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Marcels Masterplan: Klug nicht feig

Warum Marcel Hirscher in Schladming nicht feig sondern klug war. So tickt der Ski-Star:

Marcels Masterplan: Klug nicht feig

Die wohl spektakulärste Woche der Ski-Saison liegt hinter uns.

Kitzbühel und Schladming waren einmal mehr Werbung pur für den Sport. Perfektes Wetter, tolle Kulisse, packende Rennen – wer dem Skisport bei diesen Rennen nichts abgewinnen kann, wird es wohl nie können.

Ein Mann stand dabei wieder einmal im Mittelpunkt: Marcel Hirscher. Der 27-Jährige steht in der Gunst der Fans ganz oben. Wenn er fährt, bebt der Zielraum noch mehr – wenn er in Führung geht, wird es nochmals um zehn Dezibel lauter.

Grund sind die grandiosen Erfolge des Annabergers kombiniert mit seiner natürlichen Art. Dennoch fragen sich viele Leute, was hinter steckt.

Mittlerweile bin ich seit drei Jahren im Ski-Weltcup dabei und behaupte ganz gut einschätzen zu können, wie Marcel Hirscher wirklich tickt.

So denkt Hirscher nicht

„Unten hinaus war ich zu feig“, sagte er nach dem zweiten Platz beim Nightrace. Fehlende Courage kann man jemanden, der sich im Super-G mit 130 Sachen einen senkrechten Eislaufplatz hinunterwagt, oder der Motocross zu seinen Hobbies zählt, aber wohl kaum vorwerfen.

Ich würde es anders formulieren: Ersetze „feig“ mit „klug“. Denn Hirscher hat ein großes Ziel – den sechsten Gesamtweltcupsieg in Serie. Dafür tut er alles. Auch wenn er nicht müsste – er will.

Für manche mag es aufgrund des großen Vorsprungs bereits jetzt klar erscheinen, dass er den „depperten Glasbecher“ erneut holen wird – so denkt dieser Mensch aber nicht. „Immer weiter, immer weiter“, hört man von ihm. Bis es rechnerisch nicht mehr anders möglich ist, lässt sich der Salzburger nicht gratulieren.

Also geht er es taktisch an. Auch, wenn ihn die vielen zweiten Plätze in dieser Saison nicht wirklich zufriedenstellen, für den Gesamtweltcup ist diese Konstanz Gold wert. Ausfälle darf und will er sich nicht leisten.

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Auf der Planai legte Hirscher im zweiten Durchgang zunächst ein Feuerwerk hin, ehe er im unteren Bereich leichte Probleme hatte. So nahm er in den letzten Toren etwas das Tempo heraus, was Henrik Kristoffersen wiederum nutzen konnte, um noch an ihm vorbeizuziehen.

Und nein, das war nicht feig von Hirscher. Er hätte den Mut, voll durchzuziehen. Er hätte das Können. Aber er geht dieses Risiko bewusst nicht ein. Besser 80 Punkte als null.

Sein „Masterplan“

Denn der Atomic-Pilot hat einen „Masterplan“. Dieser sieht vor, den sechsten Gesamtweltcupsieg in Folge bereits vor der WM in St. Moritz (6. bis 17. Februar) so gut wie sicher zu haben.

Bis dahin stehen noch zwei Technik-Rennen an, der RTL in Garmisch am Sonntag und das City-Event in Stockholm zwei Tage danach.

Nach dem Großereignis sind es nur noch vier Technik-Rennen (zwei RTL, zwei Slaloms). Baut Hirscher seinen Vorsprung von aktuell 368 Punkten auf Kristoffersen in den zwei Rennen vor der WM auf über 400 aus, ist ihm die große Kugel selbst im Fall der Fälle nicht mehr zu nehmen.

Okay, da gibt es noch Alexis Pinturault (447 Punkte Rückstand) und Kjetil Jansrud (616 Rückstand). Aber wo sollen die beiden diesen riesigen Rückstand aufholen? Fast nicht möglich.

Fährt Hirscher mit über 400 Zählern Vorsprung zur WM, hat er die große Kugel in der Tasche. Das weiß auch er selbst. Meiner Meinung nach wäre das die größte Leistung, die je ein Skiläufer vollbracht hat. Vergesst die 86 Weltcupsiege von Ingemar Stenmark. Vergesst Hermann Maiers Punkterekord von 2.000 Zählern. Sechs Gesamtweltcupsiege in Serie. S-E-C-H-S. Das muss man sich einmal vor Augen halten. Im Frühjahr 2011 stemmte mit Ivica Kostelic zuletzt ein anderer Läufer die Kugel in die Höhe. Damals war übrigens ein gewisser Didi Constantini Teamchef des ÖFB-Teams. (Ja, das ist in der Tat sehr lange her).

Zum Vergleich: Es schaffte schon kein Läufer, den Glasbecher fünf Mal in Folge zu holen. Mit dem sechsten Triumph würde Hirscher seinen eigenen Rekord an Seriensiegen nach oben schrauben und auch an Gesamtweltcupsiegen insgesamt an Marc Girardelli (5) vorbeiziehen.

Das ist Dominanz pur. Dazu gehört so viel mehr, als man sich als „Normalsterblicher“ vorstellen kann. So viel harte Arbeit, so viel Verzicht. Unter anderem hin und wieder der Verzicht auf Rennsiege. Weil zweite und dritte Plätze dafür besser sind als Ausfälle. Und genau das wurmt Hirscher selbst am meisten. Denn eigentlich will er jedes Rennen gewinnen, wahre „Psychokriege“ mit sich selbst sind die Folge.

Umso beachtlicher ist es eigentlich, dass er trotz all der Kalkulationen im RTL gemeinsam mit Pinturault und im Slalom mit Kristoffersen in einer eigenen Liga fährt. Ein weiterer Beweis für seine Klasse.

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