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"Wissen, dass wir die Siege nicht nur abholen müssen"

So nah und doch so fern.

Andreas Kofler hatte in der letzten Saison nach einem starken Auftakt die große Chance auf die große Kristallkugel der Skispringer.

Er ließ sie aber ungenutzt.

Wenige Monate danach blickt er auf den erfolgreichsten Winter (5 Weltcup-Siege) seiner Karriere zurück. "Mit einem lachenden und einem weinenden Auge", wie er im Gespräch mit LAOLA1 erzählt.

Kofler konnte viele positive Dinge aus der letzten Saison mitnehmen und will heuer einiges anders machen.

Seine Pläne, den Druck im ÖSV-Team und was er von seinem Motorsport-Debüt am Red Bull Ring mitnehmen konnte, erläutert er im Interview:

LAOLA1: Andi, ihr steht ja schon länger wieder mitten im Training. Wie hast du die Wochen nach dem Saisonende verbracht?

Andreas Kofler: Richtig viel Urlaub konnte ich noch gar nicht machen, ich habe mich rasch wieder auf die Vorbereitung konzentriert. Zwar habe ich versucht, ein bisschen Distanz hineinzubringen, aber eher über Training. Ich wollte mit Laufen und Radfahren den Kopf frei bekommen. Das hat mir bis jetzt sehr gut getan. Wir haben demnächst den zweiten Trainingskurs und ich bin schon wieder voll drin.

LAOLA1: Wie sieht der Trainingsplan für die nächsten Monate aus?

Kofler: Jetzt steht Basisarbeit auf dem Programm: Kraftaufbau und Grundlagentraining. Der erste Sommer-Grand-Prix für mich ist im August. Davor lasse ich aus, denn es sind heuer relativ viele im Ausland.

LAOLA1: Am Red Bull Ring durftest du im Juni als Gaststarter im Scirocco-Cup Erfahrung im Motorsport sammeln. Konntest du irgendwelche Parallelen zwischen Rennfahren und Skispringen entdecken?

Kofler: Eine Parallele ist die Präzision, die es bei beiden Sportarten benötigt. Du musst gewisse Dinge einhalten, so wie Brems- oder Einlenkpunkte. Das ist vergleichbar mit dem richtigen Timing auf der Schanze. Du musst sehr viel mit Gefühl arbeiten. Wenn man im Motorsport mit Gewalt etwas probiert, dann funktioniert es nicht – genauso wie im Skispringen. Auch da braucht man die notwendige Lockerheit.

LAOLA1: Wenn du jetzt mit Abstand auf die letzte Saison zurückblickst: Überwiegt die Freude über Rang drei im Weltcup und die fünf Siege oder der Ärger, die große Kristallkugel verpasst zu haben?

Kofler: Es ist natürlich ein lachendes und ein weinendes Auge dabei. Das lachende überwiegt aber, da es im Vorjahr in der Vorbereitung verletzungsbedingt sehr schwierig für mich war. Ich hatte bis zwei Monate vor dem Weltcup-Auftakt keinen einzigen Sprung absolviert. Allerdings muss man schon die Fakten auf den Tisch legen und sagen: Ja, es wäre mehr drin gewesen. Wir haben das aber analysiert und ich werde versuchen, diese Fehler nicht mehr zu machen. Hoffentlich komme ich noch einmal in die Situation, um den Gesamtweltcup mitfighten zu dürfen.

LAOLA1: Es hat so gewirkt, als wäre nach der Tournee im gesamten ÖSV-Team etwas die Luft draußen gewesen.

Kofler: Die Tournee war das Highlight und unser Dreifachsieg eine Riesensache. Es ist klar, dass danach ein Cut kommt. Da ist dann schnell ein Leistungsabfall da, zumindest in mentaler Hinsicht. Denn wenn man nach so einem Event noch viel Energie hat, dann hat man nicht alles gegeben. Aber das ist ein Punkt, den ich heuer zu verbessern versuche: Das "Jänner-Loch", das ich zuletzt immer hatte, will ich heuer schließen.

LAOLA1: War das in der Vorsaison ein Problem, dass es nach der Tournee ohne Olympische Spiele und Nordische WM keine Highlights mehr gab?

Kofler: Ja, das wirkt sich schon aus. Martin Koch etwa hatte als oberstes Ziel, bei der Skiflug-WM eine gute Figur zu machen. Da muss das Timing dann erst eineinhalb Monate später richtig passen, als wenn man eine starke Tournee springen will. In Saisonen, wo es Schlag auf Schlag geht, hast du gar keine andere Möglichkeit, als ständig unter Spannung zu bleiben. Das war in der letzten Saison aber nicht der Fall.

LAOLA1: Martin Koch macht weiter, auch Wolfgang Loitzl bleibt dabei. Wie wichtig ist das für das gesamte Teamgefüge?

Kofler: Das ist sehr wichtig. Es gibt zwar immer wieder kleine Reibereien, aber wir können uns nach wie vor in die Augen schauen, uns gegenseitig anfeuern und füreinander da sein. Dadurch haben wir auch einen Vorteil gegenüber anderen Teams.

LAOLA1: Bei Großereignissen habt ihr in der Mannschaft eine beeindruckende Bilanz (bei Olympia, Nordischer und Skiflug-WM zuletzt neun Mal Gold in Folge; siehe Diashow oben). Ihr seid quasi die Gold-Garanten im ÖSV. Wie geht ihr damit um?

Kofler: Wir wissen, dass wir für Österreich an den Start gehen und die Erwartungen von außen sehr hoch sind. Das ist ein immenser Druck. Wir wissen, dass wir die Siege nicht nur abholen müssen, sondern jeder fighten und seine Bestleistung abrufen muss. Das war in der letzten Saison bei ein, zwei Mannschaftsspringen nicht der Fall und da ist man gleich einmal Zweiter, Dritter oder gar Vierter.

LAOLA1: Wie sehr hat euch im Team die Todesnachricht von Edi Federer getroffen?

Kofler: Edi war natürlich einer der großen Macher in dem ganzen Skisprung-Zirkus, der mit Andi Goldberger und Thomas Morgenstern sehr schöne Erfolge feiern konnte. Es ist eine tragische Geschichte, denn Edi hat sehr viel gegeben.

Das Interview führte Michael Höller