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Rapid täuscht über eigene Schwächen hinweg

Trotz Sieg über Grödig funktioniert bei Rapid einiges nicht. Wo Rapid Probleme hat:

Rapid täuscht über eigene Schwächen hinweg

So emotional die Jubelstürme nach dem 3:2-Sieg Rapids über Grödig ausfielen, desto emotionsloser erschien die Entstehungsgeschichte.

Die Grün-Weißen zogen dank Matej Jelic in letzter Sekunde noch einmal den Kopf aus der Schlinge und bleiben im Titelrennen.

Doch nicht zum ersten Mal täuschte das Ergebnis über die Schwächen und Fehleranfälligkeit der Hütteldorfer hinweg.

„Wir spielen lange genug Fußball, um zu wissen, dass das nicht unser bestes Spiel war“, stellt Christopher Dibon gegenüber LAOLA1 klar.

Teilweise wirkte der Auftritt gegen das nunmehrige Tabellen-Schlusslicht wie eine Bankrotterklärung. Erst spät entwickelte Rapid jenen Willen, jene Moral und jenen Charakter, welche schlussendlich doch noch den Ausschlag geben sollten.

  • Viel Ballbesitz, wenig Gefahr

Rapids Problem gegen tief stehende Gegner ist in der Ära Barisic längst bekannt. Auch gegen Grödig biss man sich an der Defensive die Zähne aus und konnte zu selten über die Seiten oder die Mitte durchbrechen. Am Ballbesitz hapert es dabei nicht. 80,3:19,7 Prozent machte dieser in der ersten Halbzeit aus, nach 90 Minuten pendelte er sich bei 76,7:23,3 Prozent ein. Selbst für das ballbesitzorientierte Rapid ein extrem hoher Wert. Insgesamt spielte Rapid 722 (!) Pässe, 593 kamen auch an. Trotzdem wurden katastrophale Fehlpässe eingestreut, die für Verwunderung sorgten. Zudem wurde selten der Risikopass probiert, alles beruhte auf Vorsicht und Abwarten. Gegen Grödig war der Spielaufbau zudem zu umständlich, immer wieder nahm man sich mit einem Neuaufbau selbst den Schwung aus dem Spiel. „Es ist auf jeden Fall nicht einfach, wenn die Gegner tief stehen und ihre Kontersituationen gewinnen. Da müssen wir auf der Hut sein, mehr den Abschluss suchen und mehr das Eins gegen Eins im letzten Drittel“, erkennt auch Stefan Schwab Handlungsbedarf. Denn Ballbesitz gewinnt bekanntlich keine Spiele, nur zwölf Torschüsse zeugen außerdem davon, dass man nur selten in die Gefahrenzone vordringen konnte.



  • Fehlender Plan?

„Es ist momentan nicht so leicht, alles fußballerisch zu lösen“, meint Christopher Dibon und spricht damit einen wunden Punkt an. Denn oft muss man einfach andere Tugenden an den Tag legen, wenn es spielerisch nicht läuft. „Wir wollen ja jeden Tag besser werden. Wir wissen, welches Potenzial in der Mannschaft steckt, aber wenn man fußballerisch einen schlechteren Tag hat, muss man halt kämpfen wie ein Löwe“, so Dibon weiter. Gegen Grödig kam Rapid erst sehr spät darauf zurück. Von einem planlosen Spiel seiner Mannschaft wollte Trainer Zoran Barisic trotzdem nichts hören: „Der Eindruck täuscht. Wir hatten die spielerischen Mittel, um ins letzte Drittel zu kommen, danach ist für meine Spieler alles erlaubt, da können sie kreativ sein. Ich kann nicht alles auf einem Flipchart aufzeichnen. Aber es stimmt, dass wir uns zu selten durchsetzen konnten.“ Während den Grün-Weißen das Umschaltspiel gegen offensivere Gegner wie Austria oder Sturm liegt, tauchen die Probleme vermehrt gegen Teams wie den WAC und Grödig auf. Schwab hätte einen Plan, den man gegen Teams dieser Ausrichtung öfters umsetzen müsste: „Wir müssen dann mehr mit der Brechstange probieren, das Tor unbedingt erzwingen und mehr über die Flanken kommen.“ Vor allem die Ergänzung zeigt, dass das eintönige Anrennen der gegnerischen Defensive nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann: „Wir müssen unser Spiel über die 90 Minuten öfter variieren.“

  • Ausnahmekönner außer Form

Florian Kainz war im Herbst der überragende Akteur im Team der Grün-Weißen, Stefan Stangl bildete mit ihm eine unberechenbare linke Seite. Auch Philipp Schobesberger wusste mit seinen Dribblings gegnerische Abwehrreihen zu entnerven, dazu bestimmten Thanos Petsos und Stefan Schwab das Umschaltspiel aus der Zentrale heraus. Im Frühjahr hinken diese und auch andere Akteure ihrer Form aber deutlich hinterher. Vor allem Schobesberger erwischte gegen Grödig einen rabenschwarzen Tag, auch Kainz wirkte verunsichert und zeigte nicht jene Dynamik und Ballbehandlung, die ihn bisher so unverzichtbar machte. Auch im Mittelfeld schlichen sich viele Unsicherheiten und Fehlpässe ein. An der Überspieltheit alleine sollte es eigentlich nicht liegen, die genauen Gründe liegen aber noch im Dunkeln. „Fehler passieren, keiner macht die Fehler absichtlich“, verteidigt Dibon seine Mitspieler. Vor allem war offensichtlich, dass die hohen Niederlagen gegen Valencia noch nicht gänzlich aus den Köpfen verbannt waren. Die volle Überzeugung und der Wille, die Partie noch zu drehen, war bei vielen dieser Akteure erst spät erkennbar. „Was wir die letzten sechs, sieben Minuten gehabt haben, hat uns die restliche Zeit gefehlt. Der unbedingte Wille, die Tore zu erzielen und in den Strafraum reinzukommen und auch ein bisschen die Brechstange probieren. Das ist uns zum Schluss gelungen. Aber wir müssen solche Spiele früher entscheiden, jedes Mal geht das nicht gut.“ Die Einstellung der Schlüsselspieler wird dabei im Titelkampf noch eine entscheidende Rolle spielen.

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  • Zu späte Reaktion

Für viele unverständlich war das Verharren von Barisic auf der Trainerbank. Die Ideen und Durchschlagskraft fehlten, frischer Wind hätte der Mannschaft kurz nach der Pause gut getan. Doch der Chefbetreuer hielt an seiner Mannschaft fest, kassierte dann auch noch den 1:2-Rückstand, ehe er erst in der 68. Minute mit einem Doppelwechsel aktiv wurde. „Die Bank war sehr gut besetzt, aber wir haben diese Woche drei Spiele. Da ist es wichtig, dass alle bei hundert Prozent sind“, rechtfertigte sich Barisic, ohne wirklich auf das Abwarten einzugehen. Einzig und allein die Personalie Steffen Hofmann wurde diskutiert, schließlich war dieser nach Wadenproblemen noch nicht bereit für 90 Minuten. „Ich bin der Meinung, dass es deshalb besser ist, ihn einzuwechseln als von Anfang an zu bringen. Er ist einer, der über die Schmerzen drübergeht und den man schützen muss.“ Es war allerdings nicht das erste Spiel, wo Barisic erst spät Veränderungen vornahm und nicht schon früher aktiv ins Spielgeschehen eingriff. Dabei bestätigte er, dass Schobesberger gegen Grödig nicht viel gelungen ist. Die Alternative Thomas Murg wurde allerdings erst spät, Deni Alar gar nicht in die Partie gebracht. Nach dem Doppelwechsel mit Hofmann und Murg setzte Barisic dann noch die Einwechslung von Schwab in der 77. Minute drauf. Damit bewies er ein goldenes Händchen, schließlich sollte dieser wenige Minuten später das zwischenzeitliche 2:2 erzielen.

  • Anfälligkeit bei Standardsituationen und Kontern

Die offensiven Qualitäten wirken sich noch immer negativ auf die Kompaktheit der gesamten Mannschaft aus. Gegen Grödig suchte Rapid einmal mehr das Heil in der Offensive, wurde ungeduldig und warf mit Fortlauf der Partie immer mehr nach vorne. Dadurch entstand viel Platz für die über Konter gefährlichen Gäste. Hätte die Schöttel-Elf den einen oder anderen Gegenstoß konsequenter abgeschlossen, wäre mehr drin gewesen. Gegen Valencia wurden eben diese Fehler bitterböse bestraft. Ballverlust, viele Spieler in der gegnerischen Hälfte und schon lief der Konter über wenig Stationen, der schlussendlich zum Torerfolg führte. Nicht umsonst behauptete Barisic, dass das Team nach dem 1:2 die Balance verloren hatte und keine gute Raumaufteilung hatte. Das wirkte sich sowohl offensiv als auch defensiv aus. Der frühe Rückstand unterstrich zudem eine sonst ungewohnte Schwäche, nämlich jene bei Standardsituationen. Erst unter der Woche kassierte man gegen Valencia ein Kopfballtor, auch diesmal konnte Matthias Maak nach einer Ecke das runde Leder im Tor versenken. Die Mischung aus Raum- und Manndeckung bei Standards zeigte sich zuletzt fehleranfällig, immer wieder wurden Gegenspieler blank stehen gelassen. Abstimmungsprobleme - sowohl bei ruhenden Bällen, schnellen Gegenstößen, als auch im Offensiv-Spiel sollten schnell abgestellt werden, will man am Ende tatsächlich ein Wörtchen um den Meistertitel mitreden.


Alexander Karper

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