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Die größten EM- und WM-Sensationen aller Zeiten

Die Isländer sind die ganz große Überraschung der EURO 2016. Ihre Vorgänger:

Die größten EM- und WM-Sensationen aller Zeiten

"Die schlimmste Niederlage unserer Geschichte", schrieb Gary Lineker nach dem 1:2 Englands gegen Island.

"England, geschlagen von einem Land mit mehr Vulkanen als Fußball-Profis", echauffierte sich die Stürmer-Legende.

Der 330.000-Einwohner-Staat hatte die Sensation geschafft und die "Three Lions" aus dem Turnier geworfen. Damit werden die Isländer als mit Abstand größte Überraschung der EURO 2016 in die Historie eingehen.

Sensationen gab es bei Welt- und Europameisterschaften allerdings auch in der Vergangenheit einige. Wir präsentieren ein "Best of":

USA-England, WM-Gruppenphase 1950

England, das Mutterland des Fußballs, war sich in der Gruppenphase nach einem 2:0-Sieg zum Auftakt gegen Chile wohl etwas zu sicher, auch das US-Team (mit einem 1:3 gegen Spanien gestartet) in die Schranken zu weisen. Zwar boten die Briten sämtliche Stars auf, doch die Amateur-Mannschaft (!) aus Übersee ließ sich davon nicht beeindrucken.

Das US-Team hielt völlig überraschend dagegen und gewann das Spiel mit 1:0. Für den einzigen Treffer des Spiels zeichnete der gebürtige Haitianer Joseph Gaetjens in der 38. Minute verantwortlich. Außer jeder Menge Prestige hat es den USA nichts gebracht. Wie für die Engländer war auch für die US-Amerikaner das Turnier nach der Vorrunde zu Ende.

Deutschland-Ungarn, WM-Finale 1954

Heute unvorstellbar: Ungarn war das Nonplusultra im Fußball, Deutschland im Finale krasser Außenseiter. Nicht nur, dass die Magyaren zwei Jahre zuvor Olympiasieger wurden, sie waren bereits seit vier Jahren ungeschlagen und feierten in der Vorrunde einen 8:3-Kantersieg über die von Sepp Herberger trainierten Deutschen. Alles andere als ein klarer Finalsieg wurde als Überraschung eingestuft.

Das Wetter spielte dem DFB in die Karten, es goss in der Schweiz aus Kübeln. Dennoch schien das Spiel früh gelaufen. Ferenc Puskas (6.) und Zoltan Czibor (8.) sorgten schnell für klare Verhältnisse. In einer spektakulären Anfangsphase schlug der Außenseiter postwendend zurück, Max Morlock (10.) und Helmut Rahn (18.) machten es wieder spannend. In der 84. Minute dann das Unfassbare - oder wie Reporter Herbert Zimmermann es im Radio live kommentierte: "Aus dem Hintergründ müsste Rahn schießen. Rahn schießt. Toooor! Toooor! Tooooooor!" Wenige Minuten später: "Aus, aus, aus, aus! Das Spiel ist aus! Deutschland ist Weltmeister!"

Italien-Nordkorea, WM-Gruppenphase 1966

Während Italien stets Teil der Fußball-Weltelite war, ist Nordkorea bis heute nicht in selbiger angekommen. 1966 setzte man jedoch ein Highlight, von dem heute noch als eine der größten Sensationen gesprochen wird. Lediglich aufgrund des Rückzugs zahlreicher Nationen (u.a. alle afrikanischen Länder) ins 16er-Feld gerutscht, sorgten die Nordkoreaner in der Vorrunde für Furore.

Das 0:3 zum Auftakt gegen die Sowjetunion war noch erwartet worden, das 1:1 gegen Chile galt bereits als Überraschung. Für einen Paukenschlag sorgte der WM-Debütant jedoch im letzten Gruppenspiel gegen die Squadra Azzurra, als man durch einen Treffer von Pak Doo-ik in der 41. Minute mit 1:0 triumphierte. Die Italiener mussten die Heimreise antreten, Nordkorea stand sensationell im Viertelfinale. Dort war allerdings gegen Portugal (3:5) Endstation.

Tschechoslowakei-Deutschland, EM-Finale 1976

Es war ein hartes Stück Arbeit, doch die ČSSR behielt im Halbfinale gegen die Niederlande, das in die Verlängerung ging, schlussendlich mit 3:1 die Oberhand. Damals waren nur vier Teams bei der EURO in Jugoslawien dabei, insofern war lediglich ein Erfolg nötig, um in das Endspiel einzuziehen. Nach besagter Überraschung gegen die "Oranje" werde man eine deutliche Abfuhr kassieren, unkten unzählige Experten vor dem Duell mit Welt- und Europameister Deutschland, der das Titel-Triple perfekt machen wollte.

Es sollte alles anders kommen. Ein Blitzstart bescherte dem Außenseiter eine 2:0-Führung (Jan Svehlik/8., Karol Dobias/25.), ehe die DFB-Auswahl durch Dieter Müller wieder ran kam (28.). Die Tschechoslowaken wähnten sich schon als Sieger, als Bernd Hölzenbein per Kopf in Minute 90 für den Ausgleich sorgte. Nach ereignisloser Verlängerung musste erstmals überhaupt das Elfmeterschießen den EM-Sieger bestimmen. Dort versagten Uli Hoeneß die Nerven, während Antonin Panenka die Coolness in Person war und mit einem Lupfer gegen Sepp Maier die Riesen-Sensation perfekt machte.

Argentinien-Kamerun, WM-Gruppenphase 1990

Die Gauchos wollten ihren Titel verteidigen, die Zentralafrikaner gingen als krasser Außenseiter ins Eröffnungsspiel. Die Favoritenrolle war damit klar verteilt, auf dem Platz war jedoch nichts davon zu spüren. Kamerun gewann sensationell mit 1:0, Goldtorschütze war Francois Omam-Biyik in der 67. Minute. Kamerun ließ sich selbst durch zwei Rote Karten gegen Andre Kana-Biyik (61.) und Benjamin Massing (88.) nicht irritieren.

"Die unzähmbaren Löwen" waren geboren und sollten auch in den Tagen danach für Furore sorgen. Unvergessen: Roger Millas Tanz an der Eckfahne! Erst im Viertelfinale war Schluss, als man England unglücklich mit 2:3 nach Verlängerung unterlag. Argentinien schaffte es trotz des Fehlstarts ins Finale, wo man in der Neuauflage von 1986 Deutschland mit 0:1 unterlag.

Dänemark-Deutschland, EM-Finale 1992

Nach verpasster Qualifikation kamen die Dänen nur aufgrund des Balkankonfliktes überhaupt zur Ehre, an der Endrunde in Schweden teilnehmen zu dürfen. Jugoslawien wurde kurzerhand ausgeladen, was die Geburtsstunde des "Danish Dynamite" bedeutete. Hinter dem Gastgeber stieg man als Gruppen-Zweiter ins Halbfinale auf (damals gab es nur acht Mannschaften).

Dort hatte man gegen Titelverteidiger Niederlande das nötige Quäntchen Glück auf seiner Seite und rutschte durch einen Sieg im Elfmeterschießen (Marco van Basten vergab) ins Endspiel. Weltmeister Deutschland wollte die Dänen schließlich stoppen, scheiterte aber ebenso. Durch Treffer von John Jensen (18.) und Kim Vilfort (78.) stemmte am Ende das Team von Richard Möller Nielsen den Siegerpokal gen Himmel.

Frankreich-Senegal, WM-Gruppenphase 2002

Weltmeister 1998, Europameister 2000, dazu eine machbare Gruppe mit Dänemark, Uruguay und zum Auftakt Senegal. Die "Equipe Tricolore" war in Gedanken wohl schon in der K.o.-Phase, als man in das Turnier in Japan und Südkorea startete. Das sollte sich böse rächen, denn der Senegal hatte deutlich mehr zu bieten, als man beim Titelverteidiger verutete.

Das Team des Franzosen Bruno Metsu ließ sich vom Starensemble um Fabien Barthez, Kapitän Marcel Desailly und Thierry Henry (Zinedine Zidane war zunächst verletzt) nicht einschüchtern und gewann durch einen Treffer von Papa Bouba Diop (30.) mit 1:0. Es sollte das beste Turnier in der Geschichte der Westafrikaner werden, erst im Viertelfinale war gegen die Türkei (0:1) Endstation. Die favorisierten Franzosen traten hingegen schon nach drei Vorrundenspielen die Heimreise an.

Spanien-Südkorea, WM-Viertelfinale 2002

Eigentlich darf man hier kein Einzelspiel rauspicken, sondern muss das ganze Turnier als Überraschung bezeichnen. Rund drei Monate Vorbereitungszeit gönnte sich der WM-Co-Gastgeber, um bei der Endrunde in Topform an den Start gehen zu können. Es zahlte sich aus, denn bereits in der Gruppenphase präsentierten sich die Südkoreaner als Favoritenschreck. Nach einem 2:0-Sieg über Polen und einem 1:1 gegen die USA warf die Elf von Guus Hiddink Portugal durch einen 1:0-Erfolg aus dem Turnier.

Im Achtelfinale eliminierte man Italien - unter Mithilfe des Schiedsrichter-Teams. Ein Treffer von Damiano Tommasi wurde aberkannt, Francesco Totti des Feldes verwiesen. Per Golden Goal gewannen die Ausrichter mit 2:1. Auch in der Runde der letzten Acht hatten die Südkoreaner unerwarteten Beistand und vollbrachten eine - sehr zweifelhafte - Sensation. Gleich zwei Tore von Gegner Spanien wurden aberkannt - wieder waren es Fehlentscheidungen. So blieb es nach 120 Minuten beim 0:0. Am Elfmeterpunkt versagten den Spaniern die Nerven, mit 5:3 setzten sich die Koreaner durch. Im Halbfinale war dann aber gegen Deutschland (0:1) Schluss.

Griechenland-Portugal, EM-Finale 2004

Selbst die kühnsten Hellas-Optimisten hatten vor Turnierbeginn nicht damit gerechnet, dass die von Otto Rehhagel betreute Mannschaft ins Endspiel einziehen würde. Nach knappen Siegen über die favorisierten Franzosen und Tschechen stand Griechenland - wie schon in der Vorrunde - Gastgeber Portugal gegenüber.

Die mit Stars gespickten Iberer (u.a. Figo, Costa, Deco, Ronaldo) waren nach einer 1:2-Niederlage im Auftaktspiel gewarnt und wollten unbedingt für den ersten großen Titel in der Geschichte der "Seleccao" sorgen. Das griechische Abwehr-Bollwerk um Traiano Dellas ("Koloss von Rhodos") hatte etwas dagegen, mit seinem Tor zum 1:0-Siegtreffer avancierte Angelos Charisteas zum griechischen Nationalhelden.




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