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"Für uns sind die X-Games das wichtigste Event"

Die meisten Sportler und Funktionäre werden von einer rundum gelungenen Veranstaltung berichten, wenn man sie nach den Snowboard- und Ski-Freestyle-Weltmeisterschaften am steirischen Kreischberg befragt.

Fast 800 Athleten haben sich zehn Tage lang in 24 spannenden Wettbewerben sportlich hochwertige Bewerbe geliefert und den Zusehern eine gute Show geboten. Doch nicht alle Sportler fühlen sich von der FIS fair behandelt.

Sauere Freestyler

David Wise ist sauer. Der 24-Jährige ist einer der Dominatoren der Ski-Halfpipe-Szene. Gold bei den X-Games 2012, 2013 und 2014, Weltmeister 2013, Olympia-Gold 2014.

Bei der WM am Kreischberg konnte der US-Amerikaner seinen zwei Jahre zuvor errungenen Weltmeister-Titel nicht verteidigen. Aber nicht, weil er keine gute Leistung gezeigt hätte, sondern weil er aufgrund von Termin-Kollissionen  fernbleiben musste. Und damit ist er nicht allein.

XIX. X-Games

XIX. X-Games
Die besten Freestyler zaubern nur in Aspen

Die Winter-X-Games sind das Mekka aller Freestyler. Das Event, das heuer in Aspen, Colorado, zum 19. Mal stattgefunden hat, holte den Sport aus seinem Nischen-Dasein und rückte die Wintersport-Akrobaten ins Rampenlicht. Die X-Games richten sich hauptsächlich an den amerikanischen Markt und werden dort live im Fernsehen übertragen.

Alle Größen des Sports sind vertreten, ihre wichtigsten Sponsoren selbstverständlich auch. Als Austragungsdatum diente wie immer das Wochenende vor der Super Bowl, um das kurze Fenster zu nutzen, in dem die Staaten für etwas anderes als Football oder Basketball empfänglich sind.

Eine Frage, die sich nicht stellt

Die FIS hat es nun mit der WM am Kreischberg geschafft, die zwei wichtigsten Events des Jahres parallel stattfinden zu lassen und somit viele Sportler vor die Wahl gestellt: Kreischberg oder Aspen?

Für die Weltelite eine Frage, die sich in Wahrheit gar nicht stellt, denn bei den X-Games geht es um Aufmerksamkeit und eine Menge Geld, bei der WM "nur" um den Weltmeistertitel.

Während die Snowboard-Bewerbe recht günstig gelegt wurden und beispielsweise Snowboard-Slopestylerin Anna Gasser nach ihrer Silber-Medaille am Mittwoch sofort nach Colorado jettete, um sich anschließend am Sonntag Platz acht bei den X-Games zu sichern, ist das für viele andere nicht möglich.

Top-Ten nicht am Start

Top-Ten nicht am Start
David Wise in Aktion

Am schlimmsten traf es die Sportler aus den Bewerben Ski-Slopestyle und Ski-Halfpipe (bzw. Ski-SuperPipe). Ihre Bewerbe, die erst nach der Vergabe der WM 2015 im Jahr 2010 in den Kalender aufgenommen wurden, waren so gelegt, dass ein Antreten bei beiden Events unmöglich war.

„Von den Läufern, die ich zu den zehn Besten der Welt zähle, war bei der Weltmeisterschaft keiner dabei. Die X-Games sind dafür verantwortlich, wo wir heute stehen. Für uns alle hier sind die X-Games das wichtigste Event“, schreibt David Wise auf seinem Blog.

Ein einziger Läufer, der Australier Russ Henshaw, lehnte die Einladung zu den X-Games ab und sicherte sich WM-Silber im Ski-Slopestyle am Kreischberg. Noah Wallace, ein 23-jähriger US-Amerikaner, wird hinter ihm Dritter und gab danach zu Protokoll, dass man das Resultat mit einem Sternchen versehen sollte, weil die besten 16 der Welt nicht am Start waren.

"Mittelmäßiger Wettbewerb"

Die X-Games begeistern die (nordamerikanischen) Massen

Steele Spence, der als Judge bei der WM im Einsatz war, erklärte der „Denver Post“: „Slopestyle war auf einem hohem Niveau, wenn auch nicht so gut wie bei den X-Games. In der Ski-Halfpipe ist der Pool an guten Läufern nicht so tief, das war nur ein mittelmäßiger Bewerb.“

Am schlimmsten ist für David Wise der Umgang der FIS mit der Thematik. Auf seinem Blog schreibt er von einem „unverzeihbaren Fehler, der auf Arroganz basiert und wieder einmal zeigt, dass es der FIS an Respekt vor den Freestylern mangle“.

Jahrelang habe man, auch mit Hilfe des amerikanischen Verbandes, versucht, eine Lösung zu finden, um bei beiden Events an den Start gehen zu können. Doch der internationale Skiverband habe kein Interesse daran gezeigt.

FIS weist die Schuld von sich

Bei der FIS sieht man das naturgemäß anders, man habe sich bemüht, eine Lösung zu finden, bei der so wenig Sportler wie möglich dem Turnier fernbleiben müssen. Aber der komplexe Kalender lasse eben keine Änderungen zu.

Für die Freestyler zeigt diese ganze Episode, dass die FIS ein alter, behäbiger Verband ist, der die Freestyler weder versteht, noch sich um ihre Interessen kümmert.

Eine Besserung des Verhältnisses scheint nicht in Sicht, aber zumindest bei den nächsten beiden Weltmeisterschaften sollte es zu keinen Terminschwierigkeiten kommen. Die WM 2017 in der Sierra Nevada (Spanien) soll Mitte März stattfinden, bei der WM 2019 in Park City (USA) kümmert sich der US-amerikanische Verband um die Koordination zwischen den beiden Events.

 

Alexander Neuper