„Der aktuelle Stand kann nicht der Anspruch von Rapid sein“, stellt Sportdirektor Fredy Bickel am Sonntag in der Sky-Talkshow „Talk und Tore“ klar.
Nach der verpatzten Herbst-Saison erhielten die Hoffnungen auf eine spektakuläre Aufholjagd im Frühjahr einen ordentlichen Dämpfer. Nach dem 1:1 im Derby kamen die Hütteldorfer auch am Samstag im Heimspiel gegen die Admira nicht über ein torloses Remis hinaus.
Dementsprechend ernüchternd ist der Blick auf die sogenannte „Canadi-Tabelle“. Seit der Verpflichtung von Trainer Damir Canadi holte Rapid nur neun Punkte und liegt damit auf Platz acht.
„Zahlen lügen natürlich nicht“
„Die Zahlen lügen natürlich nicht“, gibt Bickel zu. Trotzdem stärkt der Sportdirektor seinem Coach den Rücken.
„Ich sehe wie hart und akribisch er daran arbeitet, dass sich das Blatt wieder wendet. Die ersten 20 Minuten gegen die Austria waren richtig gut. Auch gegen die Admira habe ich über weite Strecken eine gute Mannschaft gesehen.“
„Die Qualität der Zusammenarbeit mit ihm ist wirklich erfreulich. Er forciert den Team-Gedanken“, beschreibt der Schweizer das Alltagsleben mit Canadi, der aufgrund seines großen Ehrgeizes keine leichte Zeit hat. „Im Moment geht es ihm natürlich aufgrund der Situation nicht so gut.“
Zeitpunkt des Trainerwechsels nicht optimal
Die Verunsicherung in der Mannschaft ist nach dem total verkorksten Herbst immer noch groß. Auf die Frage, ob es nicht besser gewesen wäre, den Trainerwechsel erst in der Winterpause zu vollziehen, wollte Bickel nicht wirklich eingehen.
„Ich habe die Situation damals nicht miterlebt. Deshalb kann ich es nur schwer beurteilen. Wahrscheinlich ist es im Nachhinein auch müßig, darüber zu diskutieren. Klar ist aber, dass es für einen Trainer schwierig ist, so kurz vor der Winterpause eine Mannschaft zu übernehmen“, zeigt der langjährige Sportdirektor der Young Boys Bern Verständnis.
Hat Canadi die falschen Spieler?
Etwas zurückhaltend gab sich Bickel bezüglich zuvor geäußerter Spieler-Wünsche von Canadi, der sich in einem Interview darüber beklagte, dass es beispielsweise bei Rapid derzeit nicht einmal einen regelmäßig zum Einsatz kommenden Nationalspieler im Kader gäbe.
Zudem gibt Rapid-Legende Peter Schöttel in der Talk-Runde zu bedenken, dass das zur Verfügung stehende Spieler-Material nicht unbedingt den Vorstellungen von Canadi entspricht.
„Ihm fehlen die Spieler, die er möchte, um sein Spiel aufziehen zu können. So fehlen ihm mit Sicherheit schnellere Spieler, die er für sein System benötigen würde“, glaubt Schöttel.
"Müssen einen neuen Anfang machen"
„Jeder Trainer will natürlich Top-Spieler. Wir werden uns arrangieren und versuchen, im Sommer die richtigen Transfers zu machen“, so Bickel, der sich aber noch nicht voll auf die kommende Saison konzentrieren will. Schließlich könnte auch in der aktuellen noch etwas drin sein. Obwohl der Abstand auf Platz drei schon zwölf Punkte beträgt.
„Es kann immer etwas passieren und dann wollen wir zur Stelle sein. Trotzdem müssen wir jetzt einmal einen neuen Anfang machen. Den richtigen Zeitpunkt dazu wird es nie geben. Es sind viele junge gute Spieler da, die viel Potenzial haben. Leider haben sie keine Möglichkeit, um heranzuwachsen, weil der Kader so groß ist“, kündigt Bickel zwischen den Zeilen einen neuerlichen Umbau im Sommer an.
Canadi steht freilich schon jetzt unter Zugzwang, alsbald wie möglich auf die Erfolgsspur einzulenken. Der 46-jährige Wiener will in jedem Fall Ruhe bewahren: „Ich kann nur versuchen, die Mannschaft weiter zu entwickeln und zu stabilisieren. Ich kann nicht zaubern, sondern nur arbeiten.“
Ob das am Ende reichen wird, werden die kommenden Monate zeigen.