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Matthias Luttenberger im LAOLA1-Interview

Matthias "Lutti-1" Luttenberger, Österreichs erfolgreichster PES-Spieler, über die World Finals in Cardiff.

Matthias Luttenberger im LAOLA1-Interview

Matthias "Lutti-1" Luttenberger ist Österreichs erfolgreichster Pro Evolution Soccer Spieler. Vor kurzem hat er sich sogar für die Endrunde der PES League in Cardiff qualifiziert, wo es um insgesamt 350.000 € Preisgeld geht.

Im LAOLA1 Interview verrät der 29-jährige Steirer, wie er sich auf deses Großevent vorbereitet, erzählt über seine Versuche auch bei FIFA Fuß zu fassen und erklärt ausführlich worin der Vorteil an Pro Evolution Soccer für ihn liegt.

Vize-Weltmeister und Vize-Europameister

Matthias Luttenberger ist 29 Jahre alt, arbeitet im Familienbetrieb, ist Master in BWL und ganz nebenbei einer der erfolgreichsten eSportler der Nation. Als Pro Evolution Soccer Spieler darf er sich bereits Vize-Weltmeister und Vize-Europameister nennen. Nun hat er sich für die World Finals der PES League, die in Cardiff ausgetragen werden, erfolgreich auf der PlayStation 4 qualifiziert. Dort geht es neben dem Weltmeistertitel auch um einen Preispool von insgesamt 350.000 €.

Uns verrät der sympathische Steirer, wie er sich auf das Event vorbereitet, was seine Höhen und Tiefen seiner bisherigen PES-Karriere waren, was er zur eSports-Szene in Österreich sagt und gibt zudem noch einige Tipps für angehende PES-Profis.

LAOLA1: Warum PES und nicht FIFA?

Matthias: Ich habe eigentlich immer beides gespielt und war nie ein absoluter Fan einer speziellen Reihe. Einzig ISS Pro Evolution und PES 1 bis 6 waren meiner Meinung nach den FIFA-Spielen spielerisch doch überlegen. Für FIFA 08, 09 und 13 wechselte ich sogar zur großen Konkurrenz. Aber für mich haben beide Titel ihre Daseinsberechtigung. Man merkt jedoch, dass die PES-Community etwas älter ist, weil diese die glorreiche Zeit des Spiels miterlebt haben, wo ein Spiel trotz Mangel an Lizenzen einfach besser war. Nur ein Beispiel: Bei den Weltmeisterschaften sind die Spieler im Schnitt 25 Jahre alt. Junge Spieler, die jetzt FIFA spielen, haben meist überhaupt keine Berührungspunkte mit PES, da sie nie die glorreiche Zeit erlebt haben.

LAOLA1: Worin liegt für dich der Vorteil in PES gegenüber FIFA?

Matthias: Wenn wir von der Spielmechanik ausgehen, wirkt PES einfach direkter und wird dadurch actionreicher. Man kann in das Dribbling gehen, ohne Skill-Moves auszuüben. FIFA wurde irgendwie immer träger, auch aus gewissen Simulationsgründen. Es sind einfach unterschiedliche Spiele und wenn man zum Beispiel von FIFA auf PES oder umgekehrt umsteigen möchte, dann ist das sehr schwierig. Man braucht immer 10-20 Partien, um sich in das Spiel hineinleben zu können.

LAOLA1: Was waren die Höhen und Tiefen deiner bisherigen PES-Karriere?

Matthias: Bisher war meine PES-Karriere eigentlich ziemlich hoch. 2014 wurde ich Vize-Europameister und 2015 Vize-Weltmeister. Natürlich sind die Finalniederlagen sehr bitter, wobei man erst einmal ins Finale kommen muss. Aus Mangel an Turnieren in Österreich, ist es immer schwierig dann bei internationalen Events zu bestehen, weil einem einfach die Offline-Erfahrung fehlt und das Spiel offline etwas anders ist. Vor allem von der Spielgeschwindigkeit her. Die PES-Szene ist zum Beispiel in Deutschland und Frankreich viel größer als hierzulande. Dort gibt es 30 bis 40 Offline-Turniere im Jahr. Da haben die Konkurrenten natürlich diverse Spielmechaniken eher intus, als wenn man nur online spielt, wie es bei mir hauptsächlich der Fall ist.

Am meisten weh tut mir natürlich die Finalniederlage bei der WM 2015. Als ich 2:1 führte, schoss ich mit Lewandowski leider an den Pfosten, das eigentlich ein Standard-Tor gewesen wäre. Im Gegenzug darauf kassierte ich den Ausgleich und gab das Spiel dann noch 2:3 aus der Hand. Wenn dieser Ball ins Netz gegangen wäre, dann wäre ich vielleicht Weltmeister geworden.

"Die Veranstalter haben vier Tage vor der EM 2017 in Barcelona bestimmt, dass nur lizenzierte Teams spielen dürfen."

Matthias Luttenberger über spontane Regeländerungen

LAOLA1: Du hast dich erfolgreich für die World Finals der PES League in Cardiff qualifiziert, wo es um den Weltmeistertitel und 350.000 € Preisgeld geht. Wie bereitest du dich auf dieses Großereignis vor?

Matthias: In diesem Jahr habe ich 3 Kollegen kennen gelernt, die auch PES spielen. Mit ihnen werde ich bestimmt die eine oder andere Offline-Session absolvieren. Das ist für mich bereits ein erheblicher Vorteil im Vergleich zu den vergangenen Jahren.

Es gibt leider nicht so viele PES-Spieler in Österreich. Vor allem Spieler, die auch von den Ereignissen wissen. Viele spielen einfach nur gegen Freunde und die Familie und wissen von den ganzen Turnieren sehr wenig. Wobei mittlerweile die PES-League, wie bei FIFA auch ins Spiel integriert wurde. So sieht man, wenn man das Spiel startet zumindest, dass es so etwas gibt, wie eine Liga mit Turnieren und Preisgeldern. Die Szene wird dadurch merklich größer. Man hat heuer gemerkt, dass ein paar neue Spieler dazu gekommen sind, die man vorher noch nicht kannte.

Zusätzlich haben wir eine internationale PES-Gruppe, wo Spieler vertreten sind, die sich zum Beispiel bei Weltmeisterschaften kennen gelernt haben. Wir kennen uns also alle wirklich persönlich. Da hat man natürlich den großen Vorteil gegenüber anderen Spielern, dass man immer die Möglichkeit hat, gegen richtig starke Gegner zu spielen. Man gibt sich zwar gegenseitig keine Tipps, denn am Ende des Tages sind wir natürlich Konkurrenten, aber man kann sich einiges abschauen, wie etwa Corner-Varianten, Schüsse, die ganz untypisch ins Tor gehen, bzw. komische Flugkurven nehmen und so weiter. Und das kann man dann in sein eigenes Spiel übernehmen und versuchen nach zu machen.

Das ist natürlich mein Vorteil gegenüber Spielern, die komplett neu einsteigen und gleich ganz vorne mitmischen wollen.

LAOLA1: Wie viele Stunden trainierst du pro Woche?

Matthias: Also wenn ich es auf das Jahr aufrechne, sind es pro Woche ungefähr 4 bis 5 Stunden. Wenn ich dann zum Beispiel zu Weihnachten mehr Zeit habe, dann sind es schon etwa 3 bis 4 Stunden am Tag über einen Zeitraum von eineinhalb Wochen. Oder wenn ein Turnier vor der Türe steht, versuche ich selbstverständlich auch mehr zu trainieren. Das heißt, ich verwende jede freie Minute mit dem Spielen, oder um Taktikeinstellungen zu testen, usw.

Allerdings haben die Veranstalter vier Tage vor der EM 2017 in Barcelona bestimmt, dass nur lizenzierte Teams spielen dürfen. Ich habe aber das ganze Jahr mit Real Madrid trainiert, das bei PES nicht lizenziert ist und durfte dann natürlich auch nicht mit Real spielen. Also spielte ich mit dem FC Barcelona, doch die Spielweise im Vergleich zu Real Madrid auf diesem hohen Niveau ist dann doch erheblich unterschiedlich. Ein Beispiel: Real ist eher Flanken-lastig und Kopfbälle sind overpowered. Das kann man mit Barcelona leider schwer spielen mit Messi und Neymar im Sturm. Da habe ich leider überhaupt keine Zeit mehr gehabt, mich vorzubereiten, weil ich beruflich viel zu tun hatte. Ich habe dann einen Tag in Barcelona genutzt, um mich mit dem FC Barcelona einzuspielen. Und am Turniertag habe ich es dann doch noch geschafft, mit ein bisschen Routine und ein paar Kniffen immerhin noch den vierten Platz zu ergattern.

Berufliche und private Angelegenheiten gehen bei mir einfach vor. Und wenn es sich nicht ausgeht, dann muss man einfach schauen, wie man mit den wenigsten Mitteln und Möglichkeiten irgendwie doch noch vorne mitmischen kann.

LAOLA1: Mit welcher Mannschaft spielst du in PES am liebsten?

Matthias: Ja, jetzt mit dem FC Barcelona. (lacht) Durch die Regeländerung muss ich mich da natürlich umstellen. Nun spiele ich eigentlich ausschließlich mit Barca. Davor war es Real Madrid, weil die Spieler körperlich einfach anderen Mannschaften überlegen sind und die Spielweise im aktuellen PES-Teil doch eher auf die körperliche Stärke der Spieler, sowie Flanken und Kopfbälle ausgelegt ist. Da hat Real einfach erhebliche Vorteile gegenüber Barcelona.

LAOLA1: Wie siehst du die Entwicklung von PES im eSport?

Matthias: Ich bin da immer sehr realistisch und weiß natürlich, dass FIFA PES immer zwei Schritte voraus ist. Allerdings gibt es in diesem Jahr endlich Hoffnung, nachdem das Preisgeld erhöht wurde und ich bei der EM in Barcelona im März gesehen habe, wie professionell das Turnier abgelaufen ist. Man merkt einfach, dass ein frischer Wind durch die PES-Szene geht. Konami versucht das Ganze auf ein neues Level zu heben. Angefangen von den Kamera-Teams, Livestream-Übertragungen mit drei Moderatoren, digitaler Bühne mit Statistiken, usw. Diese Entwicklung ist unheimlich wichtig. Was in den nächsten Jahren passiert, kann ich schwer einschätzen, weil natürlich FIFA der große Konkurrent ist und dort sehr vieles richtig gemacht wird. Für mich hängt hier sehr viel an den Lizenzen. Wenn Konami weiterhin ein ernsthafter Konkurrent sein möchte, dann müssen sie sich einfach mehr Rechte sichern.

Nun schaut es ganz danach aus, dass 2018 die deutschen Bundesliga-Lizenzen neu vergeben werden und würden die Entwickler sich diese sichern, wäre das natürlich ein tolles Zugpferd für den europäischen Markt. In Südamerika ist PES bereits das erfolgreichere Spiel von beiden, weil dort eben die Lizenzen vorhanden sind. Und es ist sehr eng damit verknüpft, welche Rechte das Spiel hat. Die Leute wollen einfach mit ihren Lieblingsmannschaften und Idolen spielen. Zwar sind die Spielernamen in PES original, aber die Trikots, Vereinsnamen und -wappen nicht. Und das ist leider ein Problem bei der Präsentation des Games und ist im Spielspaß natürlich doch eine Einschränkung gegenüber FIFA.

LAOLA1: Wie beurteilst du den Einstieg großer Fußballvereine in den eSport?

Matthias: Für uns als Spieler ist das natürlich eine enorm coole Sache! Was ich nur von den Zahlen ungefähr weiß, ist, dass die deutsche Bundesliga im Jahr etwa 2 Milliarden Euro Umsatz macht, während die deutsche Spieleindustrie gesamt, also nicht nur PES und FIFA, ungefähr 4 Milliarden Euro einnimmt. Also das ist wirklich eine riesige Industrie und die Vereine versuchen natürlich dadurch ein junges Publikum zu erreichen.

Der Schritt vom FIFA- oder PES-Spieler zum Fußball-Fan ist natürlich kleiner, als der des League of Legends Spielers. Ich glaube, dass sich da in den nächsten Jahren sehr viel tun wird. Vor allem im Fußball-eSports-Bereich, weil den Vereinen immer mehr bewusst wird, dass sie dort das richtige Publikum erreichen. Immer weniger junge Leute werden Fußball-Fans, oder aktive Fußballer und da kann man durch einen kompetitiven Bewerb natürlich auch fördern, dass sich wieder mehr Menschen für Fußball als Sport interessieren.

"Die österreichische eSports-Szene ist seit der Finanzkrise enorm eingeschlafen."

Luttenberger über die heimische eSports-Szene

LAOLA1: Was sagst du generell zur eSports-Szene in Österreich? (Entwicklung, eSportler, Clans, etc.)

Matthias: Die Szene ist seit der Finanzkrise enorm eingeschlafen. Es hat früher sehr tolle Events gegeben, wie etwa die Alpen EPS, oder die ESWC, wo die Qualifikations-Turniere auch in Österreich ausgetragen wurden. In den letzten Jahren ist dies leider total abgeebbt. Es gibt zwar die Konsolenstaatsmeisterschaft auf der Game City, die zwar sehr nett ist, aber eben nur nett. Da sollte man auf jeden Fall den Spielern, bzw. den Clans mehr bieten, als es aktuell der Fall ist. Da muss sich also unbedingt sehr vieles ändern

In Österreich ist der eSport, bzw. das Gaming generell ein sehr müdes Thema. Es wird erst jetzt langsam wieder etwas reaktiviert und das kann natürlich für alle Spieler, Clans und Vereine nur von Vorteil sein, wenn das Thema nun wieder mehr in die Medien kommt. Vor allem muss das Interesse wieder geweckt werden.

LAOLA1: Zum Abschluss noch ein Tipp für angehende PES-Profis?

Matthias: Das Wichtigste ist, dass man am Anfang einmal das Spielverständnis von PES erlernt. Es geht sicher nicht, wenn man FIFA-Spieler ist und nur etwa fünf Spiele in PES spielt, dass man dann gleich über das Game urteilen kann, weil die Spielmechanik einfach sehr unterschiedlich ist. Wenn man PES wettbewerbsmäßig spielen möchte, dann ist es natürlich wichtig, einen guten Trainingspartner zu haben, damit man sich auch ein bisschen austauschen und gegeneinander auch offline antreten kann. Das ist der wichtigste Punkt.

Dann sollte man versuchen in den diversen Online-Ligen vorne mit zu mischen. Auch im Zufalls-Modus, im Matchmaking, kann man gegen gute Spieler spielen. Anschließend sollte man die Spiele aufzeichnen, anschauen, analysieren und eigene Fehler erkennen. Stichwort Videoanalyse: Die Minuten, die man darin investiert sich Videos anzusehen und Tore auszuwerten, können sehr wertvoll und aufschlussreich sein.

Nähere Infos zu Matthias "Lutti-1" Luttenberger findet ihr auf Facebook.

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