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Förder-Kahlschlag im Behindertensport

Der ÖBSV beklagt "fragwürdige Förderreduktion". Großer Profiteur ist der Ski-Verband.

Förder-Kahlschlag im Behindertensport

Der Behindertensportverband (ÖBSV) beklagt eine "fragwürdige Förderreduktion".

Durch die Einführung des neuen Bundes-Sportförderungsgesetzes und der damit verordneten Inklusion muss der ÖBSV heuer mit 183.000 Euro bei Maßnahmen- und Projektförderung auskommen.

Es sei dies die geringste derartige Fördersumme seit 2005, beklagt ÖBSV-Chefin Brigitte Jank und spricht angesichts der minus 39 Prozent gegenüber 2015 (300.000 Euro) sogar "von einem böswilligen Entzug unter dem Deckmantel der Inklusion."

"Das ist ein bedenkliches Vorgehen gegenüber den Schwächsten der Schwachen", ergänzt sie.

Gesamt sogar mehr Geld für den Sport

Trotz einer Steigerung der Förderungen an den gesamten organisierten Sport um rund zweieinhalb Millionen Euro bzw. drei Prozent im Vergleich zu 2015 wird der Behindertensport (Paralympisches Committee, Special Olympics, Behindertensportverband und die 16 inkludierenden Bundes-Sportfachverbände) laut ÖBSV um 134.000 Euro bzw. sieben Prozent weniger gefördert.

Generell hätten nur rund 2,3 Prozent der diesjährig von der Bundes-Sportkonferenz (BSK) beschlossenen Förderungen in der Gesamthöhe von rund 86,4 Millionen Euro die Widmung "Behindertensport".

Ski-Verband als größter Abfluss

Vor allem die Forderungen des inkludierenden Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) machen dem ÖBSV eigenen Angaben nach zu schaffen. Diesem seien zunächst mit 191.000 Euro gleich 47,75 Prozent der Gesamtsumme von 400.000 Euro aus dem Inklusionsförderansatz zugesprochen worden, die verbliebenen 209.000 Euro müssten sich die 15 anderen inkludierenden Sportfachverbände teilen.

So erhält laut ÖBSV etwa der Radsport als Nummer zwei hinter dem ÖSV 50.000 Euro, Pferdesport 30.000 Euro, Tischtennis und Eishockey je 25.000 Euro.

Dennoch forderte der ÖSV nach den Worten Janks weitere 100.000 Euro vom ÖBSV, obwohl die BSK dem Skiverband ohnedies zusätzlich zu seiner sonstigen Förderung einen Vorabzug von den im Jahre 2016 insgesamt mehr zur Verfügung stehenden Sportfördermitteln in der Höhe von 100.000 Euro für Maßnahmen im Behindertensport gewährt hatte.

Der ÖBSV bot daraufhin dem Bundes-Sportförderungsfonds (BSFF) u.a. an, den Ski-Kader teilweise oder komplett wieder in den ÖBSV einzugliedern. Dies wurde jedoch laut Behindertensportverband abgelehnt. Tags darauf beschloss die BSK am 15. März eine Reduktion der ÖBSV-Maßnahmen- und Projektförderung für das Jahr 2016 in der Höhe von 80.000 Euro, wodurch dem Behindertensportverband just in der paralympischen Saison nur noch 183.000 Euro zur Verfügung stünden.

"Ein nicht zu verkraftender Kahlschlag"

"Für uns als 'Groscherlrechner' bekannten Verband ist das ein nicht zu verkraftender Kahlschlag unserer beim Bundes-Sportförderungsfonds zur Unterstützung eingereichten Projekte", betonte ÖBSV-Generalsekretär Matthias Bogner.

"Für mich stellt sich auch die Frage, wer die sportpolitische Verantwortung übernimmt, wenn durch die nicht zur Verfügung gestellten Mittel die Sportentwicklung im ÖBSV stockt, sich Aktive für die Paralympics in Rio nicht qualifizieren können und Österreich bei künftigen Paralympischen Spielen sportlich schlechter als zuletzt abschneidet."

Für Bogner, der bis 2010 Sportdirektor des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC) war, reicht ein Blick auf die nackten Zahlen, um das Ungleichgewicht zu erkennen. "Der ÖSV erhält für die ausschließlich spitzensportspezifische Betreuung seiner zahlenmäßig überschaubaren, sich aus vier Behinderungsgruppen zusammensetzenden Skigruppe von rund 20 Personen in einer nicht-paralympischen Saison mehr Maßnahmen- und Projektförderung als der ÖBSV für seinen kompletten Aufgabenbereich in sechs Behinderungsgruppen in einem paralympischen Jahr. Nichts gegen den ÖSV, aber der ÖBSV hat hier mehr Gewicht und Verantwortung."

Großer Kader

So müsse der ÖBSV, der rund 100 Vereine mit knapp 6.500 Mitgliedern umfasst und für 35 - darunter 14 paralympische - Sportarten verantwortlich zeichnet, in diesem Jahr entsprechende Betreuungs- und Entsendungstätigkeiten finanzieren.

"Wir sprechen da von in Summe 150 Kader-Aktiven", hielt Bogner fest. "Und dazu kommen dann auch noch Kosten für dazugehörige Sportentwicklung, Nachwuchsarbeit und Ausbildungstätigkeit."

Von ÖSV-Seite war vorerst keine der zuständigen Personen für eine Stellungnahme erreichbar.

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