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"Sehe keinen Österreicher, der nahe an der F1 ist"

Toto Wolff über die Youngster Auer und Habsburg. Was sich die F1 von der NFL abschauen kann.

Die Formel 1 steht möglicherweise vor einer Zeitenwende.

Nach der Übernahme der Vermarktungsrechte durch Liberty Media hoffen viele darauf, dass die Spezialisten aus den USA die Motorsport-Königsklasse zukunftsfit bekommen.

Dazu zählt auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, der viel Aufholbedarf in neuen Geschäftsfeldern sieht. Revolutionäre Neuerungen schließt er vorerst aus.

Seine eigene Rolle sieht Wolff weiter beim Mercedes-Konzern, der ihn 2013 in seine Funktion hievte. Dort hätte er auch die Möglichkeit, den nächsten österreichischen Formel-1-Piloten aufzubauen, "aber im Moment sehe ich keinen", erklärte der Wiener im Gespräch mit der APA.

"Die Amerikaner haben in vielen Bereichen Know-how: Monetarisierung von Fernsehrechten, wie ihnen das mit der NFL gelungen ist - Digitalisierung - Entertainment."

Wolff über die F1-Zukunft

Frage: Die Formel 1 fährt jetzt unter US-Flagge. Wie historisch ist dieser Deal und warum beurteilt nahezu jeder im Formel-1-Zirkus die Übernahme durch Liberty Media so positiv?

Toto Wolff: Weil man grundsätzlich aufgeschlossen sein muss, wenn ein Medienunternehmen wie Liberty sich langfristig als Eigentümer engagiert. Die verstehen Medien, das ist kein Private-Equity-Unternehmen, das aus der Natur der Sache ausschließlich an einem finanziellen Profit interessiert ist. Die Amerikaner haben in vielen Bereichen Know-how: Monetarisierung von Fernsehrechten, wie ihnen das mit der NFL gelungen ist - Digitalisierung - Entertainment. All das sind Dinge, wo wir auch in der Formel 1 Verbesserungspotenzial haben.

Frage: In den großen US-Sportligen gibt es eine annähernd gleiche Aufteilung der Einnahmen auf die Teams bzw. sogar Mechanismen, durch die finanzschwächere Teams mehr bekommen. Damit soll verhindert werden, dass ein paar wenige reiche Teams zu dominant werden. Fürchtet man bei Mercedes, dass dieser Ansatz auch in der Formel 1 kommt?

Wolff: Man muss natürlich immer versuchen, eine gute Balance zu finden zwischen den kleinen Teams und den großen Teams. Wenngleich wir natürlich völlig andere Aufgaben haben. Die großen Teams haben eine sportliche und eine Marketing-Aufgabe für große Konzerne, manche der kleinen Teams sind Hobbys von sehr vermögenden Unternehmern. Deswegen ist es schwierig, da immer gleiche Rahmenbedingungen zu schaffen. Ich weiß nicht, ob es positiv oder negativ ist. Fürchten tun wir uns vor gar nichts.

Frage: Ist es überhaupt möglich, dass die Amerikaner mit dem Umsatz noch einmal in eine andere Dimension verstoßen? Wo sind die Grenzen des Wachstums?

Wolff: Ich denke, es gibt für kein Unternehmen und auch für keinen Sport Wachstumsbegrenzungen. Es gibt immer Potenzial, sich weiterzuentwickeln, und gerade mit der Digitalisierung und den Sozialen Medien gibt es Bereiche, die wir noch nicht monetarisiert haben. Insofern glaub' ich, dass die Formel 1 weiter wachsen kann.

Frage: Haben die Rennställe schon mehr erfahren, was eventuelle Veränderungen angeht? Grundsätzlich sind den Amerikanern ja weitgehend die Hände gebunden, zumal das Concorde Agreement noch bis 2020 in Kraft ist.

Wolff: Wir haben eine stabile Situation bis 2020. Wir haben ein bilaterales Agreement mit dem Rechteinhaber und der FIA (Internationaler Automobilverband, Anm.), dass wir bis 2020 so weitermachen. Da ändert auch die Eigentümerschaft überhaupt nichts daran. 2020 wird man sich das neu anschauen und überlegen, was das Richtige für uns als Team ist.

Frage: Sie sind immer wieder als möglicher Nachfolger von Geschäftsführer Bernie Ecclestone genannt worden. Wäre das in der neuen Konstellation grundsätzlich eine spannende Aufgabe?

Wolff: Es ist überhaupt kein Thema für mich. Ich bin bei Mercedes und bin happy. Mir gefällt einerseits die sportliche Rolle, uns jedes Wochenende messen zu können auf der Rennstrecke, und andererseits der wirtschaftliche Aspekt daran. Das sind die zwei Welten, in denen ich zu Hause bin, und hier kann ich sie verbinden. Ich hab' ein ausgezeichnetes Verhältnis zu Niki (Lauda; Anm.) und dem Vorstand rund um Dieter Zetsche, ich fühl' mich im Team mit unseren Mitarbeiten sehr wohl.

Frage: Wann wird der Mercedes-Zweikampf um die WM zwischen Hamilton und Rosberg Ihrem Gefühl nach entschieden sein?

Wolff: Ich glaube, dass es bis ganz zum Ende gehen wird. Man sieht, wie sich die beiden einen Schlagabtausch liefern - einmal der eine, einmal der andere. Insofern ist es ein bisschen schwierig, in die Glaskugel zu schauen. Im Moment sind sie auf einem sehr ähnlichen Niveau.

Frage: Was ist, wenn es vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi noch ein-, zweimal zum Crash mit Doppelausfall kommt? Wird dann die Stallorder eingeführt?

Wolff: Diese Sorge schwingt immer mit. Einerseits verstehen wir natürlich die Rivalität, die ist sehr intensiv zwischen den beiden. Aber andererseits ist es auch wichtig, dass man den Respekt hat gegenüber dem Team - und das haben die beiden. Das hat bis jetzt mit kleineren Wehwehchen immer gut funktioniert.

"Ein Rennfahrer muss immer von der Formel 1 träumen, und er hat es ja am Beispiel Wehrlein gesehen, der mit dem Sieg in der DTM sich für die Formel 1 und höhere Aufgaben empfohlen hat. Diese Tür ist für den Luki immer offen."

Wolff über Lucas Auer

Frage: Anderes Thema. Lucas Auer hat sich in der DTM zuletzt auf dem Nürburgring als Zweiter wieder sehr stark präsentiert. Er hat immer klar gesagt, dass sein Ziel ist, irgendwann in der Formel 1 zu fahren. Ist es bei Mercedes ein Thema, ihm bald bei Manor eine Chance zu geben?

Wolff: Ein Rennfahrer muss immer von der Formel 1 träumen, und er hat es ja am Beispiel Wehrlein gesehen, der mit dem Sieg in der DTM sich für die Formel 1 und höhere Aufgaben empfohlen hat. Diese Tür ist für den Luki immer offen. Im Moment freue ich mich, dass es für ihn in der DTM so gut funktioniert, und das Wichtigste ist für mich, dass er in der DTM weiter erfolgreich ist. Was dann kommt, wird man sehen.

Frage: Gibt es für Mercedes ein bestimmtes Kriterium, muss er etwas Bestimmtes leisten? Pascal Wehrlein ist ja als Champion in die Formel 1 zu Manor gekommen.

Wolff: Nein. Einfach gute Leistungen bringen, wie das der Pascal gemacht hat.

Frage: Wie genau verfolgen Sie den Werdegang von Ferdinand Habsburg?

Wolff: Ich kenne den Ferdinand schon viele Jahre, schon als Jungen im Gokart, und mag die Familie gerne. Es freut mich, dass er so erfolgreich ist. In der Formel Renault Eurocup aufs Podium zu fahren, ist sehr gut. Das hat es schon lange nicht gegeben für einen Österreicher. Aber er ist noch in den Junior-Kategorien und muss schauen, dass er weiter erfolgreich ist.

Frage: Wissen Sie, wie groß er wirklich ist?

Wolff: Ich glaube, er ist so groß wie ich, also über 1,90.

Frage: Ist das nicht zu groß für ein Formel-1-Auto?

Wolff: Der Ferdinand Habsburg hat so viele Möglichkeiten in seinem Leben. Ob er Rennfahrer wird in einem Formel-Auto oder, wenn er dafür zu groß ist, in einem Tourenwagen oder sonst irgendwelche Aktivitäten umsetzt... Er ist ein klasser junger Kerl, hat den Kopf an der richtigen Stelle und das richtige Umfeld. Es macht Spaß das anzuschauen.

Frage: Wenn Sie eine Prognose abgeben müssten: Wann wird es wieder einen Österreicher in der Formel 1 geben?

Wolff: Ich würd' mir wünschen so schnell wie möglich. Aber im Moment sehe ich keinen, der nahe an der Formel 1 dran ist.


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