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"Ich weiß jetzt, wie das Spiel läuft"

Mit mehr Abgebrühtheit geht Lucas Auer in die zweite DTM-Saison:

Manchmal kann es ganz schnell gehen.

Da wird ein 17-Jähriger in ein Formel-1-Cockpit gesetzt, liefert allen Zweiflern im ersten Jahr den Beweis, dass er es doch drauf hat, und fährt daraufhin schon in seiner zweiten Saison für ein Top-Team.

Im Gegensatz zum rasanten Aufstieg von Max Verstappen sind es kleine Schritte, die den drei Jahre älteren Lucas Auer an die Spitze bringen sollen.

Konsequente Lernarbeit steht beim Tiroler auf dem Plan, seit vorigem Jahr in der Deutschen Tourenwagen Masters. Ab diesem Wochenende geht es für ihn in das zweite Jahr.

Mit dem prominenten Onkel Gerhard Berger im Hintergrund kann sich der nur 1,66 Meter große Kufsteiner den Fragen nach einer möglichen Zukunft in der Königsklasse kaum erwehren.

Die ganze Konzentration in der Gegenwart gehört aber der DTM – anders wären Fortschritte auch nicht möglich.

So läuft der Hase

Die zurückhaltende Art ist Auer geblieben, dennoch merkt man ihm vor dem Auftakt schon im Gespräch das gesteigerte Selbstbewusstsein an.

"Ich habe letztes Jahr viel gelernt, es war ein gutes Lehrjahr. Nicht nur auf der Strecke, sondern in vielen Bereichen. Das konnte ich im Winter analysieren und bin mir nun sicher, mental auf einem anderen Level zu sein", bestätigt der Jungspund im Gespräch mit LAOLA1 die sichtbaren Spuren der Entwicklung.

"Ich weiß jetzt, wie das Spiel in der DTM abläuft und kenne meine Position bei Mercedes. Ich kenne das Auto, die Reifen, die Leute mit denen ich arbeite – und weiß, wen davon ich eng bei mir halten muss, um Erfolg zu haben."

Der Verbleib in der Serie wurde erst im Februar fixiert. Komplett zufriedenstellend verlief die Rookie-Saison nicht.

Besonders zu Beginn fiel der Neuling – außer mit der knallrosa Lackierung seines Gefährts – mit kleinen Pannen auf. Etwa einem Crash in der Aufwärmrunde, gleich am ersten Wochenende. In der Endabrechnung landete Auer auf Rang 23 von 24.

Aber aus Fehlern lernt man. "Ich möchte gar keine vermeiden, denn sie haben mich trotzdem dorthin gebracht, wo ich jetzt bin. Fehler machen dich schneller – sie bringen dich zum Arbeiten und ans Ziel. Nur doppelt machen will ich keinen."

Mercedes hetzt nicht

Dass der Kufsteiner den Speed mitbringt, konnte er beweisen. Zwei sechste Plätze – einer davon beim schwierigen Regenrennen im Heimspiel am Red Bull Ring – standen letzten Endes ebenso zu Buche wie eine Überraschungs-Pole am Nürburgring.

Dass nun schon mehr herauskommen soll, ist logisch. "Wenn einmal ein perfektes Wochenende zustande kommt, traue ich mir zu, auf ein Podium zu fahren."

Überhöhte Erwartungshaltung von außen spürt Auer dabei aber nicht.

"Bei Mercedes ist man super aufgehoben, sie versuchen, dir den Druck zu nehmen und auszuhelfen, damit du frei fahren kannst. Das macht dich am Ende schnell", sieht der 21-Jährige einen großen Vorteil darin, bei der Marke mit dem Stern fahren zu dürfen.

"Es heißt nicht: ‚Wenn du dieses Jahr nicht unter den Top 10 bist, gehst du‘. Aber man muss Konstanz zeigen und beweisen, dass man jemand für die Zukunft ist. Das ist der größte Druck, den man hat."

Immerhin: Der letztjährige Champion Pascal Wehrlein pilotierte ebenfalls einen Mercedes. Nun darf der Deutsche sein Talent in der Formel 1 bei Manor beweisen.

Der Gang zu Mücke

Eine weniger offensichtliche Parallele zu seinem Ex-Kollegen zieht sich im Hintergrund. 2016 hat Auer das Team gewechselt, fährt nun für Mücke Motorsport. Das Team, in welchem Wehrlein 2013 sein erstes DTM-Jahr in Angriff nahm.

Diese Rochade ist eine logische Folge der Gegebenheiten im fast unveränderten Mercedes-Kader. Einziger Neuling ist der Franzose Esteban Ocon, der bei Auers ebenfalls französischem Ex-Team ART Grand Prix starten darf.

Der freie Platz bei Mücke neben Christian Vietoris schrie förmlich nach dem Österreicher. 2014 bestritt er seine zweite Formel-3-Saison für diese Truppe.

"Ich fühle mich dort irrsinnig wohl, habe auch ein spezielles Verhältnis mit Teamchef Peter Mücke. Für mich ist es also kein Nachteil. Aber grundsätzlich arbeiten wir Mercedes-intern so offen, dass es nicht mehr so wichtig ist, bei welchem Team man ist", sagt Auer über die kleine Änderung.

Diese Zusammenarbeit wird auch notwendig sein. Mercedes hat das Einsatzfahrzeug gewechselt, bringt eine neue Version des "C63 DTM" an den Start.

Bei den Tests machte das neue Gefährt keine schlechte Figur. "Momentan geht es darum, herauszufinden, was die Stärken sind und wo wir noch nachbessern müssen. Die Wahrheit sieht man erst im ersten Qualifying", so Auer über das neue Arbeitsgerät.

"Es geht generell eher um Umstellungen in Sachen Setup, nicht um die großen fahrerischen Herausforderungen."

Schritt für Schritt

Ein weiterer Unterschied zum Vorjahr ist, dass schon das zweite Wochenende (20.-22. Mai) in Spielberg ausgetragen wird. Der bisherige Termin kann aufgrund des neuen MotoGP-Rennens Mitte August nicht mehr in Anspruch genommen werden.

Vielleicht ein Vorteil, schon früh im Jahr Heimvorteil genießen zu können. "Warum nicht? Ich finde das toll. Immerhin freue ich mich immer darauf, dort zu fahren."

Vorher gilt der Fokus aber Hockenheim. Denn Auer weiß: "Die DTM ist so eng, da muss alles passen, damit man Erster wird, darf sich keinen Fehler leisten. Man muss Schritt für Schritt gehen."

Wie klein sie auch sein mögen – wichtig bleibt das Ziel. "Und ich werde nicht eher ruhen, bevor ich nicht ganz oben bin."

 

Johannes Bauer

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