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Mourinho sitzt van Gaal im Nacken

Van Gaals Probleme will Mourinho nützen. Doch ist er überhaupt der Richtige?

Mourinho sitzt van Gaal im Nacken

Louis van Gaal dreht sich um.

War da etwas? Nein.

Trotzdem wird er das Gefühl nicht los, dass ihm jemand im Nacken sitzt. Ein zweiter Schatten, der ihn auf Schritt und Tritt verfolgt.

Freunde, aber wie lange noch?

So oder so ähnlich muss sich der „Tulpen-General“ gerade fühlen. Jose Mourinho scheint ihm ganz nah zu sein. Er wartet nur darauf, bis der Niederländer seinen Job auf der Betreuerbank von Manchester United räumen muss.

Kein Tag vergeht ohne neue Zeitungsmeldung über die Avancen des Portugiesen, der mittlerweile auch mit Real Madrid in Verbindung gebracht wird.

Wieviel davon der Wahrheit entspricht, lässt sich nur erahnen. Jedenfalls muss van Gaal mitansehen, wie die Öffentlichkeit Mourinho vorschnell zu seinem Nachfolger erklärt. Ausgerechnet jener Coach, der ihm einst in Barcelona von 1997 bis 1999 als Co-Trainer zur Seite stand. Seitdem gelten die beiden als gute Freunde. Fragt sich nur, wie lange noch.

Die Fans haben die Nase voll

Indes versucht sich der umstrittene United-Coach auf den Boxing-Day-Schlager gegen Stoke City vorzubereiten. Die „Red Devils“ sind vor Marko Arnautovic und Co. gewarnt, bezwang der ÖFB-Legionär mit seinem Klub zuletzt doch sowohl Manchester City als auch Chelsea.

Wie die 1:2-Pleite gegen Norwich zeigte, muss sich vor van Gaals Team momentan aber sowieso kein Premier-League-Verein fürchten. Sechs Spiele in Folge ist United ohne Sieg. Die letzten drei Partien wurden allesamt verloren.

Die Fans haben die Nase voll. Der langweilige, auf Ballbesitz ausgelegte Spielstil des Trainers gefällt ihnen überhaupt nicht. Zu Beginn der Saison passten wenigstens die Ergebnisse, doch seit dem Aus in der Champions League ist endgültig Feuer am Dach.

Rooney als Sündenbock?

Nur 10 Treffer der eigenen Mannschaft bekam das Old Trafford in dieser Saison zu sehen. Der Tabellen-17. Newcastle hat in seinen Heimspielen fünf Tore mehr erzielt. Peinlich.

Van Gaal versucht, die Probleme in der Offensive mit dem Fehlen eines absoluten Top-Stürmers zu erklären. „Die Frage ist, ob Luis Suarez oder Sergio Aguero treffen würden, wenn sie hier wären. Ich glaube schon, denn wir kreieren genug Chancen. Das ist nicht das Problem“, meinte der 64-Jährige nach der Nullnummer gegen West Ham.

In der Tat hinkt Wayne Rooney, Uniteds erste Wahl im Angriffszentrum, den eigenen Ansprüchen mit nur zwei Saisontoren weit hinterher. Dennoch widerlegen Statistiken van Gaals Behauptungen. Pro Partie kommt sein Team durchschnittlich auf nur 11,1 Schüsse pro Spiel. Das bedeutet Platz 15 unter 20 Premier-League-Klubs.

Die Probleme dürften also eher an van Gaals Spielweise liegen als am Fehlen eines Weltklasse-Angreifers. Zumal der Niederländer einen Top-Mann wie Javier Hernandez (19 Saisontore für Leverkusen) erst im Sommer regelrecht aus Manchester davonjagte, da er nicht in dessen Konzept passte.

Ein Konzept, das vielen zu statisch erscheint. Die Flügelspieler müssen in ihren Positionen verharren. Kaum einmal gelingt es den "Red Devils". in der Offensive Überzahlsituationen herzustellen. Eine verzwickte Situation, die an das Ende von van Gaals Bayern-Karriere erinnert.

Über Mourinho scheiden sich die Geister

Zwei Spieltage soll die Gnadenfrist des ehemaligen Bonds-Coaches noch andauern. Kann die Vereinsführung rund um Familie Glazer dann keine Steigerung erkennen, sieht es schlecht aus für van Gaal.

Mourinho scharrt schon in seinen Startlöchern. Doch ob „The Special One“ wirklich der Richtige für Manchester United ist, darüber scheiden sich die Geister. „Ich glaube nicht“, meint beispielsweise „Sky Sports“-Experte Jamie Carragher. „Gewinnt er viele Titel? Ja. Kann er junge Spieler entwickeln? Nein. Lässt er attraktiven Fußball spielen? Nein.“

„Gewinnt er viele Titel? Ja. Kann er junge Spieler entwickeln? Nein. Lässt er attraktiven Fußball spielen? Nein.“

Carragher über Mourinho

Die Liverpool-Ikone würde die Verpflichtung des Portugiesen als Panikreaktion interpretieren: „Die Forderung nach Mourinho zeigt die Angst der Fans, gegenüber den anderen Klubs an Boden zu verlieren. Gerade auch deswegen, weil ManCity vor der Verpflichtung von Pep Guardiola steht.“

Sein TV-Experten-Kollege Thierry Henry kann sich Mourinho bei Manchester United dagegen sehr gut vorstellen. „Er ist ein geeigneter Kandidat. Wenn man sich an seine Chelsea-Mannschaft mit Arjen Robben, Eidur Gudjohnson und Didier Drogba zurückerinnert – damals haben sie einen beeindruckenden Offensiv-Fußball gezeigt. Auch mit Real hat er einen neuen Torrekord aufgestellt.“

Fakt ist, dass Mourinho bereits 2013 nach dem Abschied von Sir Alex Ferguson nah an einem United-Engagement dran war.

Die nächsten Tage werden weisen, ob van Gaals zweiter Schatten nach vorne tritt und ihn von der Betreuerbank stößt.

Jakob Faber

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