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Miriam Gössner: "Ich habe mich verändert"

Miriam Gössner:

Es war kein leichter Sommer, den Miriam Gössner hinter sich gebracht hat.

Da war die durchwachsene letzte Saison, die durch WM-Gold mit der deutschen Staffel zu einem versöhnlichen Ende gebracht wurde.

Da war ein Gewichtsproblem, das ihr zusetzte und sie nach indirekten Aufforderungen mehrere Vertrauter dazu veranlasste, 10 Kilogramm abzunehmen.

Und da war eine schwierige Zahn-Operation, die sie wertvolle Trainingstage und auch einige Nerven kostete.

Voller Angriff in Östersund

Doch die 22-Jährige ließ sich nie entmutigen, arbeitete hart weiter und will beim Weltcup-Auftakt im schwedischen Östersund wieder voll angreifen.

Im LAOLA1-Interview spricht Gössner über die nicht immer einfachen letzten Monate, die neue Zeitrechnung im deutschen Damen-Team nach dem Abschied Magdalena Neuners und den Nationenwechsel von Michael Rösch.

LAOLA1: Miriam, du hast einen ereignisreichen Sommer hinter dir. Wie geht es dir gesundheitlich? Bist du wieder fit?

Miriam Gössner: Ja, doch. Mit meinen Zähnen ist alles wieder gut. Ich habe ein Provisorium drinnen, was sich so schnell auch nicht ändern wird, dazu konnte der Implantatsstift eingesetzt werden. Der Knochen ist einigermaßen angewachsen, sodass es eigentlich ganz gut aussieht.

LAOLA1: Spürst du noch Nachwirkungen des Eingriffs bzw. wie hat sich dieses Zahnproblem auf deine Leistungen ausgewirkt?

Gössner: Die Nachwirkung ist, dass ich eben keinen Zahn drin habe. Das merke ich schon, aber es ist nicht schlimm. Es kam aber mal vor, dass das Teil beim Niesen rausgeflogen ist. (lacht) Inwiefern es Auswirkungen hatte, kann ich allerdings schwer beurteilen. Ich hatte oft Kopfschmerzen, die sind nun weg. Ich weiß aber nicht, ob das am Titan lag oder der Grund ein anderer war.

LAOLA1: Du hast im Sommer ungemein hart an dir gearbeitet und zehn Kilo abgenommen. War das wirklich notwendig?

Gössner: Ja, das war definitiv notwendig. Ich hatte letztes Jahr einiges zu viel drauf und wurde auch des Öfteren dezent darauf hingewiesen. Ich habe mich selbst nicht wohl gefühlt. Jetzt ist das anders und das ist wichtig. Wie viele Kilos es dann sind, ist unerheblich.

Mit Magdalena Neuner verbindet Miriam Gössner eine enge Freundschaft

LAOLA1: Im letzten Jahr hast du dir mit Lena das Zimmer geteilt. Steigst du nun auf ein Einzelzimmer um oder versuchst du dich mit einer neuen Partnerin?

Gössner: Nein, nein, ich steige sicher nicht auf ein Einzelzimmer um (lacht). Wir haben ja noch Tina, mit der ich auch schon öfter das Zimmer geteilt habe. Wir hatten auch jede Menge Spaß zusammen.

LAOLA1: Du bist mit Neuner eng befreundet. Welcher Verlust wiegt aus deiner Sicht schwerer: Jener der Sportlerin oder jener der Persönlichkeit, die dahinter steckt?

Gössner: Für mich ganz klar jener der Persönlichkeit. Für mich war sie immer mehr als eine Sportkollegin, sie ist eine richtig gute Freundin. Natürlich war sie als Athletin toll und hat Dinge erreicht, die vor ihr kaum jemand schaffte und wohl auch nach ihr nur wenige schaffen werden.

LAOLA1: In einem Interview hat sie dich als „heißes Eisen“ bezeichnet und angefügt, du seist reifer geworden. Was meint sie damit?

Gössner: Vielleicht die Einstellung zum Sport. Ich habe mich verändert und versuche, alles noch professioneller zu sehen.

LAOLA1: Inwieweit hat sich die Team-Hierarchie geändert und inwieweit hat Neuners Abschied Auswirkungen auf die Stimmung im Team?

Gössner: Wir sind nach wie vor ein super Team und haben viel Spaß zusammen. Was die Hierarchie betrifft: Das ist schwierig zu sagen, die gab es auch bisher nicht so wirklich.

LAOLA1: In der letzten Saison lief es für dich in den Einzel-Weltcups alles andere als nach Wunsch. Wie ist es aktuell um deine Form bestellt?

Gössner: Es ist immer schwierig, Quervergleiche zu ziehen. Ich kann sagen, dass ich mich gut fühle. Wie es dann im Endeffekt aussieht, wenn die Saison startet, kann man schwer beurteilen. Jeder wird aufgeregt und nervös sein – am Donnerstag werden wir wissen, wie es um die Form bestellt ist.

LAOLA1: Wer war denn so unverschämt, dich darauf hinzuweisen?

Gössner: (lacht) Gut, da will ich lieber keine Namen nennen. Aber es gab doch von mehreren Leuten nette Hinweise.

LAOLA1: Der Weltcup-Winter ist unheimlich kräftezehrend. Besteht die Gefahr, dass du mit Fortdauer der Saison an deine körperlichen Grenzen stößt?

Gössner: Ich habe ja ein paar Reserven und hoffe daher nicht.

LAOLA1: Du hast die Off-Season unter anderem dazu genutzt, den Mont Blanc zu besteigen. Wie ist es dazu gekommen und was nimmt man als Sportler von einer solchen Begehung mit?

Gössner: Ich wollte das schon immer mal machen. Mein Papa ist Bergführer und war schon öfter oben. Was ich mitnehme? Dass ich das so schnell nicht wieder mache. (lacht) Nein, es war eine Extremsituation. Das Aufsteigen ging noch, aber beim Runtergehen war es dann doch sehr anstrengend. Vom Kopf her wird man immer müder, man macht es dann nur noch, weil der Wille da ist.

LAOLA1: Die deutschen Medien machen sich große Sorgen um das Biathlon-Damen-Team. Aus deiner Sicht verständlich, weil mit Magdalena Neuner das große Zugpferd zurücktrat? Oder hast du das Gefühl, dass eure Leistungen nicht genug gewürdigt werden?

Gössner: Es ist natürlich schade, dass Lena nicht mehr dabei ist. Sie hat schließlich fast immer die Erfolge eingefahren. Trotzdem glaube ich an uns, wir haben eine starke Mannschaft. Andrea (Henkel) und auch Tina (Bachmann) haben in den Vorjahren schon tolle Leistungen gezeigt. Ich glaube nicht, dass wir uns verstecken müssen. Es wird anders sein, Lena wird uns fehlen. Aber auch so sind wir konkurrenzfähig.

LAOLA1: Mit Evi Sachenbacher-Stehle kam eine Quereinsteigerin hinzu. Wie schlägt sie sich bislang?

Gössner: Was ich so mitbekommen habe, ist alles sehr positiv.

Die WM ist für Gössner noch kein Thema

LAOLA1: Die WM ist auch in diesem Jahr der Saisonhöhepunkt, im Februar findet sie in Nove Mesto statt. Kann man die Titelkämpfe ausblenden oder geistern sie permanent im Hinterkopf herum?

Gössner: Noch ist es so, dass ich vom Kopf her noch nicht bei den WM-Rennen bin. Jetzt sind andere Sachen im Vordergrund.

LAOLA1: Wie lauten denn deine vorrangigen Ziele für diese Saison?

Gössner: Ganz klar: Ich wollte mich für die Weltcup-Mannschaft qualifizieren, das habe ich geschafft. Und jetzt schaun mer mal.

LAOLA1: Die Herren haben ebenfalls einen prominenten Abgang zu verkraften, Michael Rösch wird künftig für Belgien starten. Hast du Verständnis für seine Entscheidung?

Gössner: So etwas muss immer jeder für sich selbst entscheiden, von außen ist das schwer zu beurteilen. Er hat für sich eine neue Herausforderung gebraucht, daher finde ich das total okay. Wenn er Chance und Möglichkeit dazu hat, freut es mich für ihn. Ich wünsche ihm alles Gute. Ich hoffe aber, dass wir weiter guten Kontakt haben, weil er doch immer viel Spaß in die Mannschaft gebracht hat.

LAOLA1: Wäre dieses Szenario für dich ebenfalls vorstellbar, wenn es Probleme geben sollte?

Gössner: Ich hoffe nicht, dass es Probleme gibt. Bei mir wäre es aber verhältnismäßig einfach, weil ich schon zwei Staatsbürgerschaften habe. Ich weiß aber auch nicht, ob es in Norwegen  einfacher wäre, sich zu qualifizieren. (lacht) Momentan steht das nicht zur Diskussion, man sollte aber niemals nie sagen.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Christoph Nister