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Boe ging k.o. - Fourcade und sein "Fu**ing race"

Boe ging k.o. - Fourcade und sein

Der Biathlon-Weltcup in Ruhpolding hat ordentlich Nerven gekostet - vor allem der Massenstart der Herren war an Spannung wohl kaum zu überbieten und nichts für schwache Gemüter.

Nach dem eher verkorksten Wochenende in Oberhof konnte die deutsche Mannschaft beim zweiten Heim-Weltcup in Ruhpolding auftrumpfen. Auch das Wetter zeigte sich - im Gegensatz zu jenem in Thüringen - gleich von einer viel besseren Seite.

Nicht so gut lief es diesmal für die ÖSV-Herren, dafür gibt es aus dem Lager der Damen Erfreuliches zu berichten.

LAOLA1 präsentiert wie gewohnt die Biathlon-Schießbude - diesmal aus Ruhpolding:

Das TRIO INFERNALE

 Hitchcock hätte den Massenstart der Herren nicht spannender gestalten können. Fünf Mann kamen zusammen auf die Zielgerade, drei wurden am Ende zeitgleich gewertet. Als Sieger ging nach Fotofinish-Auswertung ausgerechnet Simon Schempp hervor, jener Deutsche, der bislang jeden entscheidenden Zielsprint verlor. Festzuhalten bleibt: Das Rennen war ein echter Thriller und perfekte Werbung für den Sport. Die TV-Bilder inklusive der unglaublichen Kulisse (17.000 Zuschauer) trugen ihr Übriges dazu bei.

 

Arnd Peiffer hat wohl unsere letzte Schießbude gelesen und wollte die schlechte Leistung aus Oberhof nicht auf sich sitzen lassen: Er überzeugte im Sprint prompt mit Rang drei und einer enorm starken Laufleistung. Nebenbei löste er wohl das WM-Ticket und qualifizierte sich für den Massenstart, wo er Rang neun holte. Auch seine DSV-Kollegen erwischten ein starkes Wochenende - allen voran Simon Schempp. Der Deutsche war der erfolgreichste Biathlet in Ruhpolding, zielte bei 50 abgegebenen Schüssen nur einmal daneben und sammelte mit Rang zwei im Sprint sowie dem spektakulären Sieg im Massenstart 114 Punkte. Sein Zielspurt-Trauma hat er nun wohl auch ein für alle Mal hinter sich gelassen. Benedikt Doll (6.) sowie Daniel Boehm (9.) sorgten für weitere Top-Ten-Plätze der deutschen Herren im Sprint, die Staffel überzeugte mit nur zwei Nachladern sowie Rang zwei ebenfalls auf voller Linie.

 

 Ihr Weltcup-Debüt feierte Fanny Welle-Strand Horn bereits 2009, doch erst jetzt gelang ihr der Durchbruch. Bislang war ein siebenter Platz aus dem Sprint von Hochfilzen ihre beste Platzierung, ehe sie in Ruhpolding zum großen Wurf ausholte und sich den Sieg im Sprint sicherte. "Ich spiele hier schon lange mit und es gab einige harte Jahre. Ich habe immer an mich geglaubt, jetzt habe ich es geschafft", freut sich die 26-Jährige. Für eine große Feier blieb keine Zeit. "Ich bin nicht mehr das größte Party-Girl", gestand sie, zudem hatten die Herren tags darauf ihren Bewerb, daher mussten sich die Mädels (Tiril Eckhoff wurde Dritte) zurückhalten. Einen kleinen Wunsch hatte sie trotzdem - einen Kuchen. "Den habe ich mir verdient."

Das TRIO FATALE

Wir reiben uns die Augen: Kein Podestplatz, nicht einmal eine individuelle Top-Ten-Platzierung für Martin Fourcade? "Ein Wochenende zum Vergessen, wie es von Zeit zu Zeit vorkommt... Ich bedanke mich für die Unterstützung... In Antholz wird es wieder besser", blieb dem 26-Jährigen nach Ruhpolding nichts anderes übrig, als vorauszublicken. Der sonst so souveräne Franzose leistete sich im Sprint zwei Fehler und wurde nur 26. (vier Plätze hinter seinem Bruder Simon). In der Staffel blieb er als Schlussläufer zwar fehlerfrei, dennoch verpasste Frankreich mit Rang vier das Podest. Ganz schlecht dann der abschließende Massenstart - nach vier Fehlern musste der Weltcup-Leader mit Rang 21 vorlieb nehmen.

 

Erschreckend schwach präsentierten sich Österreichs Herren im Sprint. Simon Eder als landete als bester auf dem enttäuschenden 30. Rang. Derart desolat präsentierte sich der ÖSV zuletzt am 16. März 2012, als Dominik Landertinger im Sprint von Khanty Mansiysk mit Rang 35 für das "Highlight" sorgte. Auffallend war, dass Eder und Co. sowohl am Schießstand (mindestens zwei Fehler), als auch in der Loipe (Rückstand zwischen 1:07 und 2:10 Minuten) geschlossen deutlich von den Besten entfernt waren. Entsprechend resümierte Cheftrainer Reinhard Gösweiner: "Man muss ganz klar sagen, das war absolut unzufriedenstellend. Da muss man ernsthaft darüber reden, dass das verbessert werden muss." Eder nahm sich die Worte des Chefs zu Herzen, im Massenstart wurde er Achter.

 

Während die Damen mit starken Leistungen auf sich aufmerksam machen, tun dies die Herren mit schwachen Resultaten - die Rede ist von Italien. Nur Rang 14 in der Staffel sprang nach einer Strafrunde sowie 13 Nachladern für Christian De Lorenzi, Dominik Windisch, Thomas Bormolini und Lukas Hofer heraus. im Sprint war die beste Platzierung ein 34. Rang für Windisch (1 Fehler), Hofer landete nach fünf Fehlschüssen gar nur auf Rang 89! De Lorenzi (1) ergatterte gerade noch einen Weltcup-Punkt als 40., Bormolini ging als 47. leer aus. Der Massenstart ohne italienische Beteiligung ist die logische Konsequenz dieses Leistungsloches.

Kurioses

Eine "Brezn" fabrizierte Jakov Fak im Massenstart. Der Slowene führte die Spitzengruppe in einer Abfahrt an und kam zu Fall. Johannes Thingnes Boe hatte keine Ausweichmöglichkeit und flog über den Slowenen hinweg. Beide mussten daraufhin einen Ski wechseln, Boe nach dem Rennen aufgrund von Gesichtsverletzungen sogar ins Krankenhaus. Am Montag gab der norwegische Verband Entwarnung, der 21-Jährige kam ohne schwere Verletzungen davon.

 


Ursprünglich hätte Arnd Peiffer aufgrund seiner schwachen Vorleistungen im Sprint eine Nummer ab 85 gehabt. Teamkollege Daniel Böhm, der das WM-Ticket längst in der Tasche hatte, und Cheftrainer Mark Kirchner heckten jedoch einen Plan aus. Dieser sah vor, dass Böhm auf sein Vorrecht verzichtete und Peiffer dadurch in eine frühere Startgruppe - so wie er es bevorzugte - rutschte. "Ich war richtig gerührt", erklärte der Ex-Weltmeister, der seinem Kameraden nach dem Rennen um den Hals fiel. Kein Wunder, denn die Taktik ging auf, Peiffer lief sein mit Abstand bestes Saisonrennen und wurde überraschend Dritter. "Ich wusste, dass es für ihn jetzt drauf ankommt. Da war es für mich selbstverständlich, das jetzt für ihn zu tun", bewies Böhm großen Teamgeist.

 

Simon Eder wurde seinem Ruf als "Lucky Luke" unter den Biathleten einmal mehr gerecht. Der Schnellschütze benötigte in der Staffel für beide Schießeinheiten exakt 36 Sekunden (je 18,0). Nie zuvor war jemand im Teambewerb schneller.

 

Er hat die Haare schön. Erlend Bjöntegaard ist ein Sunny-Boy und trägt das Haar etwas länger als die meisten seiner Mitstreiter. Der Gang zum Friseur kommt vorerst nicht in Frage. "Nein, das darf er nicht", verriet Ole Einar Björndalen mit einem Augenzwinkern. Bjöntegaard klärte auf: "Unser Verbandspräsident Tore Boeygard hat gemeint: Kein (neuer) Haarschnitt für Bjöntegaard, weil er am besten ist, wenn er lange Haare hat." Der "Big Boss" sollte Recht behalten, sein Schützling zeigte eine tolle Staffel-Leistung und war maßgeblich am ersten Sieg der Norweger seit Hochfilzen 2013 beteiligt.

 

 Norwegens Herren, Teil 2: Für Ole Einar Björndalen, den König der Biathleten, war es inklusive des Mixed-Bewerbs im Rahmen der Biathlon-Weltmeisterschaften 2012 bereits der neunte Sieg in einer Staffel in Ruhpolding. Ein weiterer der unzähligen Rekorde des erfolgreichsten Winter-Olympioniken aller Zeiten.

Rot-weiß-rote Brille

*) Zum ersten Mal in der Weltcup-Geschichte ging ein Damen-Massenstart mit zwei ÖSV-Damen über die Bühne. 2002 war es Anna Sprung, die sich dafür qualifizierte, letzte Saison Katharina Innerhofer, Anfang dieses Winters Lisa Hauser. In Ruhpolding durften die beiden Letztgenannten schließlich erstmals zusammen eingreifen. Auch wenn es "nur" zu den Plätzen 21 (Hauser) und 29 (Innerhofer) reichte, so war es doch ein weiterer Schritt nach vorne für die heimischen Biathlon-Ladies. Interessanterweise waren damit auch erstmals mehr ÖSV-Damen als -Herren dabei.

 

*) Apropos Damen: Rang zehn in der Staffel war das zweite Top-10-Ergebnis in Folge. Dabei gingen die Österreicherinnen - trotz anders lautender Behauptungen mancher TV-Kommentatoren aus Deutschland - als jüngstes aller Teams in das Rennen. Das Durchschnittsalter am Tag der Staffel betrug 20,75 Jahre. Lediglich die Schweizerinnen (21,0) konnten da mithalten.

 

*) Kücken im Lager der Österreicher ist Simone Kupfner. In Oberhof feierte die 18-Jährige ein exzellentes Debüt in der Staffel, auch in Bayern blieb sie cool und empfahl sich damit für weitere Aufgaben im Konzert der Großen.

 

*) Eine bittere Pille hatte Dominik Landertinger zu schlucken. Der Tiroler, bereits in Oberhof außer Gefecht, musste erneut aufgrund gesundheitlicher Probleme ein Rennen absagen. Der Massenstart ging ohne ihn über die Bühne. "Könnte kotzen, so zipft mich das an", war er entsprechend enttäuscht. Es könnte allerdings noch schlimmer kommen, denn auch sein Antreten in Antholz ist LAOLA1-Informationen zufolge noch nicht sicher.

 

 Die Sprüche des Wochenendes

"Fu**ing race! Verzeiht mir das Schimpfwort, aber ich muss es sagen, das ist Teil meiner Therapie für das nächsten Rennen", ärgerte sich Martin Fourcade nach dem Sprint, den er lediglich als 26. beendete. Die Therapie schien nicht anzuschlagen, denn im Massenstart lief es bekanntlich mit Rang 21 nur unwesentlich besser ...

 

"Eigentlich habe ich mich echt schlecht gefühlt vor dem Rennen. Die Schlussrunde ist aber super gegangen, ich bin saufroh über den zweiten Platz", freute sich Franziska Preuß gegenüber der "ARD".

 

GEWINNSPIEL

Reporter-Legende Sigi Heinrich hat uns ein Kochbuch, in dem er die Lieblings-Rezepte zahlreicher Biathlon-Starts dokumentierte, überlassen. Das unter Mithilfe von Kornspitz® entwickelte Werk, das den Namen "Kulinarische Volltreffer" trägt, hat User "PietroNero" gewonnen. Wir gratulieren!

 

Henriette Werner/Christoph Nister

Was sonst noch auffiel

Nicht nur die deutschen Herren waren in Ruhpolding erfolgreich, auch die Damen hatten Grund zu feiern: Franziska Preuß zog vor heimischen Publikum in der Sprint-Schlussrunde noch an Anais Bescond und Valj Semerenko vorbei und landete als Zweite erstmals in ihrer Karriere in einem Individual-Bewerb am Podest. Gleichzeitig war es der erste Einzel-Podiumsplatz der DSV-Damen in dieser Saison. "Nach meiner schlechten Leistung im Sprint (42. mit drei Fehlern, Anmerk.) war ich sehr deprimiert und habe überhaupt nicht mehr ans Treppchen gedacht. Aber scheinbar brauche ich einige schlechte Rennen, um umso stärker zurückzukommen." Aufs Stockerl ging es zuvor auch gemeinsam mit Namensvetterin Hildebrand, Vanessa Hinz und Laura Dahlmeier, denn die deutsche Staffel landete hinter den erneut erfolgreichen Tschechinnen sowie Weißrussland auf Rang drei.

 

Bereits als Aktive waren sie Medaillenhamster, nun gab es für drei ehemalige Biathletin auch im Ruhestand Edelmetall. "Diese bekamen Marie Laure Brunet, Christoph Sumann und ich von der IBU für unsere Leistungen", freute sich die Andrea Henkel auf "Facebook" über die Anerkennung.

 

Zwar verpasste er diesmal mit Rang vier (Sprint) sowie Platz sechs (Massenstart) den Sprung aufs Podest, dennoch sammelte Anton Shipulin wieder jede Menge Punkte im Kampf um die große Kristallkugel: In Ruhpolding erhielt er ganze 46 mehr als Gesamtweltcup-Leader Martin Fourcade und schiebt sich langsam aber sicher näher an ihn heran - 45 Zähler trennen die beiden nur noch.

 

Auch Darya Domracheva hat ein sehr erfolgreiches Wochenende hinter sich - mit einem Sieg im Massenstart sowie Rang zwei im Sprint sammelte die Weißrussin mit 114 Zählern deren 58 mehr als die Führende Kaisa Makäräinen und rückte damit bis auf 58 Punkte an die Finnin heran.

 

Während im Herren-Massenstart gleich fünf Teilnehmer den Schießstand ohne einen einzigen Fehler verließen, behielt im Feld der Damen niemand eine weiße Weste. Alle 30 Teilnehmerinnen mussten mindestens einmal, maximaler aber neunmal (Enora Latuilliere/FRA) in die Strafrunde.

 

Für die beste Schießleistung des Wochenendes zeichnete Brendan Green verantwortlich. Der 28-jährige Kanadier gab ab 40 Schüsse ab - alle trafen das Ziel. Kein anderer Athlet kann auf eine derart perfekte Bilanz verweisen.