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Gignac: Frankreichs Mexiko-Bomber

Ein Big Mac für Gignac! Über den Benzema-Ersatz spottet mittlerweile niemand mehr:

Gignac: Frankreichs Mexiko-Bomber

Karim Benzema wurde eine Erpressungsaffäre zum Verhängnis.

Der beste Stürmer Frankreichs durfte nicht an der Heim-Europameisterschaft teilnehmen.

Statt dem prunkvollen Real-Madrid-Stürmer trägt nun ein Legionär aus Mexiko die ehrenvolle Nummer 10 der Franzosen: Andre-Pierre Gignac.

Vor einem Jahr wurde dem 30-jährigen Angreifer noch das Ende seiner Teamkarriere vorhergesagt. Damals entschied er sich gegen einen Wechsel zu einem europäischen Top-Klub wie Inter und unterschrieb bei Tigres UANL.

Dem Luxus-Leben in Mailand zog er mit Monterrey eine der gefährlichsten Städte Mexikos vor. Ein Jahresgehalt von rund vier Millionen Euro dürfte bei der Klub-Wahl keine unwesentliche Rolle gespielt haben.

Gignac stellt Mexiko über Frankreich

Im Nachhinein gesehen hat Gignac alles richtig gemacht. Mit 26 Toren in 36 Spielen avancierte er zum Publikumsliebling bei Tigres. Darunter Traumtore wie ein Fallrückzieher oder der herrliche Schlenzer, den ihr hier im VIDEO seht:


„Mexiko ist ein großes Fußballland, das vom Stellenwert vielleicht sogar über Frankreich steht. Ich habe zehn Jahre lang in der Ligue 1 gespielt, ich kann das vergleichen“, sagt Gignac, der mit seinem Klub die Liga MX Apertua gewann und in das Finale der nordamerikanischen Copa Libertadores einzog.

Er schwärmt vom mexikanischen Fußball: „Hier gibt es mehr Leidenschaft, mehr Identifikation mit dem Klub und mehr Respekt für die Spieler.“

Ein Baby namens Gignac

Eine Anekdote gibt dem französischen Sturmtank Recht. Denn nach Gignac wurde sogar ein Baby benannt. Die Eltern des Sohnes, zwei glühende Tigres-Fans, durften gemeinsam mit ihrem Sprössling den Superstar kennenlernen.

Generell gilt der 26-fache Internationale als bodenständiger Typ. Geboren in Martigues nahe Marseille betont Gignac gerne seine Roma-Wurzeln. Zur Ablenkung vom Fußball helfe er gerne seiner Schwiegermutter auf dem Marktstand, meinte er einst in einem Interview.


„Wäre ich kein Fußballer geworden, hätte ich vielleicht begonnen, bei der Stadt zu arbeiten. Meine Cousins arbeiten bei der Müllabfuhr, sie verdienen ungefähr 1.900 Euro im Monat und spielen sonntags Fußball. Das ist doch nicht schlecht.“

Spielerisch weiterentwickelt in Mexiko

Statt nach den Spielen am Stadionvorplatz des Stade Velodromes den Dreck aufzukehren, steht Gignac bei der Europameisterschaft nun aber selbst am Platz. Mit Ausnahme des Auftakts gegen Rumänien kam er in allen Partien zum Einsatz.

Hinter Olivier Giroud fungiert er in Benzemas Abwesenheit als Stürmer Nummer zwei der „Equipe Tricolore“. Genauso wie Giroud soll auch Gignac als Zielspieler für lange Bälle dienen. Mit seinen Ablagen kann er den hochveranlagten Offensiv-Kräften auf den Außenbahnen zum Torabschluss verhelfen.

Dazu sind aber auch seine technischen Qualitäten gefragten. Manche Experten attestieren dem bulligen Angreifer, dass er sich in Mexiko auch spielerisch weiterentwickelt hat. Didier Deschamps dürfte dies ähnlich sehen.

Ansonsten hätte er den Sturmtank nicht an Stelle von anderen Offensiv-Kräften wie Alexandre Lacazette oder Hatem Ben Arfa nominiert. Dabei war der französische Teamchef vor einigen Jahren noch schlecht auf Gignac zu sprechen.

Ein Big Mac für Gignac



"Gignac kannst du vergessen. Wir werden ihn wie eine Bürde mit uns herumschleppen."

Didier Deschamps im Jahr 2010

„Gignac kannst du vergessen. Wir werden ihn wie eine Bürde mit uns herumschleppen“, sagte Deschamps in einem geleakten Telefongespräch 2010, als die beiden bei Olympique Marseille zusammenarbeiteten.

Der Torjäger wechselte in diesem Jahr um 16 Millionen Euro von Toulouse in die südfranzösische Hafenstadt. Wie die Worte von Deschamps verdeutlichen, konnte sich Gignac dort aber zunächst nicht durchsetzen.

Die Fans der Gegner, insbesondere von Erzrivale PSG, verspotteten ihn damals regelmäßig. „Un Big Mac pour Gignac“, („Ein Big Mac für Gignac“) sangen die Anhänger aufgrund seiner Körperfülle. Auch Trainer Deschamps war das Gewicht ein Dorn im Auge. Er schickte Gignac sogar in ein Diätcamp nach Norditalien.

Streit mit Deschamps ist ausgeräumt

„Ich habe mir damals, nachdem wir als Mannschaft am Flughafen angekommen sind, oft einen Döner oder etwas von McDonalds geholt. Mittlerweile habe ich gelernt, damit gewissenhafter umzugehen“, gab sich Gignac 2013 in einem Interview reumütig.

Erst nach Deschamps‘ Abschied aus Marseille im Jahr 2012 blühte er beim Traditionsverein so richtig auf. Mit 21 Toren in seiner letzten „OM“-Saison wurde er endgültig zum Publikumsliebling.

Die Sache mit Deschamps ist mittlerweile ausgeräumt. Dass ihn ausgerechnet sein ehemaliger Intimfeind für die EURO nominierte, ist die Ironie der Geschichte. Gemeinsam wollen Deschamps und Gignac Frankreich nun zur EM-Titel führen.

Jakob Faber


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