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"Bei uns mutet man den Jungen zu wenig zu!"

Wenn Mario Stecher am Samstag beim Weltcup-Auftakt der Nordischen Kombinierer abhebt und anschließend in der Loipe zehn Kilometer abspult, dann tut er das bereits zum 20. Mal.

Der Steirer ist ein wahrer Dauer-(B)Renner seines Sports.

Alleine ein Blick ins Zahlenbuch belegt das: Zwischen seinem ersten und bis dato letzten Sieg liegen unglaubliche 16 Jahre.

Motiviert ist er aber immer noch - auch mit 35 Jahren.

"Unter dem Strich weiß ich jetzt noch mehr, dass das, was ich mache, mir mit Abstand am meisten Spaß macht", erklärt der zweifache Familienvater.

Im LAOLA1-Interview spricht er jedoch auch offen vom Karriere-Ende und darüber, was sich im Alter alles verändert hat. Außerdem nimmt er die Jungen mehr in die Pflicht.

LAOLA1: Mario, du gehst in deine 20. volle Saison. Hat es in der Vorbereitung mal Momente gegeben, wo du dir gedacht hast: Warum tu‘ ich mir das noch an?

Mario Stecher: Nein, im Training an sich nicht. Wenn du dich noch schinden kannst, ist alles in Ordnung. Aber wenn du verletzt bist, dann fragst du dich schon, ob du das noch nötig hast. Ich war ja schon oft verletzt, deswegen ist das dann schon eine schwere Zeit. Aber zum Glück hab‘ ich dieses Mal die Vorbereitung unverletzt überstanden.

LAOLA1: Fällt es mit 35 nicht schwerer, sich zu motivieren?

Stecher: Das ist relativ. Du hast als 20-Jähriger schlechte Tage und als 35-Jähriger schlechte Tage. Unter dem Strich weiß ich jetzt noch mehr, dass das, was ich mache, mir mit Abstand am meisten Spaß macht.

LAOLA1: Wann ist endgültig Schluss?

Stecher: Nach Sotschi. Dann ist es absolut vorbei. Die Olympischen Spiele möchte ich noch mitnehmen, wenn gesundheitlich und leistungsmäßig noch alles passt. Wenn ich in dieser Saison als bestes Ergebnis einen 20. Platz einfahre, dann muss man wahrscheinlich sagen, dass es keinen Sinn mehr macht.

LAOLA1: Im Sommer hat aber nichts darauf hingedeutet, dass du nicht mithalten könntest.

Stecher: Das stimmt. Im Langlaufen sehe ich überhaupt kein Problem. Da weiß ich, dass ich zu den fünf besten Athleten gehöre. Im Skispringen ist es hauptsächlich Kopfsache.

LAOLA1: Hat sich durch den Trainerwechsel (Eugen statt Elden) irgendetwas verändert?

Stecher: Nichts gravierendes. Christoph macht eine super Arbeit und hält uns viel frei. Organisatorisch ist er top. Es werden Trainingspläne erstellt und was ich für gut empfinde, setze ich um. Wir bekommen da alle Freiheiten.

LAOLA1: Fällt das Regenerieren im Alter etwas schwerer?

Stecher: Man regeneriert sicher anders als früher. Du weißt im Grunde, wo du hingehörst. Du musst nicht mehr Nächtelang um die Häuser ziehen. Nach dem Wettkampf gehst du jetzt nach Hause schlafen und nicht mehr in die Bar. Früher war das anders. Als Alter hast du auch nicht mehr diesen Tatendrang (lacht).

LAOLA1: Die ÖSV-Kombi-Mannschaft ist nicht mehr die Jüngste. Dahinter sieht es eher mager aus. Wer könnte am ehesten in eure Fußstapfen treten?

Stecher: Mario Seidl hat heuer und vergangenes Jahr bei den österreichischen Meisterschaften aufgezeigt, im Weltcup war er jedoch nicht präsent. Man kann nur hoffen, dass er heuer im Skispringen die Leistung abrufen kann, die er im Sommer gezeigt hat. Von dem wird es abhängen.

LAOLA1: Man hat aber das Gefühl, dass der Nachwuchs etwas stagniert.

Stecher: Stagnieren würd‘ ich nicht sagen, aber in unserer Sportart ist es eben schwierig, dass alles zusammenpasst. Richtig gute Junge, also 17-, 18-Jährige, gibt es in Österreich momentan nicht. Bei uns mutet man den Jungen zu wenig zu. Wir sind damals einfach ins kalte Weltcup-Wasser geworfen worden. Wir waren zwar nach vier Rennen fetzenblau und haben kapituliert, aber diese Erfahrungen haben uns weitergebracht. Man muss jedoch auch sagen, dass es in Sachen Nachwuchstrainer in Österreich extrem hapert.

LAOLA1: Wäre das etwas, das du dir nach deiner Karriere vorstellen könntest?

Stecher: Kann ich absolut. Ich würde gerne meine Erfahrung an Kinder und Jugendliche weitergeben.

LAOLA1: Und gleich bei den Großen einsteigen wäre keine Option?

Stecher: Ich glaube nicht, dass es der richtige Weg wäre, gleich oben anzufangen. Wobei man natürlich nie weiß, wie man reagieren würde, wenn man gefragt wird. Grundsätzlich solltest du als Trainer aber einen anderen Weg gehen. Außerdem wäre es schwierig, jene Jungs zu trainieren, mit denen du vor kurzem noch als Athlet zusammen warst.

LAOLA1: Siehst du dich auch ein bisschen verpflichtet, deine Erfahrungen weiterzugeben?

Stecher: Die Sportart an sich steht sehr gut da. Vorausgesetzt man zerrevolutioniert sie nicht. Im Skispringen ist es ja momentan eine Katastrophe mit den ganzen Regeln – da kennt sich ja keiner mehr aus. Aber wir sind auf einem guten Weg, es gibt so viele Weltcups wie nie zuvor. Wenn dieser Weg weiter beschritten wird, dann kommen auch die Kinder von ganz alleine.

LAOLA1: Müssen wir uns in Österreich trotzdem auf eine kleine Flaute einstellen, wenn die Stechers und Grubers aufhören?

Stecher: Das glaube ich nicht. Bernie (Gruber, Anm.) wird sicher noch bis 2018 weitermachen und durchaus erfolgreich sein. Bis dahin wird Österreich wieder eine schlagkräftige Mannschaft haben.

Das Interview führte Kurt Vierthaler