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Martina Beck: "Ich möchte nicht mit Lena tauschen"

Martina Beck:

Jeder Sportler träumt von Ruhm, Erfolg und Anerkennung.

Was kaum einer bedenkt: Diese Komponenten bringen auch eine Schattenseite mit sich.

Das Privatleben wird teilweise entscheidend gestört, manche Fans überschreiten Grenzen der Privatsphäre, dazu stehen unzählige Termine auf dem Programm.

Beck als TV-Expertin im WM-Einsatz

Martina Beck gehört zu den Sportlerinnen, die beide Seiten kennenlernten.

Die ehemalige Biathletin, die mit TV-Co-Kommentator Günther Beck verheiratet ist mit ihm eine gemeinsame Tochter hat, ist bei der WM in Ruhpolding für Sponsoren und als "Sky"-Expertin im Einsatz.

Im Interview mit LAOLA1 spricht die 32-Jährige über Erfahrungen mit unangenehmen Fans, den Rummel um Magdalena Neuner sowie gravierende Versäumnisse des Deutschen Skiverbandes.

LAOLA1: Martina, du hast in Deutschland einen hohen Bekanntheitsgrad. Wie häufig kommt es vor, dass du gerade hier in Ruhpolding erkannt wirst und Autogramme schreiben musst?

Martina Beck: Ich werde schon noch oft erkannt. Deshalb laufe ich auch ständig mit Autogrammkarten herum. Ich bin ja erst seit zwei Jahren weg, die echten Biathlon-Fans erkennen einen natürlich noch immer.

LAOLA1: Gab es auch unangenehme Erfahrungen mit Fans?

Beck: Es gibt immer wieder Situationen, dass sich eine Traube um einen bildet, an einem rumgerissen und man herumgedrängt wird. Es kam auch des Öfteren vor, dass Fans zuhause vor der Tür standen. Das Problem daran ist, dass die Leute mich kennen, ich sie aber nicht. Natürlich macht es aber auch Spaß, wenn man den Leuten etwas zurückgeben kann. Denn klar ist auch, dass Biathlon ohne die Fans nichts wäre.

LAOLA1: Du hattest in Oberhof eine sehr erfolgreiche WM im eigenen Land. 2004 gab es eine Silber- und zwei Bronzemedaillen für dich. Setzt man sich selbst vor heimischer Kulisse besonders unter Druck?

Beck: Ehrlich gesagt konnte ich das alles damals gar nicht einschätzen. Zwar war ich 1996 in Ruhpolding als Zuschauerin dabei und die Kolleginnen haben erzählt, dass es noch krasser wird als beispielsweise im Weltcup, aber letztendlich passen bei der WM auch nicht mehr Leute rein ins Stadion. Letztendlich ist die WM dann doch noch mal was anderes, es werden eben Medaillen vergeben, die Herausforderung ist eine andere. Ich habe es glücklicherweise immer geschafft, mich vom Druck zu befreien und zum Saisonhöhepunkt noch ein Stückchen mehr aus meinem Körper rauszuholen.

LAOLA1: Die WM 2012 steht im Zeichen von Magdalena Neuner, das G’riss um sie ist unglaublich. Würdest du gerne mit ihr tauschen?

Beck: Nein, ich möchte nicht mit ihr tauschen, ich will aber mit überhaupt niemandem tauschen. Lena kommt mit der Situation gut klar, aber der ganze Trubel ist sicher auch ein Grund, warum sie mit 25 Jahren sagt, sie muss das nicht länger haben. Wenn man sich anschaut, wie an ihr rumgerissen wird und wo sie überall hin muss: Puuh, das ist definitiv noch einmal etwas anderes, als es bei uns der Fall war. Was bei ihr zuhause los ist, dass Fans teilweise täglich vor der Tür stehen, ist doch etwas heftig. Wenn sie Gefahr läuft, gar kein Privatleben mehr zu haben, ist es verständlich, wenn sie sagt: Jetzt reicht’s!

LAOLA1: Ist es nicht dennoch schade, wenn so ein Zugpferd sich frühzeitig vom Spitzensport verabschiedet?

Beck: Wenn  man sich Damen-Biathlon in Deutschland anschaut: Es gab Petra Behle, dann kam Uschi Disl, danach wir. Es war immer jemand da. Klar, jetzt sieht es so aus, als käme keine von den Jungen nach – Andrea (Henkel, Anm.) macht halt bis Sotschi weiter. Aber auch bei den Herren gab es das Problem, als Frank und Sven Fischer aufhörten. Jetzt haben wir Andi Birnbacher und Arnd Peiffer. Man muss halt auch Geduld haben.

Neuner (2.v.r.) und Beck (r.) räumten mehrere Staffel-Medaillen ab

LAOLA1: Die Rekrutierung von Langläuferinnen wird derzeit angedacht. Eine gute Idee?

Beck: Ich weiß nicht, ob das der richtige Weg ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das einfach so funktioniert. Wir Biathleten wären ja doof, über viele Jahre zu schießen. Meiner Meinung nach ist es nicht mit 10-15.000 Schuss erlernbar, wofür andere 100.000 Schuss benötigt haben. Klar, vielleicht ist ein Schießtalent dabei, das wäre toll, aber ich glaube, es kommt auch so Nachwuchs nach.

LAOLA1: Findest du es schade, dass der Langlauf trotz gegenteiliger DSV-Meldungen geschwächt wird?

Beck: Ja, natürlich! Momentan wollen sie in der Not etwas Positives herausziehen und ziehen vom Langlauf Athleten ab. Es ist doch der falsche Weg und ein Zeichen, dass im Biathlon-Nachwuchs falsch gearbeitet wurde. Wenn man sich die Junioren-Weltmeisterschaften ansieht, dort gab es nur eine Medaille für Deutschland. Ich kann mich an keine schlechtere erinnern. Es ist ein Armutszeugnis. Wir haben ja eigentlich ein gutes Sportfördersystem, aber hier müsste im Jugend- bzw. Schülerbereich besser gearbeitet werden.

LAOLA1: Ist es generell ein Problem, dass man sich in Zeiten des Erfolges zu sehr auf den Lorbeeren ausruht?

Beck: Absolut, genauso ist es. Hinterher kommen dann die Fehler raus, die in diesen Jahren gemacht wurden.

LAOLA1: Um noch einmal auf den Neuner-Hype zu sprechen zu kommen. Wie wichtig ist das Team um sie herum?

Beck: Mir persönlich war immer sehr wichtig, dass ich mich mit allen gut verstand und natürlich mit meiner Zimmerkollegin gut auskam. Lena teilt das Zimmer mit Miri (Gössner), die beiden haben sich ziemlich gut eingefuchst. Das ist für Lena extrem wichtig, aber auch umgekehrt für die Miri.

LAOLA1: Wie bringt man sich bei einer solchen WM auf andere Gedanken?

Beck: Man hat so viel zu tun, dass nicht viel Freizeit bleibt. Es gibt Pressetermine, Training, du musst zur Massage. Wenn dann noch Zeit bleibt, geht man halt mal Kaffee trinken. Die deutschen Athleten sind ja abgeschottet, was wichtig ist. Beim Weltcup waren bei uns immer viele Fans im Hotel.

LAOLA1: Mit der Ankündigung, sechs Medaillen gewinnen zu wollen, hat sie sich selbst den größten Druck gemacht. War der Rückschlag im Einzel vielleicht gar nicht verkehrt, da dadurch Luft aus der Sache genommen wurde?

Beck: Nein, das war glaube ich wurscht. Magdalena wird immer noch hoch motiviert sein, um wieder ganz oben zu stehen. Sie musste ja sagen, sechs Medaillen zu wollen, nachdem sie letztes Jahr fünf gewann. Bei der Heim-WM kann sie dann ja nicht drei als Ziel ausgeben.

LAOLA1: Abschließend bitte ich dich um einen Tipp für den Massenstart. Wer darf sich mit einer Medaille schmücken?

Beck: Wenn es  normal abläuft, werden es wohl die üblichen Verdächtigen. Daher gehe ich davon aus, dass Darya Domracheva und Lena auf alle Fälle auf dem Podest stehen werden, weil es auch ein Laufwettkampf ist. Um den dritten Platz werden sich dann einige matchen, wobei ich glaube, dass Tora Berger die Nase vorne haben wird. Wenn ich eine zu verschenken hätte, würde Andrea sie bekommen, aber ich glaube nicht, dass es diesmal reicht.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Christoph Nister