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Absurd: Verband braucht Kredit wegen Förderungen

Das gibt es nur in Österreich: Vorzeige-Verband braucht wegen Förderungen einen großen Kredit.

Absurd: Verband braucht Kredit wegen Förderungen

Weitsichtige Planung, durchdachtes Konzept, konsequente Arbeit – und letztlich auch Erfolg in Form von Olympia-, WM- und EM-Edelmetall.

Die Segler (OeSV) gelten unter den heimischen Fachverbänden unbestritten zu den Musterschülern.

Umso mehr überrascht es, dass der OeSV einen Kredit über mehrere hunderttausend (!) Euro aufnehmen musste, um überhaupt liquide zu sein.

Gemäß LAOLA1-Informationen beläuft sich der Betrag sogar auf rund 800.000 Euro. Eine Summe, die OeSV-Präsident Herbert Houf jedoch nicht offiziell bestätigt. „So oder so ist jedoch Fakt, dass wir einen Kredit aufgenommen haben“, meint er.

Der Fehlbetrag hat allerdings nichts mit Misswirtschaft zu tun. Nein, er ist lediglich das Resultat der erstaunlich langsamen Förder-Abrechnung im österreichischen Sport.

Kreditzinsen im fünfstelligen Bereich

Im Fall der Segler geht es um die Förderungen aus dem "Projekt Rio". Zwar pumpte das Elite-Förderprogramm zuletzt jährlich fünf Millionen Euro in Österreichs größte Olympia-Hoffnungen, die Sache hatte für die Verbände jedoch einen kleinen Haken. Vorab werden nur rund zwei Drittel der Gelder ausbezahlt. Die Restrate folgt erst nach erfolgreicher Abrechnung, wodurch diese von den Verbänden vorfinanziert werden muss.

Thomas Zajac und Tanja Frank segelten in Rio zu Österreichs einziger Olympia-Medaille

Da die Förderabrechnung allerdings gehörig Zeit braucht, summiert sich bei den Verbänden die finanzielle Last.

„Da wir im Segel-Verband nun mal in der glücklichen Lage sind, dass wir sehr hohe Förderungen aus dem 'Projekt Rio' bekamen, haben sich die entstandenden Restraten zu einer entsprechenden Summe kumuliert", sagt Houf.

Konkret befindet sich der OeSV um die Restbeträge von 2015 sowie 2016 in Vorlage. Die Rechnungslegung vonseiten der Verbände muss zwar immer bis zum darauffolgenden Jänner-Ende – also recht zügig – geschehen, danach gerät die Förderabwicklung jedoch ins Stocken. Zumindest aus Sicht der Verbände.

Für den angesprochenen Kredit müsse der OeSV laut Houf "zwei bis drei Prozent" Zinsen berappen. Im Falle von 800.000 Euro würde das 16.000 bis 24.000 Euro Kreditzinsen bedeuten. Kein Pappenstiel.

Kalkulieren am Limit

Auch wenn die Segler aufgrund ihrer Förder-Höhe im "Projekt Rio" wohl das Extrem-Beispiel sind, stehen sie keineswegs alleine da.

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Im Rudern (ÖRV) waren bis vor kurzem 300.000 Euro ausständig. „Da nun endlich die noch fehlenden Gelder für 2015 eingetrudelt sind, sind es nur noch 230.000", erklärt Sportdirektor Norbert Lambing. Einen Kredit habe man nur deshalb umgehen können, da Ex-Präsident Helmar Hasenöhrl den Verband auf entsprechend starke Beine gestellt habe.

Nichtsdestoweniger ist die augenblickliche Situation brenzlig. „Im Moment sind wir nicht liquide, können nichts vorstrecken“, verweist Lambing etwa auf die knifflige Planung der kommenden Saison. „Bei einer Verzögerung von Auszahlungen stehen wir sehr schnell ‚nackt‘ da.“

Die engen Kalkulationen verdeutlichen, dass Entwicklungs-Fortschritte – in Verbindung mit höheren finanziellen Investitionen – selbst im Falle gestiegener Förderungen nur mit Komplikationen realisierbar wären.

Wie vonseiten des Fördergebers jedoch zu vernehmen ist, würden die Verbände auch ihren Teil zur Langwierigkeit beitragen. "Ich will die Leute vom Bund nicht von Schuld freisprechen, aber wenn ein Verband mit einer Jahres-Abrechnung, bestehend aus einem nicht zuordnenbaren Konvolut von hundert bis tausend Rechnungen, daherkommt, dann führt das eben zu einem Mehr-Aufwand", bringt ein Insider den Spagat zwischen Sicherstellung von korrektem Fördermittel-Einsatz und möglichst unbürokratischer Handhabung auf den Punkt.

Förderabrechnung vier Jahre später noch nicht fertig

Im Handball-Bund (ÖHB) bestehen ebenfalls Förder-Rückstände. Über deren genauen Höhe macht der ÖHB keine Angaben. „Nur so viel: Wir mussten deswegen keinen Kredit aufnehmen“, sagt Generalsekretär Martin Hausleitner.

Im Judo-Verband (ÖJV) ist man ob der geringeren Fördersummen aus dem „Projekt Rio“ in keine bedrohliche Vorlage geraten, von Schwierigkeiten mit den heimischen Förder-Abläufen weiß man aber ebenso ein Lied zu singen. So sei erst kürzlich eine Förderabrechnung von „Team Rot-Weiß-Rot“ aus dem Jahr 2012 wegen einer Unklarheit retourniert worden.

Vier Jahre danach!

Dieser Zeitraum verdeutlicht, wie groß der mutmaßlich buchhalterische Stau in den Förder-Instanzen sein muss bzw. welchen Puffer die Verbände mitbringen müssen, um liquide zu bleiben.

Hilfe in Sicht

Geht es nach den von LAOLA1 befragten Verbands-Funktionären, bildet die Vorfinanzierung und respektive Abrechnungsdauer der „Projekt Rio“-Förderungen die größten Schwierigkeiten. Aus Sicht von Houf müsste an zwei Stellschrauben gedreht werden.

„Zum einen müsste die Abrechnung der Restraten schneller funktionieren. Zum anderen muss man sich überhaupt fragen, warum wir nicht alles gleich im Vorfeld bekommen, schließlich brauche ich doch so oder so eine Förderzusage“, so der Segel-Präsident, für den auch Zwischenabrechnungen eine gangbare Alternative darstellen.

Dem Sportministerium ist die Problematik bekannt. Sportminister Hans Peter Doskozil brachte gegenüber einzelnen Funktionären bereits seine Verwunderung zum Ausdruck, dass sich diverse Verbände noch mit Abrechnungen aus dem Jahre Schnee herumschlagen müssen.

„Er hat schon sein Bemühen zugesichert, die Rückstände bis zum Jahresende ausgleichen zu wollen“, erklärt Hausleitner.

Hoffnungen werden diesbezüglich freilich auch in die geplante Sport-GmbH gesetzt, in welcher die Förderungen vonseiten des Bundes-Sportförderungsfonds, des "Projekt Rio" und des "Team Rot-Weiß-Rot" zusammengeführt werden sollen. Der Gesetzesentwurf dazu liegt nun vor und wird den Dach- und Fach-Verbänden am 19. Dezember vorgestellt.

Reinhold Pühringer

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