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"Mit vier Jahren bin ich am Pocket Bike gefahren"

Spätestens seit dem WM-Super-G kennen Ski-Fans in ganz Österreich den Namen Cornelia Hütter.

Die 22-Jährige schrammte als Vierte nur hauchdünn an einer Medaille vorbei, begeisterte aber mit einer riskanten Fahrt und zwischenzeitlicher Bestzeit.

„Mit ein bisschen Abstand gesehen denke ich schon, dass es eine gute Leistung und ein gutes Ergebnis war. Vor mir sind nur die Besten der Besten gestanden. Ich kann zufrieden sein“, hegt sie keinen Groll mehr, das Podest verpasst zu haben.

Auch für die anstehende Abfahrt nimmt sich die Steirerin viel vor, erzwingen will sie aber nichts: „Es wäre nicht klug, noch enger zu fahren und etwas zu erzwingen. Du siehst es dir in der Besichtigung an und prägst es dir ein.“

Problem sollte die Abfahrt für sie keines sein. Schließlich liebt sie das Tempo wie kaum eine andere. Im Sommer vertreibt sie sich die Zeit mit Autorennen, was ihr den Spitznamen „Vollgas-Conny“ einbrachte.

Wie tickt der Shootingstar sonst so? „Sehr ehrgeizig und in gewisser Weise auch stur“, gibt sie zu.

Warum das nicht schlecht ist, sie bereits mit vier Jahren ein Motorrad besaß und inzwischen eine richtige Material-Tüftlerin ist, erklärt Cornelia Hütter im Interview:

Frage: Hat die Tatsache, dass drei Top-Fahrerinnen im Super-G vor dir gestanden sind, leichter gemacht, über Rang vier hinwegzusehen?

Cornelia Hütter: Es ist klar, dass dich ein vierter Platz bei der WM anzipft. So würde es jedem Sportler gehen, der ehrgeizig ist und ganz rauf kommen will. Da ist dir egal, welcher Name vor dir steht. Mit ein bisschen Abstand gesehen denke ich schon, dass es eine gute Leistung und ein gutes Ergebnis war. Vor mir sind nur die Besten der Besten gestanden. Ich kann zufrieden sein.

Frage: Kannst du den Frust in Energie bündeln und für die Abfahrt verwenden?

Hütter: Sicherlich nehme ich viel Positives mit. Das war mein erster WM-Start und der hat gleich so gut funktioniert. Für die Abfahrt habe ich mir auch viel vorgenommen, da will ich wieder zeigen, was ich kann.

Frage: Bei der Siegerehrung warst du mitten im Konzert der Großen. Denkst du, du bist schon dem Kreis der Besten zugehörig?

Hütter: Nein, nicht wirklich. Das ist schwer zu sagen. Ich fühle mich selbst nicht so wie Anna (Fenninger/Anm.) oder Lindsey (Vonn/Anm.), ich habe ja auch noch nicht so viel gewonnen. Es ist aber sicher ein Ziel, dass ich einmal so viel erreiche.

Frage: Du bist ja auch im Sommer schnell unterwegs, Autofahren ist eine deiner Leidenschaften. Was fasziniert dich an der Geschwindigkeit generell?

Hütter: Ich war von klein auf immer auf der schnellen Seite. Ich war nie nur zu Hause und habe mit Puppen gespielt. Mit vier Jahren hatte ich ein „Pocket Bike“ und bin damit herumgefahren. Da konnte man schon sehen, dass es in diese Richtung geht.

Frage: Macht das süchtig oder kannst du auch mal drei Wochen nicht mit über 100 km/h unterwegs sein?

Hütter: Ich brauche das schon, es gehört zu mir. Wenn ich aber eine Woche Urlaub mache und nur herum liege, ist das auch okay. Bei drei Wochen wird es dann schon kritisch (lacht). Man muss das abwiegen, ich brauche das und das.

Frage: Wie würdest du dich sonst selbst beschreiben?

Hütter: Ich bin sehr ehrgeizig. Ich versuche aber auch, mich nicht in Sachen festzulaufen, die nicht wichtig sind. Ich weiß, was ich morgen mache, aber was ich übermorgen mache, weiß ich nicht. Es ist besser, man lebt in der Gegenwart und nicht in der Zukunft oder in der Vergangenheit. Das macht mich aus. Ich bin in gewisser Weise auch stur, ich bin ja Skorpion vom Sternzeichen (lacht).

 

Aus Vail/Beaver Creek berichtet Matthias Nemetz

Frage: Wie findest du in der Abfahrt das Mittelding zwischen attackieren und überpowern?

Hütter: Ich gehe in die Abfahrt genauso wie in den Super-G, da gibt es für mich keinen Unterschied. Ich habe das vor der WM schon gesagt. Ich sehe die WM wie normale Weltcup-Rennen, dort versuche ich auch hundert Prozent zu geben und gut zu fahren. Es wäre nicht klug, noch enger zu fahren und etwas zu erzwingen. Du siehst es dir in der Besichtigung an und prägst es dir ein.

Frage: Warst du selbst überrascht, dass es so gut gegangen ist?

Hütter: Wenn man am Start steht, muss man von sich selbst überzeugt sein. Sonst macht es keinen Sinn und man braucht nicht fahren. Ich wusste schon, dass ich es kann. In St. Moritz habe ich ja auch gezeigt, dass ich es kann. Ich habe mir keine Sorgen gemacht, dass ich es nicht kann.

Frage: Trainer Jürgen Kriechbaum hat dich und deine Entwicklung explizit gelobt. Wie siehst du das selbst?

Hütter: Von der letzten in diese Saison ist viel weitergegangen. Speziell, was die Kompaktheit und das Skifahren angeht. Völkl hat aber im Speed-Bereich viel weitergebracht, da haben wir gut zusammengearbeitet. Das Gesamtpaket funktioniert einfach um einiges besser.

Frage: Bist du eine Material-Tüftlerin oder nimmst du den Ski, den du bekommst?

Hütter: Ganz ehrlich: Ich habe mich früher überhaupt nicht dafür interessiert. Ich bin mit dem Ski gefahren, den sie mir gegeben haben und mir gedacht, es wird schon passen. Wenn ich nicht schnell war, dachte ich eben ich war schlecht. Ich hätte mir nicht gedacht, dass ich mit einer kleinen Materialänderung schneller sein hätte können. Letztes Jahr habe ich damit angefangen. Wenn du ganz nach vorne kommen willst, musst du dich damit beschäftigen. Du musst aber die Gratwanderung schaffen und nicht nur ans Material denken und das Skifahren vergessen.