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Finale trotz Nervosität, Bindungsbruch und Gips

Finale trotz Nervosität, Bindungsbruch und Gips

Im ersten Durchgang griff der Tiroler bei der Landung nach dem letzten Kicker noch in den Schnee, im zweiten zeigte Snowboarder Philipp Kundratitz einen tadellosen Run auf dem anspruchsvollen Slopestyle-Kurs am Kreischberg und qualifizierte sich als Dritter seiner Gruppe direkt für das WM-Finale am Mittwoch. Mathias Weißenbacher, Alois Lindmoser und Florian Prietl schieden hingegen aus.

"Ich bin sehr zufrieden mit meiner Leistung. Die Nervösität war groß, aber ich habe es gut hinbekommen. Ich bin froh und auch ein bisschen stolz auf mich", sagte der 19-jährige BWL-Student aus Innsbruck.

Die Anfahrt zum und die Landung nach dem letzten Kicker bereitete vielen Athleten Problemen. "Die Landung ist relativ eisig, im ersten bin ich weggerutscht. Und bei der Anfahrt ist es schwierig, den Speed richtig einzuschätzen", erklärte Kundratitz die Herausforderung.

"Ein weiter Weg"

Nach schwierigen Verhältnissen und teilweise Regenwetter im Training präsentierte sich der Kurs am Montag im Sonnenschein und perfekt präpariert. Auch für den Finaltag ist die Wettervorhersage gut. "Das Ziel für heute war der Finaleinzug. Ich habe noch etwas draufzusetzen, schauen wir mal, was rauskommt", sagte der junge Slopestyler.

Über Unterstützung der Familie und von Freunden würde er sich übrigens sehr freuen, "aber es ist ein weiter Weg aus Innsbruck hierher", weiß Kundratitz, der bei der WM einen Doppelstart hat und auch im Big Air noch antreten wird.

Je vier jeder Gruppe kamen aus der Qualifikation direkt ins Finale weiter, die jeweils vier nächstbesten Gereihten kämpfen am Mittwochvormittag (9.20 Uhr) noch um die restlichen zwei Plätze, ehe um 11.00 Uhr das Finale startet.

"Hat extrem wehgetan"

Die beste Leistung in der Qualifikation zeigte mit 93,66 Punkten der Finne Roope Tonteri. In der anderen Gruppe wurde Kundratitz mit 87,00 Dritter. Von der Punktzahl her wäre er Gesamtfünfter geworden. Direkt vergleichen kann man die Gruppen aber nicht, da verschiedene Kampfrichter am Werk waren.

Endstation war für Lindmoser (Gesamt-34.), Weißenbacher (38.) und Prietl (43.). Vor allem von Olympiateilnehmer Weißenbacher hatte man sich mehr erwarten können. Der 22-jährige Salzburger verpatzte wie seine Teamkollegen den ersten Run, bekam im zweiten dann vor dem letzten Kicker kurz vor dem Absprung einen Schlag, verlor den Speed und konnte den Sprung nicht stehen. "Schade, bis dahin war es ein sehr guter und sauberer Lauf", wusste er.

Weißenbacher wird sich nun auf den Big-Air-Contest vorbereiten, ebenso wie Lokalmatador Prietl, der aber erst wieder fit werden muss. Der Murauer hatte schon die ganzen Tage über Probleme bei der ersten Schanze, er war kurz vor Bewerbsbeginn bereits im Training gestürzt und konnte kaum gehen. Für das WM-Antreten biss er die Zähne zusammen. "Ich bin auf Popsch und Rücken gefallen, es hat extrem wehgetan, wie wenn ein Fußballer ein Schenkerl bekommt. Ich bin dann nochmals gestürzt und auf den Kopf gefallen, der tut mir auch weh. Die Hand hat auch was abbekommen", schilderte der 19-Jährige zerknirscht.

Im Bewerb kam er abermals zu Sturz. "Für den zweiten Run wollte ich noch einmal was komplett anderes machen, das hat auch nicht geklappt. Oft geht es blöd", meinte er enttäuscht. "Jetzt werde ich probieren, die Wehwehchen wegzubekommen, um vollfit im Big Air dabei zu sein."

"Perfekt"

Anna Gasser hat längst noch nicht alle Tricks ausgepackt. Mit der Sicherheitsvariante katapultierte sich die Snowboarderin bei der WM am Kreischberg aber souverän ins Slopestyle-Finale.

"Perfekt! Und das mit ihrer Verletzung und einer gebrochenen Bindung. Sie war so nervös, aber sie hat das total super in den Griff bekommen. Wahnsinn, höchster Respekt", jubelte auch Trainer Christian Scheidl.

Die 23-jährige Kärntnerin Gasser hat sich kürzlich einer Operation unterziehen müssen, beim Training in den USA hatte sich ein Knochen im Handgelenk verschoben. Und am Sonntagabend entdeckte Scheidl beim Board-Wachseln, dass eine kleine Verstrebung an der Bindung gebrochen ist. "Ich wollte es ihr eigentlich nicht sagen, weil ich gewusst habe, sie zuckt mir wahrscheinlich aus, aber sie hat es doch herausgefunden. Aber es ist nicht so tragisch", meinte Scheidl zur APA.

Ohne Brillenglas

Weder die Bindung, noch der Sportgips haben Gasser in der Qualifikation aus der Ruhe gebracht. Nur die besten zwei jeder Gruppe stiegen am Montag direkt ins mittwöchige Finale auf.

Sechs weitere Athleten kämpfen im Halbfinale um die restlichen zwei Plätze. Gasser landete mit 84,33 Punkten an zweiter Stelle hinter der Schweizerin Sina Candrian (94,33), aus der anderen Gruppe kamen die Kanadierin Jenna Blasman (87,33) und die Japanerin Miyabi Onitsuka (79,33) weiter.

"Der erste Run war ein totaler Sicherheitslauf, das hat mir den Druck genommen. Ich habe gemacht, was zu machen war und nicht zu viel riskiert", sagte Gasser, die sich aber mit dem Score schon zumindest im Semifinale wähnen durfte. "Er war von der Ausführung einfach perfekt", lobte Scheidl. Im zweiten Lauf wollte sie etwas probieren und noch einmal punktemäßig draufpacken, jedoch klappte es am dritten Kicker nicht wunschgemäß. "Ich habe den Speed falsch eingesetzt, dadurch habe ich nicht mehr 'graben' (greifen/Anm.) können, weil ich sonst überdreht hätte, da muss ich im Finale aufpassen", meinte die Olympiazehnte, die ohne Brillenglas fuhr, weil es nach Sonnenuntergang auf dem Kurs am Schattenhang schon recht finster war.

Die Fäden bleiben drin

Mit dem gesamt drittbesten Score lässt es sich optimistisch in Richtung Finale blicken. "Mein sicherster Trick ist ein 'front 7', den habe ich herunten noch nicht gemacht, weil ich einfach Angst hatte zu greifen. Aber es wird mit der Hand von Tag zu Tag leichter, ich hoffe, dass ich ihn im Finale machen kann. Dann sollten die Punkte auch passen."

Die Position der Jägerin gefällt ihr besser als jene der Gejagten: "Eine Medaille wäre ein Traum. Ich hoffe, dass ich am Mittwoch meinen besten Run zeigen kann und dann auf den Füßen und in den Medaillenrängen lande."

Am Montag gelang es Gasser, die Schmerzen, die die Hand bereitet, auszublenden. Ursprünglich hatte sie angedacht, sich am Dienstag die Fäden ziehen und einen neuen Sportgips anlegen zu lassen. Davon wird sie jetzt aber wahrscheinlich Abstand nehmen. "Ich habe Angst, dass es dann wieder mehr wehtut. Ich mache es wohl nach der WM."