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Garics: "Papa wäre der Erste, der sauer ist"

György Garics verabschiedet sich mit bewegenden Worten von seinem verstorbenen Vater:

Garics:

Mit bewegenden Worten hat sich György Garics von seinem am Donnerstag im Alter von 62 Jahren verstorbenen Vater György Garics senior verabschiedet.

"Sein großer Wunsch war immer, dass ich die EURO nicht verpasse. Wenn ich jetzt abreisen würde, wäre er der Erste, der sauer auf mich wäre", betont der ÖFB-Kicker, für den der EM-Auftakt gegen sein Geburtsland Ungarn nun um eine emotionale Komponente reicher wurde.

"Papa hat erledigt, dass dieses Spiel noch brisanter für mich wird", so Garics.


Garics verband mit seinem Vater ein inniges Verhältnis, war der frühere Profi von Haladas Szombathely doch einer seiner größten Förderer.

Man kann dem 32-Jährigen wohl nicht genügend Respekt dafür zollen, dass er sich drei Tage nach diesem schweren Schicksalsschlag der Öffentlichkeit stellte.

"Ich möchte, dass meine Worte verwendet werden, sonst können Missverständnisse entstehen. Da ist mir lieber, dass die Leute wissen, warum ich hier bin und nicht abgereist bin", begründet Garics seinen Entschluss.

Diesem Wunsch möchten wir natürlich entsprechen und den Gedanken von Garics in der Folge ungefiltert Platz einräumen. Diese emotionalen und beeindruckenden Botschaften sprechen ohnehin für sich selbst.

DER TOD SEINES VATERS:

"Es ist das Gesetz des Lebens und wahrscheinlich die einzige Gerechtigkeit, die besteht, dass jeder von uns einmal gehen muss. Für mich ist es vielleicht nicht unbedingt der beste Moment gewesen, aber den kann man sich nicht aussuchen. Er wäre der Erste gewesen, der gerne noch ein paar Tage, wenn nicht ein paar Jahre durchgehalten hätte, aber das war nicht möglich. Wir haben alles versucht, leider Gottes hat es nicht gereicht. Aber immerhin hat er mitbekommen, dass unsere und meine Ziele erreicht worden sind. Jetzt liegt es an den Jungs und mir, dass wir versuchen, so gut wie möglich abzuschneiden."

KEIN GEDANKE AN EINE ABREISE:

"Sein großer Wunsch war immer, dass ich das hier nicht verpasse. Wir haben das ganze Jahr über zusammen gekämpft - ich bei Darmstadt und er zu Hause bei meiner Frau, der ich einen Riesen-Dank aussprechen möchte -, dass ich hierher komme. Wenn ich jetzt abreisen würde, wäre er der Erste, der sauer auf mich wäre. Deswegen hat es diesen Gedanken nie gegeben, denn auch wenn ich jetzt zu Hause bei meiner Frau, Mutter und Schwester wäre, wo ich natürlich auch gerne wäre, könnte ich die Dinge nicht rückgängig machen. Das würde ihn wie gesagt wahrscheinlich auch sehr aufregen. Das will ich natürlich nicht. Ich möchte ihm einen schönen Abgang bereiten, und das kann ich nur von hier machen. Deswegen bin ich hier und stehe zur Mannschaft, so wie die Mannschaft in den letzten zehn Monaten auch zu mir gestanden ist. Die Jungs haben stets mit mir mitgefiebert, haben geholfen, haben das miterlebt. Das ist auch etwas Tolles, und das macht es vielleicht auch ein bisschen leichter. Ich respektiere natürlich seinen letzten Wunsch und werde versuchen, so gut wie möglich meinen Teil dazu beizutragen, dass es der Mannschaft gut geht. Das ist auch ein Dankeschön und ein Zeichen an ihn, dass er wirklich alles durchgesetzt und erreicht hat und mir die richtige Nachricht mitgegeben hat."

DER PERSÖNLICHE ABSCHIED VON SEINEM VATER:

(Am Sonntag und am Montag, als die ÖFB-Spieler frei hatten, und am Dienstag konnte Garics noch Zeit mit seinem Vater verbringen)

"In den letzten Tagen hatte ich noch die Möglichkeit, ein paar Stunden mit ihm zu verbringen. Er hat immer gefragt: 'Was machst du hier? Wann gehst du? Wann musst du weg?' Ich habe immer gesagt: 'Papa mach dir keinen Stress. Wenn du willst, dann gehe ich. Wenn du willst, dass ich hier bleibe, werde ich hier bleiben.' Das letzte Wort, das ich mit ihm gesprochen habe, war: 'Geh bitte und mache das, was du zu tun hast.' Am Dienstag, als ich beim Training gefehlt habe, ist er ins Spital eingeliefert worden. Gestorben ist er zu Hause in Ungarn. Das hat er noch geschafft. Es war ein großer Wunsch von ihm, dass er zu Hause seinen Frieden finden möchte. Sein großes Ziel war, dass ich den Klassenerhalt mit Darmstadt schaffe und dann zur EM fahre. Er hat sich noch vergewissert, dass ich hier angekommen bin. Darauf hat er gewartet. Ich konnte noch mit ihm telefonieren und ihm den Tagesablauf erzählen. Da hat er auch noch ein Zeichen gegeben, dass er es verstanden hat. Am nächsten Tag in der Früh, am 9. Juni um 11:30 Uhr, ist er leider Gottes von uns gegangen."

DAS BEGRÄBNIS:

"Es ist immer sein Wunsch gewesen, dass es keine Beerdigung gibt, sondern dass er eingeäschert wird. Vor einigen Jahren haben wir einen wunderschönen Tag verbracht und er hat mir den Ort genannt, an dem seine Überreste verstreut werden sollen, wenn es einmal so weit ist. Diesem Wunsch werde ich ihm natürlich erfüllen. Das macht das Ganze auch ein bisschen leichter, dass ich nicht wegen des Begräbnisses abreisen muss. Auf diese Art und Weise besteht die Möglichkeit, es ein bisschen später zu machen. Wir haben immer darum gekämpft, dass meine Karriere so gut wie möglich verläuft und ich alles dem Fußball unterordne. Das habe ich gemacht, das haben wir gemeinsam geplant, vom ersten Tag an. Er würde nie wollen, dass ich hier einige Tage fehle."

DER PERSÖNLICHE UMGANG MIT DER SITUATION:

"Es ist sicher nicht die einfachste Phase meines Lebens, aber solche Dinge gehören leider zum Leben dazu. Man reift wahrscheinlich auch bei solchen Dingen sehr, wobei das ein Prozess ist, den ich gerne erst später durchgemacht hätte. Mein Papa war noch ziemlich jung. Aber man kann sich nicht aussuchen, wann es so weit ist. Ich hatte immerhin die Möglichkeit, mich von ihm zu verabschieden. Es ist natürlich schwer, seinen Abgang hinzunehmen, aber da muss man durch. Ein Leitsatz von ihm war immer: 'Nütze die Energie für Dinge, die zu ändern kannst.' Das werde ich natürlich machen und versuchen, aus dieser traurgen Geschichte Kraft zu sammeln und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das hätte er genau so gewollt. Fußball war immerhin sein Leben - zuerst als Spieler, dann als Trainer, und als Vater hat er immer das Beste für mich und meine Karriere gewollt."

DAS EMOTIONALE SPIEL GEGEN SEIN GEBURTSLAND UNGARN:

"Es wäre ohnehin schon besonders gewesen. Jetzt hat es der Papa natürlich wieder erledigt, dass es noch brisanter für mich wird. Es geht um Fußball, es geht um meine Geschichte, es geht um seine Geschichte, aber vor allem geht es um die drei Punkte, die wir gerne einfahren würden. Es wird sicher ein sehr schwieriges Spiel - und für mich ein besonderes, das kann man wahrscheinlich mit Worten gar nicht beschreiben, was es für mich heißt und was ich dabei fühlen werde, denn so etwas erlebt man generell selten und in dieser Konstellation wahrscheinlich nur ein Mal im Leben. Ich kann nur sagen: 'Papa, du hast dafür gesorgt, dass mir dieses Spiel für immer in Erinnerung bleibt.'" 


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