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Weltfußballer? "Ronaldo hat die Nase vorne"

Bodo Illgner im Interview. Seine Einschätzung zum "Clasico" und Lob für Navas.

Weltfußballer?

Das Spiel aller Spiele steht endlich wieder vor der Tür: „El Clasico“.

Zu sehen am Samstag ab 17:45 Uhr LIVE bei LAOLA1.tv im Web und im Free-TV auf Kanal 398 bei A1 TV.

Die Ausgangslage für die beiden Großklubs ist unterschiedlich. Champions-League-Sieger Barcelona liegt mit drei Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze. Bei Real sorgte dagegen die 2:3-Pleite beim FC Sevilla zuletzt für Unruhe.

Rafa Benitez steht schon nach wenigen Wochen unter Druck. Das hat auch Bodo Illgner mitbekommen. Der deutsche Weltmeister von 1990 kennt das schwierige Umfeld der „Königlichen“. Zwischen 1996 und 2001 stand er für Real zwischen den Pfosten.

Mittlerweile verdient sich der 48-Jährige vor allem als TV-Experte seine Sporen, sowohl in seiner Heimat Deutschland als auch in den USA. Vor dem „Clasico“ hat LAOLA1 den in Spanien und Florida lebenden Ex-Tormann auf seinem Handy erreicht.

 

LAOLA1: Am Samstag steht „El Clasico“ an. Nach den letzten Ergebnissen gilt der FC Barcelona als leichter Favorit. Sehen Sie das ebenfalls so?

Bodo Illgner: Das ist bei diesem Duell immer schwierig zu sagen. Wenn man die vergangenen Leistungen hernimmt, muss man Barca höher einschätzen. Aber Real Madrid spielt zu Hause. Das ist ein kleiner Vorteil. Eine Vorhersage über den Ausgang des Spiels fällt mir unheimlich schwer. Real steht wegen des drei-Punkte-Rückstandes unter Druck.

LAOLA1: Sprechen wir zunächst über den FC Barcelona. Lionel Messi war zuletzt verletzt, könnte für den „Clasico“ aber rechtzeitig fit werden. Auch ohne ihn lief es hervorragend. Überspitzt formuliert: Fehlt er der Mannschaft überhaupt?

Illgner: Natürlich. Messi fehlt immer. Keine Frage, aber ein nicht fitter Messi ist schlimmer als gar kein Messi. Wenn er nicht zu 100 Prozent fit ist, die Mannschaft sich aber auf ihn verlässt, dann hilft er ihnen noch weniger. Daher muss man eben sehen, ob er rechtzeitig vollkommen gesund wird.

LAOLA1: In Abwesenheit des Argentiniers spielt Neymar groß auf. Profitiert er davon, dass er jetzt mehr Freiheiten hat?

Illgner: Sicherlich. Das konnte man schon in der Vergangenheit öfters sehen, wenn Messi nicht da war. In den letzten Monaten ist er wieder ein bisschen gereift und übernimmt mehr Verantwortung. Aber Neymar wird auch in seiner alten Rolle, wenn Messi zurückkehrt, wieder voll aufspielen. Er ist einfach in einer tollen Form und hat das nötige Selbstvertrauen. Ein absoluter Gewinn für Barca.

LAOLA1: Ab Jänner wird Barca noch stärker werden, wenn die Transfer-Sperre aufgehoben ist und Arda Turan sowie Aleix Vidal endlich zum Einsatz kommen können. Haben sie das Potenzial, erstmals in der Geschichte den Gewinn der Champions League zu verteidigen?

Illgner: Letztes Jahr um diese Zeit hätte man Real Madrid dasselbe zugetraut. In der Rückrunde lief aber gar nichts mehr. Natürlich sollte Barca in der Theorie mit den Spielern, die ab Jänner eingesetzt werden dürfen, noch stärker werden. Das wird ihnen noch mehr Möglichkeiten geben, zu rotieren. Zweifellos hat Barcelona das Potenzial, den CL-Titel zu verteidigen. Ob es wirklich gelingt, wird man sehen.

LAOLA1: Rafa Benitez wird bei Real schon nach wenigen Monaten im Amt von vielen Seiten kritisiert. Ist er der optimale Mann für diesen Job?

Illgner: Jeder Trainer bei Real steht in der Kritik. Das war auch bei Carlo Ancelotti so. Er hat das zweite Jahr nur machen dürfen, weil er den CL-Titel geholt hat. In der Liga lief es auch bei ihm nicht. In Madrid ist es sowohl für die Spieler aber insbesondere für den Trainer sehr schwierig. Ich glaube, Benitez hat gut daran getan, Stabilität in die Mannschaft zu bringen. Die Defensiv-Schwäche war letztes Jahr wirklich ein Problem. Da hat er einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Es wird wichtig sein, wieder alle Leute an Bord zu bekommen, denn viele Spieler sind verletzt. Toni Kroos erreicht momentan auch noch nicht die Verfassung, in der er letztes Jahr war. Es ist noch Potenzial nach oben.

LAOLA1: Benitez gilt als eher defensiv ausgerichteter Trainer. Passt er von seiner Spielweise überhaupt zu Real?

Illgner: Er ist kein defensiver Trainer, sondern hat einfach eine organisierte Spielausrichtung. Real Madrid hat die richtigen Spieler, um organisiert zu agieren. Das hat mir in den letzten zwei, drei Jahren gefehlt – ein Match, bei dem man 1:0 führt, besser kontrollieren zu können. Mit den vorhandenen Mittelfeldspielern könnte das durchaus möglich sein. Vorne hat Real mit Gareth Bale und Cristiano Ronaldo aber zwei sehr schnelle Spieler. Auch Benzema liebt dieses schnelle Spiel hinter die Abwehr. Von daher ist ein Trainer da immer im Zwiespalt. Einerseits gibt es Mittelfeldspieler, wie Kroos, Luka Modric oder Isco, die den Ball halten könnten. Andererseits wollen die Angreifer die Pässe in den Lauf gespielt haben. Dieses Gleichgewicht zu finden, wird die Hauptaufgabe des Trainers sein.

LAOLA1: Ende Oktober schrieben Sie auf Twitter, dass Keylor Navas zur Zeit Reals bester Spieler ist. Zuletzt musste er aufgrund einer Verletzung passen. Ob er rechtzeitig für „El Clasico“ fit wird, lässt sich noch nicht voraussehen. Angesichts seiner starken Leistung in dieser Saison wäre das ein herber Ausfall. Sehen Sie es am Ende sogar positiv, dass der geplante Transer-Tausch mit David de Gea nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnte?

Illgner: Ich bin überzeugt, dass auch De Gea seine Sache ausgezeichnet gemacht hätte. Trotzdem ist es toll, dass Navas in seiner zweiten Saison diese Chance erhält und sie auch nutzt. Viele hatten es ihm nicht zugetraut. Ich finde es toll, wie er spielt. Am Beginn hat er viele Defizite der Mannschaft verdeckt.

LAOLA1: James Rodriguez soll zuletzt mehr Gehalt gefordert haben. Wie stehen Sie zu solch einer Forderung eines schwer bezahlten Profis?

Illgner: Wenn Spieler einen Lauf haben, dann sind sie gefragter. Heutzutage gibt es einen offenen Transfermarkt, auf dem die Vereine Spieler langfristig binden wollen. Von dem her ist es aus Sicht der Kicker legitim, wenn sie sich das dementsprechend bezahlen lassen möchten. James ist ein wertvoller und junger Spieler, der ein Leistungsträger und Publikumliebling bei Real werden kann.

Illgner ist aktuell als TV-Experte tätig

LAOLA1: Cristiano Ronaldo ist bereits ein Publikumsliebling. Wird er bis zum Ende seiner Karriere bei Real bleiben?

Illgner: Es wäre schade, wenn dem nicht so wäre. Ich glaube, er würde selbst davon profitieren, seine Laufbahn als Aushängeschild des Klubs zu beenden. Dieser Name ist mittlerweile ganz eng mit Real verknüpft. Es ist seine ganz persönliche Entscheidung, ob er noch einmal eine neue Erfahrung machen möchte. Wahrscheinlich geht es auch darum, ob er seine Marke noch einmal wo anders verbreiten möchte.

LAOLA1: Würden Sie ihn schon als Real-Legende einstufen?

Illgner: Auf jeden Fall. Die Anzahl der Spiele im Verhältnis zu der Anzahl der Tore spricht für sich. Er hat alle Rekorde gebrochen und wird noch den ein oder anderen einstellen.

LAOLA1: Mit Raul hat die Real-Legende schlechthin in dieser Woche die Karriere beendet. In seinem letzten Spiel gewann er mit NY Cosmos das Finale der North American Soccer League. Sie haben selbst noch mit ihm zusammengespielt. Für ihn ein toller Abschluss, oder?

Illgner: Er hat es sich verdient. Eine tolle Karriere geht mit einem Titel zu Ende. Etwas Besseres hätte man ihm nicht wünschen können. Ich glaube, dass wir ihn trotzdem im Fußball wiedersehen werden. Es wäre schön, würde er noch einmal für Real tätig sein. In welcher Position, ob als Trainer, Sportdirektor oder im Management, das kann ich nicht sagen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir ihn dort sehen werden.

LAOLA1: Auch mit Iker Casillas haben Sie sich einst noch um den Platz im Real-Tor duelliert. War sein Abgang im Sommer für Sie eine Überraschung?

Illgner: Zum einen war es überraschend, weil er ein Real-Urgestein ist. Auf der anderen Seite gab es aber diese Entwicklung, die sich über die letzten Monate und Jahre schon abgezeichnet hat. Die Situation war für ihn alles andere als zufriedenstellend. Teile der Fans haben ihn bei Heimspielen ausgepfiffen. Andere haben ihm zugejubelt. Es war eine schlechte Stimmung innerhalb des Vereins. Von daher hat es mich nicht ganz so überrascht.

LAOLA1: Haben Sie noch Kontakt zu ihm?

Illgner: Hin und wieder, aber keinen regelmäßigen.

LAOLA1: Als ehemaligen Weltklasse-Goalie muss ich Sie das fragen: Welche drei Torhüter halten Sie aktuell für die Besten der Welt?

Manuel Neuer ist die Nummer eins. Thibaut Courtois und De Gea gehören für mich auch dazu.

Die besten Torhüter der Welt

Illgner: Manuel Neuer ist die Nummer eins. Thibaut Courtois und De Gea gehören für mich auch dazu. Die Drei sind vielleicht die Besten, wobei das natürlich immer von der Form variiert. Navas in etwa präsentierte sich zuletzt enorm stark, aber prinzipiell sind es für mich die Drei.

LAOLA1: Die alten Haudegen wie Gigi Buffon, Petr Cech oder Casillas lassen Sie außen vor?

Illgner: Sie haben natürlich immer wieder ihre Sternstunden, aber gerade, wenn man das Spiel mit dem Fuß vergleicht, liegt eine Torhüter-Generation zwischen ihnen und den Jüngeren.

LAOLA1: Sie waren lange Zeit für den 1. FC Köln aktiv. Mit Peter Stöger und Manfred Schmid arbeitet dort gerade ein österreichisches Trainerduo sehr erfolgreich. Wie beurteilen Sie deren Arbeit?

Illgner: Überragend. Sie sind in die Bundesliga aufgestiegen und haben sich dort gut etabliert. Die zweite Saison sieht noch einen Tick besser aus als letztes Jahr. Wenn der Klassenerhalt sicher geschafft wird, ist das ein guter Erfolg. Bei Köln passt momentan alles. Sowohl das Traingergespann als auch der Vorstand.

LAOLA1: Ist in dieser Saison auch ein Europacup-Platz möglich?

Illgner: Es wäre ein Traum, wenn das klappen sollte. Aber das kann nicht als Ziel ausgegeben werden. Wenn der Verein weiterhin auf dieser Wolke schwebt, ist es denkbar. Aber es käme vielleicht ein bisschen zu früh.

LAOLA1: Warum kommt Stöger in der Karnevalsstadt so gut an?

Illgner: Bei Toni Polster war es genauso. Dieser österreichische Schmäh - das passt einfach zu Köln.

LAOLA1: Zum Abschluss bekomme ich bitte noch zwei Tipps von Ihnen: Wer gewinnt „El Clasico“ und wer wird Weltfußballer?

Illgner: Im „Clasico“ muss ich natürlich auf Real Madrid tippen, weil mein Herz noch immer für den Klub schlägt. Und als Weltfußballer denke ich, dass Cristiano Ronaldo aufgrund seiner Tore und Rekorde die Nase leicht vorne hat.

LAOLA1: Er selbst denkt, dass Lionel Messi den Ballon d’Or gewinnt.

Illgner: Das ist vielleicht eine aufgesetzte Bescheidenheit kurz vor der Wahl. Es ist immer ein knappes Rennen, aber ich traue ihm das auf jeden Fall zu.

Das Interview führte Jakob Faber

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