news

ÖESV schließt vor Wahl kritischen Klub aus

ÖESV schließt vor Wahl kritischen Klub aus

Dreist, dreister, Eisschnelllauf-Verband.

Die Kufen-Artisten schlagen vor der außerordentlichen Generalversammlung am Freitag, bei der über die Nachfolge des scheidenden Präsidenten Manfred Zojer abgestimmt werden soll, ein düsteres Kapitel im großen Buch der österreichischen Funktionärs-Sünden auf.

Exakt vier Tage vor der Wahl wird der Klub ERC Wien überraschend aus dem Verband und somit von der Abstimmung ausgeschlossen.

Die Begründung hat es in sich. In den Statuten des Klubs fehle das Bekenntnis zu den Anti-Doping-Bestimmungen, argumentiert der Verband (ÖESV) in seinem Schreiben.

Sehr wohl enthalten

Irene Stelzmüller staunte nicht schlecht, als sie am Montag den eingeschriebenen Brief vom ÖESV öffnete. Die Obfrau des ERC schüttelte nur mit dem Kopf. So richtig verstehen konnte sie den Vorwurf jedoch nicht. „Wir haben das 2012 eingearbeitet und danach noch einmal leicht adaptiert, damit alles passt“, meint die Wienerin.

Tatsächlich schreibt der Klub unter Paragraph 8, Absatz 3 seinen Mitgliedern vor, sich der jeweils geltenden Fassung des Anti-Doping-Bundesgesetzes zu unterwerfen (siehe Faksimile).

Ist das zu wenig? Stelzmüller weiß es nicht. „Mehr stand in dem Brief nicht drinnen.“

Keine Ankündigung, keine Frist

Für Stelzmüller liegt der Hase ganz woanders begraben. Der Ausschluss dient nicht dem Aufrechterhalten des Anti-Doping-Gedankens, sondern rein politischen Zwecken. Die Klub-Obfrau war einst als Rechnungsprüferin im Verband tätig. Als sie ein Ungleichgewicht beim Auszahlen der Trainer-Honorare aufzeigte, wurde sie mit dem Verweis auf den „ÖESV-Ehrenkodex“ kurzerhand ausgetauscht.

Seither gilt sie als eine der schärfsten Kritikerinnen Zojers und dessen Präsidiums.

Bei der Wahl am Freitag tritt der Amtsinhaber zwar nicht mehr an, der Kärntner gilt jedoch als Unterstützer von Ernst Falger. Obwohl der Innsbrucker der bislang einzige Kandidat für die Wahl am Freitag ist, benötigt er nichtsdestoweniger eine einfache Mehrheit als Bestätigung. Für einen von Zojer handverlesenen Nachfolger allerdings ein recht schwieriges Unterfangen.

„Ein netter Versuch, uns von der Wahl auszuschließen und so das Stimmenverhältnis zu ihren Gunsten zu manipulieren“, weiß Stelzmüller sehr wohl, was es geschlagen hat.

Den Ausschluss will sie so nicht hinnehmen. Denn selbst sollte der ERC tatsächlich eine Verfehlung begangen haben, stuft sie das Vorgehen des ÖESV als rechtswidrig ein. Eine Anschauung, die auch ein konsultierter Rechtsanwalt teilt.

Diffuse Finanzen

Diffuse Finanzen
Michael Hadschieff

Als Hoffnungsträger der Oppositionellen gilt Michael Hadschieff. Der Olympiamedaillen-Gewinner hat sich bislang aber nicht als Präsidentschafts-Kandidat aufstellen lassen, was an der ungewissen finanziellen Situation des Verbandes liegen könnte.

Unter dem aktuellen Präsidium bekam noch kein Rechnungsprüfer Einsicht in die Finanzen, was Hadschieff zuletzt sogar einklagte, was wiederum die außerordentliche Generalversammlung am Freitag zur Folge hatte.

In Punkto Geld erwarten einige Klubs das Schlimmste. Laut vergangenen Kassa-Berichten habe sich das Wertpapier-Depot des ÖESV von Ende 2009 bis Ende 2012 von rund 250.000 Euro auf 22.289,97 verringert. Hinzu stellte die von Zojer zur „prüferischen Durchsicht des Rechnungsabschlusses“ beauftragte Wirtschaftskanzlei HLB Intercontrol Ende 2012 ein negatives Verbandskapital von 6.096,26 Euro fest.

Damit nicht genug, gibt es noch ausstehende Posten von der abgelaufenen Saison. Coaches und Nationaltrainer warten nach wie vor auf Honorare sowie Hotel- und Reisekosten, die sie für Nationalteam-Athleten vorgestreckt haben. Hinzu kommt die fehlende Abrechnung der Staatsmeisterschaften in Weiz mit dem hiesigen Verein. Diese Posten belaufen sich auf einen fünfstelligen Bereich.

LAOLA1 konfrontierte den Präsidenten im Vormonat mit den säumigen Beträgen. Er rechtfertigte dies mit der Umstellung des Fördersystems. Die Gelder kommen seit heuer nicht mehr im Quartal, sondern jedes Monat, wodurch bei einer saisonalen Sportart wie Eisschnelllaufen am Saisonende Engpässe entstehen würden.

Keine Stellungnahme

Wie auch immer will sich Stelzmüller die Sperre nicht gefallen lassen und legte schriftlich Protest ein.

Mit einer Sperre würden auch die eingereichten Einträge des ERC erlöschen, womit die ÖESV-Führung um ein paar heikle Frage herumkommen würde.

Für LAOLA1 war Zojer für eine Stellungnahme am Montag nicht erreichbar.

 

Reinhold Pühringer

„Im Falle einer Pflichtverletzung hätten wir vom Verband angeschrieben und darauf hingewiesen werden müssen. Uns hätte eine Chance eingeräumt werden müssen, das zu korrigieren. Es gab aber weder eine Ankündigung einer Sperre, noch gibt es eine Frist uns zu rechtfertigen. Ein Anwalt meinte, dass ein Ausschluss ohne Fristsetzung rechtswidrig und willkürlich ist“, führt Stelzmüller aus.

Zwischen Schein und Sein

Doch der Ausschluss des ERC Wien ist nicht das einzige Stellrädchen, an welchem die ÖESV-Führung vor der Wahl versucht zu drehen.

Das Präsidium stellte für den Freitag den Antrag, die Verteilung von Leistungsstimmen zu streichen. Eisschnelllauf-Klubs können sich über Weltcup- oder anderweitige Platzierungen zusätzliche Stimmen erarbeiten. Damit soll verhindert werden, dass untätige Vereine den Kurs im ÖESV bestimmen.

Dieses Prinzip bezeichnet die aktuelle Führung nun aber als „ungerecht“. Für Stelzmüller passt das ins Bild. Die Funktionärin zählt mit dem EC Klagenfurt, Baden, Wiener Neustadt sowie den beiden Wiener Klubs, Blue Danube sowie Florido, fünf „Schein-Vereine“ auf, die über keinen Sportbetrieb verfügen, aber allesamt in Zojers Fahrwasser schwimmen.

„Sie haben Kärntner Turner, Skispringer oder Eishockeyspieler bei Österreichischen Nachwuchsmeisterschaften an den Start geschickt. Einer davon war nicht einmal in der Halle, als das Rennen stattfand. Es hat einen Einspruch gegeben, dass das nicht so ins Protokoll gehen darf, aber der wurde nicht behandelt“, erklärt Stelzmüller, dass diese Vereine nun sehr wohl über zumindest eine Grundstimme verfügen.

Abgesehen davon stellt sie die Frage in den Raum, warum beispielsweise ein Kärntner Nachwuchs-Skispringer für einen Wiener Neustädter Verein eisläuft. Für Stelzmüller ist klar: Die Sache stinkt.