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"Schlieri" relaxt: "Sehe die Dinge gelassener"

Es war nicht die Saison des Gregor Schlierenzauer.

Der Tiroler, mit dem Ziel Einzel-Olympiasieg in den letzten Winter gestartet, erlebte ein Waterloo.

Bei der Tournee abgeschlagen, im Weltcup "nur" Sechster, im Zeichen der fünf Ringe blieb lediglich Team-Silber.

Was 99 Prozent seiner Adler-Kollegen mit Handkuss nehmen würden, erwies sich für den erfolgsverwöhnten Stubaier als schwächste Saison seiner Karriere.

Neu durchstarten statt Karrierepause

Schlierenzauer wollte etwas ändern und übte öffentlich Kritik - spätestens in Sotschi liefen die Differenzen innerhalb des heimischen Adlerhorstes aus dem Ruder.

Wenige Monate später ist kaum noch etwas, wie es war. Cheftrainer Alexander Pointner, dem seit jeher ein angespanntes Verhältnis zu seinem Vorzeige-Springer nachgesagt wurde, wurde durch Heinz Kuttin ersetzt.

Schlierenzauer, der zwischenzeitlich über eine Karrierepause nachdachte, ist wieder top motiviert und blickt dem Saisonstart in Klingenthal - das Teamspringen (Samstag, 16 Uhr) und das Einzel (Sonntag, 12 Uhr) LIVE im LAOLA1-Ticker - entgegen.

"Es gab viele Gespräche mit der neuen Teamführung, es wurde einiges klargestellt", zeigt sich der 24-Jährige gegenüber LAOLA1 mit der Umstrukturierung innerhalb des Österreichischen Skiverbandes zufrieden.

Gutes Verhältnis zu Neo-Chef Kuttin

Mit Kuttin, der einst Heimtrainer von Thomas Morgenstern war, kommt er gut klar. "Es ist alles sehr familiär, man kann offen und in Ruhe mit ihm reden."

Der Kärntner habe zwar die Fäden in der Hand, Schlierenzauer schätze allerdings am Ex-Weltmeister, dass dieser jedem Athleten Freiräume zugesteht.

"Man hat das Gefühl, er versteht einen. Heinz hat einen guten Weitblick und erkennt, wie es einem geht. Er führt eine klare Linie und steckt voll in der Materie drin." Der Wohlfühlfaktor sei gegeben, den brauche jeder Athlet.

Neue Bindung, alte Erfolge?

Tief in der Materie steckte und steckt auch Schlierenzauer selbst. Im vergangenen Winter stand er sich damit teilweise selbst im Weg. "Ich habe vielleicht zu intensiv trainiert und mich zu sehr im Material vertüftelt."

Schlierenzauer ist ein Perfektionist, der nichts dem Zufall überlassen will. Deshalb hat der - gemessen an Weltcupsiegen (52) - erfolgreichster Skispringer aller Zeiten sich im Sommer dazu entschlossen, sein System mit der Sicherheitsbindung aufzugeben.

Das führt zwar dazu, dass es "aggressiver geworden" ist und damit die Sturz- und Verletzungsgefahr steigt, jedoch erhofft sich der Team-Olympiasieger von 2010 dadurch einen Leistungsschub.

Zurückhaltung bei Schlierenzauer

Punkto Saisonziele hält er sich allerdings auffällig zurück. Schlierenzauer, der nach dem Rücktritt von Morgenstern noch mehr Verantwortung auf seinen Schultern trägt und das Team anführt, nimmt sich Heinz Kuttins Motto zu Herzen.

Dieser will, dass seine Athleten nach der Saison glücklich in den Urlaub fahren. Sein Zugpferd will genau das erreichen und sich durch nichts und niemanden aufhalten lassen.

Das Buch seines Ex-Trainers Pointner, der "Schlieri" darin heftig kritisiert, nimmt er gelassen hin. "Jeder, wie er will. Ich sehe das recht entspannt", erklärt der 24-Jährige, der gereift wirkt.

Schlierenzauer hat aus der letzten Saison seine Lehren gezogen. "Ich sehe die Dinge gelassener", erklärt er. Das macht ihn für den WM-Winter nur noch gefährlicher.


Christoph Nister