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Vom Sinn und Unsinn Olympischer Jugendspiele

Vom Sinn und Unsinn Olympischer Jugendspiele

Ein Gastkommentar von Markus Redl zu den am Freitag in Innsbruck beginnenden Olympischen Winter-Jugendspielen:


Der 2013 planmäßig aus dem Amt scheidende IOC-Präsident Jacques Rogge (69) hat sich mit der Einführung der Olympischen Jugendspiele für 14- bis 18jährige Leistungssportler ein Denkmal gesetzt.

Abgesehen von seinem strikten Anti-Dopingkurs hofft der ehemalige Olympiasegler und Chirurg mit einem rundum positiv besetzten Projekt in Erinnerung zu bleiben. Rogge bezeichnet die Olympischen Jugendspiele als drittes „Flaggschiff“ des IOC und stellt diese damit auf eine Stufe mit den Olympischen Spielen und den Olympischen Winterspielen.

Im ersten Anlauf gescheitert

Kurz nach seinem Amtsantritt als IOC-Präsident 2001 misslang Rogges erster Versuch sein Konzept von sportartübergreifenden Jugendspielen, mit dem er in den 1990er-Jahren auf europäischer Ebene erfolgreich war, zu globalisieren.

Die Nationalen Olympischen Komitees scheuten den zusätzlichen Aufwand und die Internationalen Sportverbände die Konkurrenz zu den eigenen Nachwuchs-Weltmeisterschaften.

Als TV-Rechteinhaber und Sponsoren 2007 vom IOC Innovationen einforderten, um dem mäßigen Erfolg vorangegangener Spiele bei jungen Zielgruppen entgegenzuwirken, nutzte Rogge seine zweite Chance.

Zweischneidiges Schwert

Offiziell hat sich das IOC mit den „Youth Olympic Games“ ganz dem Kampf gegen die Fettleibigkeit bei Kindern verschrieben, wobei so mancher traditionelle Sportsponsor (Fast Food, Soft Drinks) der Glaubwürdigkeit dieser Bemühungen nicht gerade zuträglich ist.

Auch merken Kritiker an, dass die aktiv teilnehmenden Jugendlichen – allesamt seit Jahren einer Karriere im Spitzensport verschrieben – selbst wohl nur im Ausnahmefall adipös sind.

Viel größer sind da die Herausforderungen die schulische Ausbildung und die ganzheitliche Entwicklung als Persönlichkeit nicht zu vernachlässigen.

Ein Richtungsschwenk

Genau an diesem Punkt setzt das IOC einen erstaunlichen Akzent: Das sogenannte Kultur- und Bildungsprogramm verschafft den teilnehmenden Athleten die Möglichkeit mit Olympioniken zu diskutieren, den Umgang mit Medien zu reflektieren oder auch einmal das richtige Verhalten im alpinen Gelände zu üben – mit einem Wort so richtig Spaß zu haben.

Was harmlos klingt kommt in dem vor allem resultatorientierten Betrieb des Nachwuchsleistungssports einem Paradigmenwechsel gleich. 

Die Führung des IOC versucht zudem mit der Einführung länderübergreifender  Medaillenbewerbe und ähnlichen Maßnahmen nationalem Chauvinismus entgegenzuwirken.

Raum für neue Ideen

Auch hinsichtlich der medialen Vermittlung sollen Olympische Jugendspiele laut IOC eine Plattform für Innovation sein. Die Abhängigkeit von der klassischen TV-Produktion muss angesichts veränderter Mediennutzung durchbrochen werden.

Beim sportlichen Programm können zudem neue Medaillenbewerbe ausprobiert werden. Im positiven Sinn „Experimentierfeld“ für die Olympische Bewegung zu sein geht über die unmittelbare Wirkung bei den relativ wenigen Teilnehmern hinaus.

Wenn es nur um diese ginge, könnte man wohl bei gleichen Kosten an jeden einzelnen ein Vollstipendium für das Universitätsstudium vergeben.

Mehr ein "Trostpreis"

Für die Veranstalter können Olympische Jugendspiele ganz unterschiedliche Bedeutung haben. Die ersten Jugend-Sommerspiele 2010 hat das IOC an den Stadtstaat Singapur vergeben, für den Olympische Spiele sicherlich eine Überforderung darstellen würden.

Die Organisation der Olympischen Jugendspiele hingegen sollte bewusst auch für kleinere Volkswirtschaften machbar sein. Dieses Signal hat mit der Vervielfachung des in der Bewerbung für Singapur 2010 ursprünglich geplanten Budgets an Strahlkraft verloren.

Die Funktion der Olympischen Jugendspiele für Veranstalter im Sommer könnte dennoch mehr „Trostpreis“ als Qualifikation für höhere Weihen sein.

Strategie geht auf

Die Situation für Winter-Veranstalter stellt sich gänzlich anders dar: Innsbruck hat die Olympischen Jugendspiele von den IOC-Mitgliedern mit Rekordvorsprung zuerkannt bekommen.

Mögen die vier erfolglosen österreichischen Bewerbungen um Olympische Winterspiele (2002 bis 2014) eine kleine Rolle gespielt haben, so war das IOC vor allem an einem für den Wintersport infrastrukturell bereits gut aufgestellten Partner interessiert.

Derer gibt es weltweit nicht viele, die Olympischen Jugend-Winterspiele 2016 finden in Lillehammer statt.  Für Innsbruck und Tirol könnte die Kosten/Nutzen-Rechnung voll aufgehen: 

Die Verbindung der Region zur Marke Olympia wird 36 Jahre nach den Olympischen Winterspielen 1976 wieder aufgefrischt. Ein weiteres Olympisches Dorf und Verbesserungen bei den Sportstätten in Seefeld und im Kühtai bleiben auch nach den Spielen.

Wieder im Fokus

Praktisch alle relevanten Entscheidungsträger des olympischen Sports werden Österreich anlässlich der Olympischen Jugendspiele besuchen und Innsbruck in Aktion als Sportveranstalter erleben.

Diese geballte sportpolitische Aufmerksamkeit ist unter normalen Umständen nicht zu erreichen. Auch wenn sich Österreich vermutlich länger nicht mehr für Olympische Winterspiele bewerben wird, steht es dem Land gut an, als erster Veranstalter der Olympischen Jugend-Winterspiele einen Beitrag zu der beschriebenen Reformagenda des internationalen Sports zu leisten.

 

Markus Redl (37) ist Geschäftsführer der Niederösterreichische Bergbahnen – Beteiligungsgesellschaft und unterrichtet Sporttourismus an der IMC FH Krems