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"Musste lachen, als ich die Zahlen gesehen habe"

Rangliste der Beraterhonorare bietet Zündstoff. Ein Manager findet die Zahlen zum Lachen:

Die vom ÖFB veröffentlichte Rangliste an Beraterkosten sorgt für Gesprächsstoff in der Bundesliga.

"Dafür, dass wir korrekt arbeiten und abgeben, muss ich mich jetzt rechtfertigen", schüttelt Sturm-GM Gerhard Goldbrich auf Nachfrage von LAOLA1 den Kopf.

Die Grazer sind im Ranking mit einem Betrag von 461.100 Euro Zweiter, während etwa Ried offiziell nur 9.500 hinblättert.

Manager Stefan Reiter gibt bei LAOLA1 zu: "Ich musste selber lachen, als ich die Zahlen gesehen habe, weil die nicht stimmen."

Aber der Reihe nach: Grund für die Aufregung ist eine FIFA-Bestimmung, wonach die von Vereinen an Spielervermittler gezahlten Honorare veröffentlicht werden müssen - und zwar für den Zeitraum von März 2015 bis März 2016.

In der heimischen Bundesliga führt wenig überraschend Branchen-Krösus Red Bull Salzburg mit 961.000 Euro das Ranking an, dahinter reihen sich Sturm Graz, Rapid Wien und Austria Wien ein (siehe Tabelle).

Richtig eklatant ist jedoch der Vorsprung der vier "Großvereine" auf die übrigen Vertreter im Oberhaus, was mehr als eine Frage aufwirft. LAOLA1 hörte sich daher bei betroffenen Klubs um.

Besonders brisant ist die Veröffentlichung natürlich aus Sicht des SK Sturm. Die Vereinsführung der Grazer ist unter Dauerbeschuss von Teilen der Anhängerschaft. Die unverhältnismäßig hohen Kosten der "Blackies" für Spielervermittler sind aufgelegte Munition für die Kritiker von Goldbrich, der seine Agenden als Sportchef bis zum Sommer abgeben wird.

Verein

Beraterkosten
FC Red Bull Salzburg 961.000€
SK Sturm Graz 461.100€
SK Rapid Wien 311.700€
Austria Wien 250.000€
SCR Altach 38.200€
Wolfsberger AC 30.500€
SV Mattersburg 14.000€
SV Ried 9.500€
SV Grödig 6.000€
Admira Wacker ohne Angabe

Entsprechend unglücklich ist der GM mit der Optik dieses Rankings: "Das soll mir mal einer erklären, ob alle abgegeben haben oder nicht. Das ist das Thema. Jeder Spieler hat einen Spielerberater. Bei 7000 Euro zahle ich als Verein nur einen Spielerberater?"

Goldbrich betont, dass ihm einerseits der Abrechungszeitraum von März bis März ein Dorn im Auge sei ("Wir haben in der Finanz andere Zahlen, weil wir von Sommer bis Sommer rechnen. Wir wissen noch gar nicht, was sie berechnet haben"). Andererseits warte er in dieser Causa auf eine Stellungnahme von Seiten der Bundesliga und des ÖFB.

"Ich gehe nicht her und beschuldige jemanden"

"Ich gehe nicht her und beschuldige jemanden. Bei uns läuft alles korrekt ab. Ich hoffe, man kommt nicht drauf, dass bei anderen Vereinen nicht abgegeben wurde, denn man muss abgeben! Ich will niemanden kritisieren, aber jeder Verein zahlt bei jedem Spieler etwas - das ist so mit Spielerberatern. Dazu kommt bei Transfers Geld hinein, wo du aber eine Beteiligung hast."

Der hohe Betrag bei Sturm würde sich hauptsächlich aus hohen Einnahmen zusammensetzen: "Wir haben mit den Transfers auch viel Geld erwirtschaftet. Außerdem rechnet man einen 25-Mann-Kader - da bist du bei 100.000 bis 200.000. Dazu einen Spendlhofer-Transfer, wo wir die Kaufoption von 500.000 Euro fast halbiert haben - dafür habe ich eine Provision bezahlt. Dazu Madl, Hadzic und Tadic - mit zwei, drei größeren Transfers kommst du dort hin."

Verein Beraterkosten
FC Liefering 122.620€
SKN St. Pölten 31.520€
FC Wacker Innsbruck 22.250€
LASK Linz 16.000€
Austria Salzburg 5.700€
Wiener Neustadt 3.100€
Austria Klagenfurt 2.500€
Austria Lustenau ohne Angabe
Floridsdorfer AC ohne Angabe
Kapfenberger SV ohne Angabe

Kurzum: Während die Sturm-Zahlen der Realität entsprechen würden, sei so manch anderer Betrag in dieser Liste durchaus zweifelhaft. Dies alleine darauf zurückzuführen, dass der Profibetrieb bei Sturm in eine Kapitalgesellschaft ausgelagert ist und man daher zu vergleichsweise mehr Transparenz bei Zahlungen gezwungen sei, greift Goldbrich jedoch zu kurz.

"Was Goldbrich sagt, ist völlig richtig"

Seine Vermutung, dass die aufgelisteten Zahlen falsch sind, wird jedoch von Reiter bestätigt: "Was Goldbrich sagt, ist völlig richtig! Ich habe bei dieser Liste auch nicht wegen Sturm gelacht, viel mehr wegen Ried, Altach und all den Vereinen, bei denen fast nichts gestanden ist."

Seine Einschätzung: "Ich vermute einmal, dass Sturm so wie Austria und Rapid übervorsichtig und ordentlich vorgegangen ist. Die haben wahrscheinlich auch die Erklärungen weitergeleitet, die von den Vermittlern nicht unterschrieben wurden."

Womit wir bei einem springenden Punkt wären. Denn in Wahrheit würden die Beraterhonarare beispielsweise auch in Ried eine wesentlich höhere Summe als die veröffentlichten 9500 Euro ergeben.

 

"Bei uns sind es im Jahr cirka 100.000 Euro. Wir haben nichts zu verstecken, das ist alles offiziell."

Stefan Reiter

Der Sportdirektor klärt auf: "Bei uns sind es im Jahr cirka 100.000 Euro. Wir haben nichts zu verstecken, das ist alles offiziell. Aber das sind halt individuelle Vereinbarungen zwischen den Vermittlern und unserem Verein."

In der Buchhaltung der Innviertler tauchen diese Zahlungen auch auf. In dieser vom ÖFB veröffentlichten Liste scheinen jedoch erstens nur jene Transaktionen auf, die von registrierten Spielervermittlern abgewickelt werden - seit 1. April 2015 ist das diesbezügliche Lizenzierungssystem nicht mehr in Kraft. Zudem würden nicht alle Berater die offiziellen Vermittlungserklärungen unterschreiben, wie Reiter aus der Praxis berichtet:

"Der Ablauf ist noch immer genau gleich wie früher. Der Berater macht in einer freien Vereinbarung ein Vermittlungshonorar aus. Da gibt es logischerweise auch einen individuellen Vertrag. Wir zahlen es eh nicht gerne, kein Verein zahlt das gerne. Aber es ist leider so. Das wird jetzt von der FIFA eingefordert, das finde ich auch sehr gut. Der ÖFB hat ein Formular erstellt, das der Berater ausfüllen soll. Die Problematik an der ganzen Geschichte ist die, dass die Vermittler jetzt frei sind - früher mussten sie eine Prüfung machen. Wenn es ein Vermittler nicht ausfüllt, kann ich es nicht weiterleiten, sonst hätte ich ein leeres Blatt Papier. Ich lege es jedem Vermittler vor und bitte ihn, es auszufüllen. Die meisten machen es nicht - warum und aus welcher Angst, weiß ich nicht. Die brauchen keine Angst haben, sie sind ja sowieso budgetär bei uns erfasst. Aber öffentlich nicht, und das ist der springende Punkt. Dadurch bekommt der ÖFB nicht alle Informationen."

Fehlende Konsequenzen

Die Problematik ist laut Reiter, dass es für diese Vorgangsweise keine Konsequenzen geben würde. "Wer kann den Vermittler zwingen? Der ÖFB und die Bundesliga können es nicht. Theoretisch könnten wir es, indem es nicht zum Geschäft kommt, wenn er das Papier nicht unterschreibt. Das Interesse des Vereins liegt aber dort, den Spieler zu holen."

Auch wenn es an der Umsetzung noch spürbar hapert, findet Reiter die von der FIFA erzwungene Transparenz jedoch in Ordnung: "Die Idee dahinter ist, horrende Vermittlungsprovisionen in den Griff zu bekommen. Die Verbände sind von der FIFA beauftragt worden, das zu erstellen. Der nächste Schritt ist der Verein. Jetzt müssen wir die Vermittler in den Griff bekommen, dass sie das auch tun. Wir sind ein bisschen der 'Gschnapste'. Ich habe aber auch keine Handhabe, dass ich ihn zwinge. Das muss sich in einem Prozess entwickeln."

Dieser Prozess funktioniert offenbar noch nicht wunschgemäß - ebensowenig jener der Übermittlung der Daten an den Fußballbund. "Ich habe es gestern auf LAOLA1.at gesehen und spontan auch nicht gewusst, warum wir nicht auf der Liste sind", wundert sich Admira-Sportdirektor Alexander Friedl.

Die Südstädter tauchten nämlich als einziger Bundesligist gar nicht auf, ebenso wie die Erste-Liga-Klubs Austria Lustenau, FAC und Kapfenberg.

Eingereicht habe man "auf alle Fälle", wie Friedl behauptet, "ich kann jedoch ad hoc nicht sagen, wo wir uns einpendeln würden - eher minimal, aber ich kann die Zahlen nachreichen."

Das Argument der Plattform

Aus finanziellen Gründen sei die Summe der Provisionen für Vermittler bei den Niederösterreichern jedoch überschaubar. Einerseits würde man viele Talente aus dem eigenen Nachwuchs hochziehen, andererseits sehe man sich als Plattform für Kicker, die sich möglichst hochklassig präsentieren möchten:

"Dominik Starkl kam etwa bei Rapid nicht zum Zug. Srdjan Spiridonovic war in Italien unglücklich. Oder auch Peter Zulj. Genau diese Spieler wollten unbedingt eine zweite Chance und haben die Bühne Bundesliga gesucht. Das sind oft Konstellationen, wo alle Beteiligten - auch die Spielerberater - froh sind, dass sie eine gute Plattform haben, wo sie gut aufgehoben sind und die Entwicklung im Vordergrund steht. Deshalb muss nicht automatisch gezahlt werden."

Dass die veröffentlichten Zahlen daher vielerorts zu niedrig angesetzt seien, will der Admira-Sportchef nicht per se so stehen lassen: "Ich bin nicht bei Goldbrichs Meinung, dass er die anderen Zahlen anzweifelt, weil ich von uns weiß, wie es grundsätzlich abläuft. Ich denke, dass es in Grödig oder beim WAC ähnlich sein wird. Ich kann mir also durchaus vorstellen, dass die Zahlen von den kleinen Vereinen realistisch sind, weil das Geld einfach nicht da ist."

Ziel aller Beteiligten sollte es bis zur nächsten Veröffentlichung dieser Rangliste wohl sein, eine Kostenwahrheit herzustellen. Transparenz macht Sinn, jedoch nur mit den echten Zahlen. So wurde mehr Verwirrung gestiftet als für Aufklärung gesorgt.

Peter Altmann/Alexander Karper


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