Es heißt nicht zu Unrecht, dass der Sport immer wieder die schönsten Geschichten schreibt.

Eine wunderbare Story und gar Sporthistorisches ereignete sich am 11. Juni 1995. Was wäre das für ein Highlight, könnte sich die großartige Geschichte schon bald wiederholen. Sporthysterisches liegt in der Luft. Ich träume bereits von einem Déjà-vu-Erlebnis, auch wenn ich 2017 - im Gegensatz zu jenem Sonntag vor 22 Jahren - nicht in Dublin sein werde…

Damals, am 11. Juni 1995, gewann Thomas Muster als erster und bislang einziger Österreicher die French Open in Paris. Der Steirer triumphierte im Endspiel von Roland Garros gegen den US-Amerikaner Michael Chang mit 7:5, 6:2 und 6:4. Doch damit nicht genug. Während Muster in Paris freudestrahlend mit seinem Pokal in den Armen vor die Weltpresse trat, sorgte die ÖFB-Auswahl in Dublin für einen spektakulären 3:1-Erfolg in der EM-Qualifikation gegen Irland.

Der totale Triumph in rot-weiß-rot blieb aus, als der Tiroler Gerhard Berger Minuten nach dem Schlusspfiff in Dublin beim Grand Prix von Kanada in Montreal nach nur vier Runden in eine Kollision verwickelt war, aufgeben musste und sein französischer Ferrari-Teamkollege Jean Alesi seinen einzigen Formel-1-Sieg nach Hause fuhr.


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Meine Erinnerungen an den legendären Super-Sonntag sind hellwach. Als Redakteur der Tageszeitung „täglich Alles“ verfolgte ich die Sternstunden des heimischen Sports in der irischen Hauptstadt.

Das French-Open-Finale musste ich mir im Hotelzimmer ansehen, da in der Lobby und an der Bar des ÖFB-Medien-Quartiers die irischen Fußballfans ihr „Vorspiel“ feierten. Das Bier floss in Strömen, auf den TV-Monitoren lief Rugby. Tennis war und ist in Irland in etwa so exotisch wie hierzulande Cricket. Apropos Rugby. Als Muster seinen Matchball verwertete, waren wir gerade auf der Fahrt ins legendäre Stadion an der Landsdowne Road. Die berühmt berüchtigte Arena war die Heimstätte der irischen Rugby-Nationalmannschaft und das älteste Rugby-Stadion der Welt.

Das Besondere an der altehrwürdigen Arena. Die Gleise der Bahnstrecke führten direkt unter der Westtribüne, auf der auch der Pressebereich beherbergt war, hindurch. 2007 ist die Spielstätte der EM-Quali-Partie Irland gegen Österreich abgerissen worden. Das Spiel war dramatisch, die Atmosphäre einzigartig. Die ÖFB-Auswahl stand in der Ausscheidung für die EURO 1996 in England – wie auch an diesem Sonntag – mit dem Rücken zur Wand. Auf Teamchef Herbert Prohaska und seine Truppe wartete ein echtes Schicksalsspiel.


Muster gegen Chang - das gesamte French-Open-Finale von 1995:

(Der Matchball ab 1:56:19)

Der Muster-Weg zum French-Open-Sieg:

Runde Gegner Ergebnis
1 Gerard Solves (FRA/Q) 3:6,6:4,6:2,6:1
2 Cedric Pioline (FRA) 6:1,6:3,6:3
3 Carlos Costa (ESP) 6:3,7:5,6:2
AF Andrij Medwedjew (UKR) 6:3,6:3,6:0
VF Alberto Costa (ESP) 6:2,3:6,6:7(6),7:5,6:2
HF Jewgeni Kafelnikow (RUS/9) 6:4,6:0,6:4
F Michael Chang (USA/6) 7:5,6:2,6:4

Muster im Sieger-Interview mit Gerhard Zimmer:


Die Nerven lagen blank. Stamm-Torhüter Otto Konrad verletzte sich im Abschluss-Training am Rücken, Michael Konsel musste einspringen. Der nunmehrige Rekord-Internationale Andi Herzog wurde zum Buhmann, weil er den Trip nach Dublin gar nicht mitmachte und stattdessen 24 Stunden vor dem entscheidenden Quali-Spiel mit Werder Bremen in der deutschen Bundesliga gegen Karlsruhe (2:1-Sieg) die Tabellenspitze verteidigte. Geschützte Termine für Länderspiele gab es damals noch nicht.

Der ORF mietete nur einen Steinwurf von der Corner-Fahne entfernt einen Raum im Bereich des Zeugwarts an, um einen runden Tisch zur „ÖFB-Krise“ zu organisieren. Sportchef Elmar Oberhauser wurde extra eingeflogen, Otto Baric war außertourlich als Co-Kommentator engagiert worden und wäre später auch Gast am runden Tisch gewesen.

Die Betonung liegt auf wäre! Österreich geriet in der 67. Minute zwar in Rückstand, aber Toni Polster mit zwei Treffern und der eingewechselte Andi Ogris mit seinem Tor drehten die Partie binnen zehn Minuten. Aus einem 0:1 wurde ein 3:1-Erfolg. Der Jubel über Österreichs ersten Sieg in Irland war riesengroß, der „runde Tisch“ war abgesagt.

Chefredakteur Peter Rietzler erinnert sich

Unvergessen in erste Linie aber auch die Reaktion der über 30.000 irischen Fans auf der Tribüne. Trotz der bitteren Heim-Pleite und ein den Österreichern mehr als gnädig gesinnter Schiedsrichter (Dr. Markus Merk aus Deutschland) gab es nach dem 1:3 keine Pfiffe oder anderswertige Unmuts-Kundgebungen. Im Gegenteil. Die irischen Fans applaudierten lautstark und stehend den Österreichern zu und stimmten ihre unverwechselbaren Gesänge an.

Meinem Journalisten-Kollegen Sigi L., heute Redakteur bei „Der Standard“, kullerten die Tränen der Rührung über die Wangen. Gänsehaut-Feeling pur. Nicht nur ich bin seither großer Bewunderer der irischen Fußball-Fans, die jedes internationale Spiel mit ihrer Anwesenheit bereichern.

Statt dem Abgesang auf die ÖFB-Auswahl wurde Dublin 1995 zum Festtag für die Mannschaft von Herbert Prohaska, die ein halbes Jahr später - wie auch die Iren - dennoch an der EM-Qualifikation scheiterte.

Ob Sonntag, der 11. Juni 2017, wieder Sporthistorisches für Österreich zu bieten hat, wird sich bereits am Freitagnachmittag weisen, wenn Thiem gegen Nadal um den Einzug ins French-Open-Endspiel antritt. Ihm traue ich wie der ÖFB-Auswahl in Dublin einen Sieg zu.

Das mit dem französischen F1-Erfolg in Montreal wird wohl eher schwierig, ist aus rot-weiß-roter Sicht aber nebensächlich. Dafür würde jedoch ein Heim-Triumph von Golf-Ass Bernd Wiesberger bei den Lyoness Open in Atzenbrugg den Super-Sonntag endgültig zum Freudentag machen.


ÖFB-Team siegt 3:1 in Irland - die Tore:

(Kommentator: Hans Huber, legendärer Co-Kommentator: Otto Baric)


Peter Elstner führte Interviews mit Schöttel, Konsel, Polster und Ogris:


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