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Pepe stiehlt Cristiano Ronaldo die Show

Anfänglich noch verschmäht, jetzt steht und fällt Portugal mit seinem heimlichen Kapitän.

Pepe stiehlt Cristiano Ronaldo die Show

Nach dem Champions-League-Triumph mit Real Madrid wollte Superstar Cristiano Ronaldo nun auch die EURO-Bühne nützen, um zu glänzen.

Doch als portugiesischer Offensiv-Spieler hat man es bei dieser Endrunde alles andere als einfach. Teamchef Fernando Santos legt in erster Linie Wert auf eine kompakte und sichere Defensive, frei nach dem Motto: „Die Null muss stehen.“

So kommt es, dass ein anderer Spieler der „Königlichen“ im Mittelpunkt der Selecao steht: Kepler Laveran Lima Ferreira, besser bekannt als Pepe. Der Abwehrchef zeigt auch mit 33 Jahren noch Bestleistungen und ist hauptverantwortlich dafür, dass die Portugiesen in der K.o.-Runde erst einen Gegentreffer hinnehmen mussten.

Wird er rechtzeitig fit?

Vor dem wichtigen Halbfinal-Spiel gegen Wales (Mittwoch, 21 Uhr im LAOLA1-Ticker) bangt das Team allerdings um den Innenverteidiger. Pepe plagen muskuläre Probleme im Oberschenkel.

Am Montag hat er als Vorsichtsmaßnahme nicht am Training teilgenommen, am Dienstag absolvierte er ein Einzeltraining. Dennoch glaubt man in Portugal nicht an ein Fehlen des Abwehrchefs gegen die Briten, zu wichtig ist er für das Team.

Auch sein Coach möchte auf keinen Fall auf ihn verzichten: „Pepe war von Beginn an ein Leader und ein rechter Arm des Trainers am Spielfeld.“

Diese Aussagen unterstreichen, was im Kreise des Weltranglisten-Achten ohnehin längst ein offenes Geheimnis ist: Ronaldo trägt die Binde, doch der heimliche Kapitän ist Pepe.

Überragende Statistiken

Nicht nur seine motivierenden Ansprachen in der Kabine und am Spielfeld bestätigen die These des heimlichen Captains, auch seine Statistiken bei dieser EURO zeigen, dass Pepe weit mehr ist als der knüppelharte Verteidiger, wie er häufig dargestellt wird.

298 Pässe und 384 Ballkontakte bei dieser Europameisterschaft – das ist Topwert im portugiesischen Nationalteam. Auch bei den Disziplinen gewonnener Zweikämpfe (35), klärende Aktionen (25) und geblockten Schüssen (3) führt er die teaminterne Wertung an.


Wird Pepe vielleicht sogar MVP der EURO? Die LAOLA1-Dreierkette diskutiert darüber:


Derart starke Werte wird es auch im Duell mit Real-Teamkollege und Wales-Superstar Gareth Bale brauchen. Der im Nationalteam zentral spielende Linksfuß zeigt sich in Topform, drei Tore hat er bereits am Konto.

„Er ist ein sehr professioneller Athlet und ein großartiger Mensch. Es wäre ein großer Verlust für Portugal, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er alles dafür macht, um rechtzeitig fit zu werden“, hofft Bale auf einen Einsatz seines Teamkollegen.

Schwere Anfangsphase

Während nun beinahe die ganze Nation um den Fitness-Zustand des Verteidigers zittert, blies ihm zu Beginn ein rauer Wind entgegen. Pepe wurde nämlich in Maceio, Brasilien geboren und erst 2007 von Portugal eingebürgert. Sechs Jahre zuvor verließ er Südamerika auf eigene Faust und schloss sich in seiner neuen Heimat CS Maritimo an.

Eingebürgerte Brasilianer haben durchaus Tradition in der Selecao, als Paradebeispiel sei Deco genannt, der jahrelang das Herzstück des Mittelfelds darstellte. Dennoch regte sich bei Pepe Widerstand. Die kleine Fußballnation Portugal, das aufgrund seiner sprachlichen und kulturellen Nähe zu Brasilien zum Anlaufpunkt unzähliger Fußballer aus Südamerika geworden ist, fühlt sich überrannt von den Legionären. 110 Profis vom Zuckerhut spielen in der höchsten portugiesischen Spielklasse, das entspricht einen Anteil von 38,5%.

Die Beziehungen zwischen Portugiesen und Brasilianern ist zudem von Brisanz geprägt. Vorurteile bringen die mittlerweile größte Migrantengruppe in Portugal häufig mit der steigenden Kriminalität und Prostitution in Verbindung.

Längst vergessen

Mittlerweile ist Gras über diese Sache gewachsen, im Eiltempo hat Pepe die Herzen der Portugiesen erobert. Das liegt auch daran, dass er stets lauthals die Nationalhymne mitsingt und sich nach Toren energisch auf das Wappen klopft.

Sogar seinen brasilianischen Akzent versucht er zu vertuschen. „Ich habe immer gesagt, dass ich bereitstehe, Portugal zu helfen“, stellte Pepe bereits vor Jahren klar.

Gegen Wales wird es Pepes Hilfe brauchen, um nach 2004 ein weiteres Mal ins EURO-Finale einzuziehen.

 

Julian Saxer

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