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"Methoden von Mayer sind nie hinterfragt worden"

Walter Mayer sah sich am dritten Prozess-Tag mit schweren Anschuldigungen konfrontiert.

Der Finanzbeamte Johannes Obererlacher, der bei den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City als Wachstechniker der ÖSV-Biathleten dabei war, erzählte von einer Beobachtung, die er am 17. Februar 2002 gemacht habe.

Er habe Mayer, damals als Nordischer Sportdirektor im ÖSV, und Olympiasieger Christian Hoffmann an jenem Tag bei der Verabreichung einer Infusion in einem Wachs-Container ertappt.

Mayer mit Hofmann in Wachs-Container

"Es war der Tag des Staffelrennens für die Langläufer über 4 x 10 km", sagte der 48-Jährige zu Beginn seiner Ausführungen.

Er habe sich diese Olympia-Entscheidung an der Strecke ansehen wollen und sei deshalb zum Wachs-Container der Biathleten gegangen, um sich Langlaufski zu holen.

Die Tür zum Container, in dem die Ski der Athleten gelagert und mit "sehr teuren Wachsen" präpariert wurden, sei jedoch "schwer zum Aufsperren gegangen", erst nach "mehreren Versuchen" sei sie aufgegangen - und dann habe er "zwei Personen im Container gesehen: Walter Mayer und Hoffmann Christian, der als Schlussläufer über 4 x 10 km teilgenommen hat".

Infusion verabreicht

"Hoffmann Christian ist auf einer Gymnastikmatte am Boden gelegen, und Walter Mayer hat ihm eine Infusion verabreicht (...). Ich war überrascht, dass kein Arzt anwesend war", gab Obererlacher zu Protokoll.

Die Situation sei für alle Beteiligten "unangenehm" gewesen. "Für mich war das überraschend, weil ich nicht gedacht hätte, dass ich im Container jemanden vorfinde, weil er zugesperrt war. Diese Situation ist nie wieder besprochen worden."

Machenschaften geduldet?

Er habe anschließend beobachtet, wie "Mayer den Infusionsmüll in einem Mistkübel entsorgt hat. Ich hatte das Gefühl, sie ertappt zu haben. Der Vorfall trug maßgeblich zu meinem Ausscheiden aus dem ÖSV bei", erklärte der Finanzbeamte.

Er hatte auch den Eindruck, dass die ÖSV-Verbandsspitze die Machenschaften Mayers geduldet habe, weil dieser ja für historische Erfolge im Langlauf- und Biathlon-Bereich bei Weltmeisterschaften und Olympischen Winterspielen gesorgt habe.

Kritiker "entsorgt"

"Die Methoden von Mayer sind nie hinterfragt worden. Nur die Verträge mit seinen Kritikern sind nicht verlängert worden", betonte Obererlacher.

Und da sich seine persönliche "Anti-Doping-Einstellung" mit einer derartigen Verbandspolitik nicht vertragen habe, "wollte ich selber, dass mein Vertrag nicht verlängert wird".

Mayer: "Ein Racheakt"

Mayer reagierte erbost auf die Ausführungen des ehemaligen Wachsspezialisten.

"Es ist ausgeschlossen, dass ich alleine mit Hoffmann im Container war", sagte der 54-jährige Salzburger und sprach von einem "Racheakt" Obererlachers, der bei den Winterspielen 2002 "gegen die Trainer rebellieren wollte", um nach Olympia selber eine Trainingsgruppe in Obertilliach betreuen zu können.

Richterin unbeeindruckt

Obererlacher ließ sich von diesen Verleumdungsvorwürfen aber ebenso wenig beeindrucken wie Richterin Katharina Lewy, die nur trocken feststellte, dass Mayer wieder einmal behauptete, dass ein Zeuge, der ihn belastet hatte, die Unwahrheit gesagt haben soll.

"Das, was ich gesagt habe, entspricht den Tatsachen", beteuerte Obererlacher. "Es besteht kein Grund, irgendwelche Geschichten herzuzaubern."

Doping-Skandal in Stal Lake City

Fakt ist, dass schon die Olympischen Spiele in Salt Lake City von einem ÖSV-Dopingskandal überschattet wurden.

In den USA waren am 28. Februar 2002 in einem vom ÖSV-Langlauf-Team genutzten Privathaus von einer Putzfrau Geräte zur Durchführung von Bluttransfusionen gefunden worden.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) sperrte deshalb Walter Mayer, damals Rennsportdirektor für Langlauf und Biathlon, bis 2010 für Olympische Spiele.

Walter Mayer (l.) und Alois Stadlober "in Action"

Im Anschluss versicherten die Langläufer Alois Stadlober, Staffel-Weltmeister bei der Nordischen Ski-WM in der Ramsau im Jahr 1999, und Jürgen Pinter, der an den Olympischen Spielen in Turin 2006 teilgenommen hatte und im April 2007 vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) auf Lebenszeit von den Olympischen Spielen ausgeschlossen wurde, von Walter Mayer nie Dopingmittel erhalten oder ohne dessen Zutun gedopt zu haben.

Freundschaft mit Mayer

"Ich bekräftige es noch einmal, nie von ihm etwas bekommen zu haben", meinte Stadlober. Er habe nie beobachtet, dass Mayer etwas mit Doping zu tun gehabt haben könnte:

"Ich hätte sicher versucht, es ihm auszureden, wenn ich da was mitgekriegt hätte."

Er sei "sauer gewesen, dass ich da rein rutsche" - Stadlober wird im Strafantrag der Staatsanwaltschaft Wien als ein angeblicher Abnehmer von verbotenen und von Mayer besorgten Substanzen genannt -, betonte der Zeuge. Er sei mit Mayer befreundet: "Ich stehe dazu und habe viel von ihm gelernt."

"Es ist viel besser geworden“

Mayer hatte als Cheftrainer der österreichischen Langläufer die Sportler an die Weltspitze geführt - was, wie Stadtlober unterstrich, nichts mit verbotenen Methoden zu tun gehabt hätte:

"Er hat das G'spür g'habt, das Feuer und das Engagement. Er hat das G'spür g'habt, wo braucht wer die Peitsche, wo braucht wer einen Arzt oder ein Krankenhaus, wo braucht wer die Zügel. Das hat der Mayer ausgezeichnet zusammengebracht."

Unter Mayer sei vor allem "das Umfeld viel besser geworden". Früher sei man etwa mit dem Bus tagelang zum Training nach Schweden gefahren:

"Da hat's vorn und hinten reingezogen." Mayer habe dann "mehr Geld beim Skiverband rausgeholt", sagte  Stadlober. Zudem sei auf die Ernährung geachtet worden: "Da hat man gesehen, dass die Leistungen sukzessive besser werden."

Pinter und seine Flucht

Mit Walter Mayers "Flucht aus Turin" - dieser hatte nach der Razzia bei den Olympischen Spielen 2006 unter spektakulären Umständen das Weite gesucht - sei "alles zusammengebrochen", bemerkte Stadlober am Ende seiner Einvernahme.

Als "sauberer Sportler" gab sich auch Jürgen Pinter. Auf die Frage, weshalb er dann nach den Olympischen Spielen in Turin gesperrt worden sei, erwiderte er:

"Weil die italienische Polizei bei mir drei, vier Spritzen gefunden hat, mit denen ich mir selber ein Magnesiumpräparat gegen Muskelkrämpfe gespritzt habe."

Seine damalige vorzeitige Abreise vor dem abschließenden 50-Kilometer-Bewerb erklärte Pinter damit, er habe "daheim eine Familie" und sei "zum Schutz für mich und meine Familie nach Hause gefahren".

Entschuldigung bei Pinter

Staatsanwältin Nina Weinberger sprach den 32-Jährigen auch auf seinen Vater, einen pensionierten Justizwachebeamten, an. Wie Weinberger darlegte, habe dieser nach den Vorgängen in Turin "in großen Mengen medizinischen Müll in der Justizanstalt Klagenfurt entsorgt".

Zum Abschluss der Einvernahme des Langläufers meldete sich dann Mayer zu Wort. Der Fall von Jürgen Pinter zeige die "Problematik Walter Mayer".

"Ein vollkommen unbescholtener Mensch, der nie eine positive Dopingprobe abgegeben, nie einen erhöhten Hämatokritwert gehabt und nie verbotene Mittel genommen hat, wird für vier Jahre gesperrt, weil er Walter Mayer kennt. Ich entschuldige mich heute noch dafür, dass Du, Jürgen, mich kennengelernt hast", sagte der ehemalige ÖSV-Direktor.