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Und plötzlich ist von Krise die Rede

Klare Test-Niederlagen führen zu einem Déjà-vu in der Handball-Nationalmannschaft.

Und plötzlich ist von Krise die Rede

28:34 und 25:32 gegen Portugal. 16:33 gegen Deutschland.

Drei Testspiele, drei Niederlagen.

Da kann es schon einmal vorkommen, dass bei den ÖHB-Verantwortlichen das Telefon läutet und die Frage nach einer Krise gestellt wird.

„Nein, wir befinden uns nicht in einer Krisensituation“, stellt ÖHB-Generalsekretär Martin Hausleitner deshalb vor dem am Donnerstag beginnenden Drei-Länder-Turnier in der Südstadt gegen Tschechien (Do., 19:30 Uhr) und die Schweiz (Sa., 15 Uhr) klar.

Offenbar besteht gerade nach dem doch sehr deutlichen Ergebnis gegen die für die WM probenden Deutschen doch Erklärungsbedarf. Wenngleich die Niederlage ob der Vorzeichen alles andere als überraschend kam, war ihre Höhe dann doch ernüchternd.

Bessere Ausgangslage

Innerhalb des ÖHB scheint man sich durch Zurufe von außen jedenfalls nicht verunsichern zu lassen. „Ich habe mich bei der Niederlage am Dienstag in das Jahr 2006 zurückversetzt gefühlt“, holt Hausleitner aus. Damals kassierte Österreich vor 7.500 Zuschauern in Dortmund gegen den Gastgeber der WM 2007 eine 22:35-Klatsche.


ÖHB in der Krise? Johannesson steht Rede und Antwort:


„Die haben uns damals abgeschlachtet“, erinnert sich Patrick Fölser. Dabei zählte der mittlerweile zurückgetretene Kreisläufer mit vier Toren an jenem Abend noch zu den Lichtblicken aus rot-weiß-roter Sicht.

Damals wie heute befindet man sich ungefähr drei Jahre vor einer Heim-EM. Und damals wie heute gilt es, das langfristige Ziel – beim Turnier vor eigenem Publikum zu reüssieren – im Auge zu behalten.

„Auch wenn das -17 gegen Deutschland diesmal genauso schmerzt, steht außer Frage, dass wir mit Blick auf die Heim-EM nun auf einem deutlich höherem Niveau einsteigen als vor zehn Jahren“, ist Hausleitner sowohl vom Spielermaterial als auch vom Umfeld überzeugt.

Eine einfache Formel

Testergebnisse seien demnach also nicht überzubewerten. „Arbeitsaufnahmen“ nennt sie Hausleitner und teilt damit die Sichtweise von Teamchef Patti Johannesson. „Im Nationalteam müssen wir die Spiele nutzen, um etwas zu üben“, findet der Isländer in allen drei Partien sowohl positive als negative Aspekte.

ÖHB-Teamchef Patrekur Johannesson

Für wen das jetzt nach „Schönreden“ klingen mag, der kann beruhigt sein, denn der Bruder des neuen isländischen Staatspräsidenten geht mit den einzelnen Spielern hart ins Gericht. Er scheut auch nicht davor zurück, Fehler öffentlich anzusprechen.

Beispiele gefällig?

Beim kürzlich von einer Kreuzband-Verletzung zurückgekehrten Tobias Wagner ortet er noch konditionelle Mängel, Christoph Neuhold habe gegen Deutschland taktische Disziplin vermissen lassen und Seppo Frimmel fehle noch ein Stück auf das internationale Niveau. Fabian Posch sei für ihn mangels Einstellung gar kein Thema mehr.

Was der 44-Jährige – der freilich auch loben kann – von seinen Spielern will, kann auf eine einfache Formel runtergebrochen werden: „Sie müssen Handball leben.“ Ein Credo, welches ein Stück weit versucht, die isländische Handball-Mentalität in die semi-professionelle österreichische Szene hineinzutragen.

Jugend forscht

Für Johannesson gilt es freilich, Spieler zu entwickeln. Was auch notwendig ist. Letztendlich sind mit Größen wie Viktor Szilagyi, Vytas Ziura, Patrick Fölser oder Roland Schlinger in den vergangenen Jahren über 1.000 Länderspiele Erfahrung in den Ruhestand getreten.

Vom aktuellen Kader haben nur vier Spieler mehr Einsätze auf dem Konto als der erst 20-jährige Nikola Bilyk (32). Elf Mann des 17-köpfigen Kaders haben maximal 22.

Dass mit der Quali für die EM 2018, die ab Mai mit den Spielen gegen Spanien, Finnland und Bosnien-Herzegowina weitergeht, relevante Zwischenziele auf dem Plan stehen, ist auch Johannesson und Co. bewusst. Doch bis dahin dürfen sie ruhig noch nach Belieben herumexperimentieren.

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