelmetall. "Jedes Boot kann eine Medaille holen", ist sich Nico Delle-Karth im LAOLA1-Interview sicher. Die Wettfahrten mögen beginnen. 

LAOLA1: Wie gelassen oder angespannt fieberst du deinen vierten Sommerspielen entgegen?

Nico Delle Karth: Es kribbelt seit der Einkleidung in Wien und es wird irgendwie jeden Tag mehr. Auf der anderen Seite bin ich doch gelassener als bei meinen drei Olympia-Starts in der Vergangenheit. Es sind für mich wieder ganz spezielle Spiele. In London vor vier Jahren war ich mit meiner Gefühlswelt nicht so im Reinen, ich habe sportlich nicht genau gewusst, wo ich umgehe. Damals war für mich völlig offen, was wir am Ende erreichen werden. Jetzt sind die Voraussetzungen top, wir sind wirklich bestens vorbereitet und daher sehe ich den Wettfahrten ruhig entgegen. Und ich sehe das Unternehmen auch mit mehr Aussicht auf Erfolg.

LAOLA1: Gibt es vor dem ersten Startschuss noch viel zu tun. Was sind die letzten Aufgaben?

Delle-Karth: Wir schauen, dass wir gut im Training drinnen bleiben und ein super Gefühl aufbauen. Wir haben zuletzt einmal einen Traumtag hingelegt und sind am nächsten Tag dann wieder weniger gute Wettfahrten gesegelt. Wir versuchen jeden Tag im Training jenes Gefühl herbeizuführen, mit dem wir in die Olympischen Rennen starten wollen.

LAOLA1: Ihr habt seit den Spielen in London über 200 Tage in Rio verbracht. Bietet das Olympische Segelrevier noch Überraschungen?

Delle-Karth: Es ist jedes Mal, wenn wir da sind, wieder anders. Aber es wiederholen sich immer wieder Schemen, die wir uns sehr gut eingeprägt haben. Dazu kommen ähnliche Winde, aber ganz andere Strömungsverhältnisse. Das macht das ganze so speziell. Einmal ist es so, dass wir den Wind richtig gut kennen, aber Strömungsverhältnisse vorfinden, die es zuvor noch nie gab. Und das nach 200 Tagen Training. Es ist ein sehr interessantes Revier, das alles zu bieten hat.


LAOLA1: Abseits des Wassers, was macht für dich Rio und seine Einwohner, die Cariocas, aus?

Delle-Karth: Ich finde den Lebensstil irrsinnig cool. Es ist sehr, sehr südländisch. Man darf nicht in jeden Straßenwinkel reinschauen und hoffen, dass es da sauber ist. Es ist chillig und es herrscht Party-Stimmung, es ist Lebensgefühl pur. Was mich negativ erstaunt ist, dass die Armut so nahe am Reichtum lebt. Das habe ich sonst noch nirgendwo auf der Welt gesehen. Was mir wirklich taugt, sind die Leute. Die Cariocas sind wahnsinnig offen und du hast immer das Gefühl, dass sie ehrlich und herzlich sind. Und das ist das schönste an Rio.

LAOLA1: Segeln nahe an den Zuschauern, was versprichst du dir von Rio diesbezüglich?

Delle-Karth: Ich hoffe sehr, dass wir neue Freunde gewinnen. Die Medal-Race-Bahn direkt hinter dem Zuckerhut ist prädestiniert dafür, dass gute TV-Bilder geliefert werden. Ich habe leider erfahren, dass die Zuschauertribüne dort nicht fertig wird, um das Medal Race zu verfolgen, aber man sieht die Segler eigentlich vom gesamten Flamengo Beach aus ideal. Wir versuchen so, unseren Sport den Leuten näher zu bringen und näher bei den Leuten zu segeln. Das macht die ganze Geschichte für uns noch komplizierter, denn je näher am Land, desto komplizierter werden die Verhältnisse. Aber das kommt uns als Österreicher eher entgegen.

LAOLA1: Rio hat sich in den letzten Jahren verändert. Bekommst du das als "Stammgast" mit?

Delle-Karth: Wir bekommen alles mit, auch was in Frankreich oder der Türkei abgelaufen ist, oder sonst irgendwo auf der Welt sich ereignet. Mir ist bewusst, welchem Risiko man sich aussetzt, wenn man an einem Großereignis teilnimmt. Im Vorfeld von Rio haben mich die ganzen Ereignisse sehr schockiert, ich habe aktuell das Gefühl, dass fast kein Tag vergeht, an dem mich nicht irgend eine tragische Meldung schockiert.

LAOLA1: Die Segler zählen zu Österreichs großen Medaillen-Hoffnungen. Ist das Druck oder Motivation?

Delle-Karth: Es wäre wunderschön, wenn es die Segler richten könnten. Ich hoffe aber auch, dass andere Sportarten Erfolge holen. Wir Segler haben uns super vorbereitet, der Verband hat ganze Arbeit geleistet und ist immer am Ball geblieben. Aber wir waren auch in London bereit und sind dann Vierter geworden, daher bin ich vorsichtig mit der Ankündigung von Medaillen. Wir haben im 49er zehn Nationen, die wirklich Top-Leistungen bringen. Vor allem in den letzten Wochen haben immer mehr Boote aufgezeigt und daher würde ich mich nicht trauen, Medaillen-Tipps abzugeben. Ich werde jedenfalls versuchen alles optimal ablaufen zu lassen und hoffe, dass wir am Ende im Medal Race die Chance haben, um das Podest zu kämpfen.

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LAOLA1: Die Segler sind seit den Spielen in London speziell gefördert worden. Haben sich die Bemühungen bisher bezahlt gemacht?

Delle-Karth: Auf jeden Fall. Das sogenannte Projekt Rio ist im Fall einer Medaille mit verantwortlich für den Erfolg. Die Förderung war groß und auch sehr gut. Wir haben dadurch fast ganz zu den großen Segel-Nationen aufschließen können. Um im Konzert der Großen mitzuspielen, braucht es aber mehr als vier Jahre Unterstützung. Am Ende des Tages ist Österreich immer noch ein Binnenland und wir können sehr stolz darauf sein, was der Segel-Verband und wir als Team bisher geleistet haben und dass wir so aufgestellt sind, wie wir in Rio antreten. Wir haben amtierende Weltmeisterinnen, zwei vierte Plätze bei WM und EM im Nacra-Boot, wir sind Vize-Welt- und -Europameister im Olympia-Jahr, die 470er sind ganz knapp dran gewesen an den Medaillen und mit vier derart starken Booten bei Olympia anzutreten, da gibt es kaum etwas Besseres.

LAOLA1: Sind alle auf den Punkt genau in bester Verfassung?

Delle-Karth: Wir tauschen uns nach jedem Trainings- und Segeltag aus. Es gibt sehr gute und weniger gute Tage. Am Ende geht es darum, wer die entscheidenden vier Olympia-Tage am besten hinbekommt. Ich kann guten Gewissens sagen, dass es alle vier Boot drauf haben, eine Medaille zu machen. Und das als Österreicher zu sagen, ist ziemlich geil.

Das Interview führte Peter Rietzler in Rio de Janeiro

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