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"Warten auf den nächsten Betriebsunfall"

VdF-Gründer Rudi Novotny spricht über den Fall Onisiwo, Probleme in St. Pölten und die Ligareform.

„Was mir bei den Vereinen und auch übergeordnet bei der Bundesliga fehlt, ist eine effiziente Problemlösungs-Kompetenz“, sagt Rudolf Novotny im LAOLA1-Interview.

Der geschäftsführende Sekretär der Spieler-Gewerkschaft VdF spricht damit den Fall Karim Onisiwo und das Problem, dass immer noch keine rechtlich klaren Verträge bei Optionen bestehen, an.

„Eigentlich warten wir darauf, bis der nächste Betriebsunfall passiert“, meint Novotny.

Der Gründer der Spielergewerkschaft spricht außerdem über den Alltag als Problemlöser und die Position der VdF zur Ligareform.

LAOLA1: Der Herbst der Bundesliga ist vorbei. Mit dem Fall Beichler/Wisio gab es eine große Geschichte. Aber wie ist der Herbst sonst aus Sicht der VdF gelaufen?

Rudolf Novotny: Man kann ganz generell sagen, dass diese Tagesprobleme im Bezahl-Fußball aufhören. Es ist nicht mehr der Fall, dass sich täglich jemand meldet, weil dieses oder jenes nicht funktioniert. Oft ist es vielmehr so, dass ein bestimmtes Thema mehrere Menschen beschäftigt. Im Frühjahr ist etwa Austria Salzburg aus dem Profi-Bereich ausgeschieden, das betrifft dann viele Spieler.

LAOLA1: Wie schon angesprochen war der Fall Beichler/Wisio ein bestimmendes Thema im Herbst. Wie ist da der aktuelle Stand der Dinge?

Novotny: In beiden Fällen ist das Gerichtsverfahren noch nicht abgeschlossen. Bisher sind jedoch alle Entscheidungen im Sinne der Spieler ausgefallen. Was mir jedoch bei den Vereinen und auch übergeordnet bei der Bundesliga fehlt, ist eine effiziente Problemlösungs-Kompetenz. Es darf nicht nur gesagt werden, dass es ein Problem gibt, man muss sich dem auch so annähern, dass man eine Sicherheit bekommt, damit sich so etwas in nächster Zeit nicht wieder darstellt. Ich erinnere an die sehr unsichere Situation, die sich aus der Problematik der Optionen ergeben hat.

LAOLA1: Inwiefern?

Novotny: Wir haben darauf hingewiesen, dass es Klarstellungen bedarf. Wir stehen dazu, dass der österreichische Vereinsfußball einer ist, der Spieler entwickelt. Es soll für die Vereine eine Chance geben, am Transfermarkt zu partizipieren. Dafür bedarf es aber eben rechtlich klarer Verträge. Mir fehlt diese Problemlösungs-Kompetenz, weil nichts passiert. Es wird gesagt: „Wir haben jetzt zwar einen kleinen Betriebsunfall gehabt.“ Wir sind aber nicht so weit, dass wir sagen: „Dieser Betriebsunfall wird sich nicht wiederholen.“ Eigentlich warten wir darauf, bis der nächste passiert.

LAOLA1: Sie sprechen über den Fall Karim Onisiwo und den SV Mattersburg.

Novotny: Es gibt dieses Problem nichtgeregelter Optionen. In diesem konkreten Fall ist dem SV Mattersburg ein nicht unbeträchtlicher Geldbetrag entgangen. Seitens des Spielers ist ja eigentlich der Schritt da, auf den Verein zuzugehen und das vernünftig zu regeln. Der Verein vertritt allerdings die Auffassung, dass er im Recht ist. Das steht ihm ja auch zu.

"Ein Teamspieler hat ganz einfach einen ganz anderen Marktwert als einer, der gerade erst im Profifußball Fuß fassen möchte"

LAOLA1: Mattersburg entgeht ja nicht nur ein Geldbetrag, es drohen auch Schadenersatzforderungen.

Novotny: Wenn ich einen Transfer verhindere, der eigentlich nicht zu verhindern ist, dann entsteht dem Spieler ein Schaden. Wenn man alle Möglichkeiten ausschlägt, einen Konsens zu finden, dann hat das eben eine entsprechende Konsequenz, wenn man mit seiner Einschätzung, im Recht zu sein, falsch liegt.

LAOLA1: Welche Schritte sind notwendig, um diese unklare Situation, was die Optionen betrifft, zu klären?

Novotny: In diesem Fall wurde seitens des Obersten Gerichtshofes sehr auf den Kollektivvertrag eingegangen. Es gibt Möglichkeiten und genügend Experten und Berater, die einem hilfreich zur Seite stehen können, um entsprechend klare Formulierungen zu finden. Es ist für alle Seiten hilfreich, wenn klargestellt ist, dass eine Option für beide Seiten möglich ist, aber beispielsweise folgendermaßen auszusehen hat: Beide Seiten haben die gleiche Chance. Kritisiert wurde ja der Umstand, dass nur der Verein die Möglichkeit hat, den Vertrag zu verlängern, während dem Spieler „nur“ das Recht eingeräumt wird, eine angemessene – ein sehr dehnbarer Begriff – Gehaltserhöhung dafür zu bekommen.

LAOLA1: Wo liegt das Problem?

Novotny: Die Entwicklung des Spielers. Der Fall Onisiwo ist da ein Paradefall: Er ist als Drittliga-Spieler zum damaligen Zweitligisten Mattersburg gekommen, ist mit dem Verein aufgestiegen und in dieser Phase auch zum Teamspieler geworden. Seine Vertragssituation hat auf diesen Umstand keine Rücksicht genommen. Ein Teamspieler hat ganz einfach einen ganz anderen Marktwert als einer, der gerade erst im Profifußball Fuß fassen möchte. Das wurde kritisiert, und da besteht Handlungsbedarf, das entsprechend anzupassen.

LAOLA1: Was ist die Position der VdF zur Ligareform? Wo sehen Sie Probleme auf die Spieler zukommen?

Novotny: Ein wesentlicher Anlassfall für die Reform war die sehr unbefriedigende Situation in der zweiten Spielklasse, wo man eigentlich den Profifußball vorgegeben hat, dieser aber kaum zu finanzieren war. Daher glaube ich, dass ein Schritt zurück in dieser Spielklasse richtig ist. Das wird in der Folge wahrscheinlich auch unser Hauptaufgabengebiet sein. Es wird eine ganz große Anzahl von Akademie-Abgängern vorweg in dieser Liga Fuß fassen. Den Spielern muss bewusst sein, dass sie zwar ihre Chance im Profifußball haben, dürfen aber nicht vergessen, dass dieser Schritt noch nicht definitiv und möglicherweise für eine längere Zeit gesetzt werden kann. Das betrifft auch die Spieltermine, um auch andere Tätigkeiten wie ein Studium oder eine weitere Beschäftigung zu ermöglichen.

LAOLA1: Für eine semiprofessionelle Liga ist der Freitagabend also ein schlechter Spieltermin, weil man an einem Wochentag als Spieler möglicherweise quer durch Österreich fahren muss und deshalb an diesem Tag nicht arbeiten kann?

Novotny: Ich glaube, es geht weniger darum, ob ausnahmsweise am Freitag gespielt werden sollte. Man darf einen Termin nicht generalisieren. Wichtiger ist, dass man sich dessen bewusst ist, was man in dieser Liga macht. Man muss entsprechend flexibel sein und auch wissen, dass man nicht in einer Liga ist, die ausschließlich Profifußball produziert. Wenn das so ist, wird es funktionieren. Es ist Flexibilität vonnöten und gleichzeitig das Bewusstsein aller Beteiligten, wo sie sich eigentlich befinden.

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