news

Ein Jahr vor Olympia: Baulärm & Skepsis in Sotschi

Ein Jahr vor Olympia: Baulärm & Skepsis in Sotschi
Die stolze Wintersport-Nation Russland darf endlich selbst Gastgeber von Olympischen Winterspielen sein.
 
Angefeuert von Kremlchef Wladimir Putin plant das größte Land der Erde in Sotschi 2014 (7. bis 23. Februar) ein Ringe-Spektakel der Superlative.
 
Die Einwohner selbst sind aber skeptisch.
 
Explodierende Kosten
 
Explodierende Kosten, Korruption und extrem lauter Baulärm: Ein Jahr vor Olympia 2014 in Sotschi sind viele Einwohner der russischen Schwarzmeerstadt genervt.
 
"Die stecken sich doch das meiste Geld in die eigenen Taschen", schimpfte etwa der Ingenieur Wladimir.
 
"Schau doch mal, wie viele teure Autos mittlerweile hier herumfahren."
 
Rund 37,5 Milliarden Euro sollen die teuersten Winterspiele der Geschichte kosten, ein Vielfaches der anfangs kalkulierten Summe.
 
Offizielle beruhigen
 
Zwar wiegeln Offizielle und selbst IOC-Chef Jacques Rogge ab: Grund für die immense Summe sei vielmehr, dass die komplette Infrastruktur neu entstehe.
 
Doch auch Kremlchef Putin, der die Spiele fast im Alleingang nach Sotschi geholt hat, platzte jüngst angesichts der hohen Mehrkosten bei einem Kontrollbesuch der Kragen.
 
Derzeit sind Bohrmaschinen-Geräusche im Zentrum von Sotschi omnipräsent. Der Lärm ist täglicher Begleiter in dem mediterran anmutenden Kurort.
 
"Das macht uns schon zu schaffen", meinte Sinaida während eines Spaziergangs mit ihrer kleinen Tochter in einem Park voller Palmen.
 
Kaum findet sich derzeit ein Platz in der Stadt mit ihren rund 400.000 Einwohnern, an der nicht gerade Arbeiter an einem neuen Hochhaus werken.
 
Countdown gestartet
 
   Genau ein Jahr vor der Eröffnung wurde am Donnerstag der Countdown gestartet: Putin und Rogge wollten gemeinsam am Abend bei einer spektakulären Zeremonie im neuen Eispalast den offiziellen Startschuss geben. Die Sicherheitsvorkehrungen waren schon unter tags immens, an Tunneln und Bushaltestellen patrouillierten Polizisten.
 
Über die Meerespromenade flanierten derweil Urlauber im Sonnenschein. "Die milde Luft, der Blick über das Meer, das ist schon toll", schwärmte Maxim aus Moskau. "Ich bin stolz, dass die ganze Welt in einem Jahr auf uns schauen wird", sagte der 37-Jährige.
 
Für Touristen ist die Anreise bisher aber noch recht umständlich. So gibt es derzeit keine Direktflüge aus Österreich oder Deutschland. Experten fürchten zudem, der Flughafen könnte zu klein sein. Nebel ist immer wieder Grund für Flugausfälle.
 
Zeit wird knapp
 
Die Zeit bis zur Eröffnungsfeier am 7. Februar 2014 wird nach Ansicht von Experten knapp. Die Sportstätten seien so gut wie fertig, betont zwar OK-Chef Dmitri Tschernyschenko bei jeder Gelegenheit.
 
Doch selbst Putin kritisierte die Verzögerungen von bis zu zwei Jahren scharf. Beim Treffen mit dem IOC, das die Arbeiten an der Skisprungschanze monierte, machte der Präsident dann aber gute Miene.
 
Noch immer hapert es jedoch an der Infrastruktur. So kommt der Verkehr zwischen Sotschi und dem internationalen Flughafen sowie den Olympiastätten im Stadtteil Adler immer wieder zum Erliegen.
 
Das Merchandising läuft hingegen schon auf Hochtouren. T-Shirts mit dem Sotschi-2014-Logo weisen auf das nahende Mega-Ereignis hin.
 
Interesse der Russen ist gering
 
Noch ist das Interesse der Russen aber an vielen Disziplinen gering. Beim Weltcup der Nordischen Kombinierer fand sich nur eine Handvoll Zuschauer auf den Tribünen ein. Sorgen bereitet auch das milde Wetter.
 
Im Skiressort Krasnaja Poljana, etwa 40 Kilometer oberhalb von Sotschi, herrschten etwa am Mittwoch plus acht Grad Celsius. "Olympia findet bei jedem Wetter statt - egal, ob es schneit oder nicht", beschwichtigte OK-Chef Tschernyschenko.
 
Ein Großprojekt ist der Bahnhof in Adler, nahe dem Olympiagelände. Die verspiegelte Fassade passt nicht recht zu dem bisher beschaulichen Ort. Schon bald sollen moderne Schnellzüge Olympia-Fans und Skitouristen aus dem rund 1400 Kilometer entfernten Moskau nach Sotschi befördern.
 
Flughafen mit Olympia-Flair
 
Am Flughafen sieht es dagegen bereits nach Olympia aus. Vor dem Gebäude empfängt das Ringe-Logo die Gäste. In der Eingangshalle sind Freiwillige in blauem Gewand mit dem Sotschi-Schriftzug zu erkennen.
 
Und junge Leute in knallroten Jacken eines US-Getränkekonzerns stürmen auf die Ankommenden zu und verschenken gekühlte Getränke. "Willkommen in Sotschi. Nur noch ein Jahr bis Olympia", rufen sie.