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"Die Statistik im Super-G spricht für mich"

Wie nennt man jemanden, der auf der WM-Strecke sein erstes Weltcup-Rennen und zwei weitere Super-Gs – darunter den in der aktuellen Saison – gewinnen konnte? Topfavorit.

Doch diese Rolle schiebt jener Mann bewusst beiseite. „Topfavorit ist Jansrud. Die Statistik im Super-G spricht für mich. Statistiken sind aber Statistiken und somit Vergangenheit“, zählt für Hannes Reichelt die aktuelle Form mehr, als die Statistik auf der „Birds of Prey“.

Für den Super-G gehört Reichelt neben Jansrud dennoch zu den heißesten Medaillen-Anwärtern. „Wenn man am Start ist, will man eine Medaille haben“, macht er daraus keinen Hehl-

Sein Vorhaben sieht dennoch etwas ander aus: „Ich will mir im Ziel nicht vorwerfen müssen, nicht alles riskiert zu haben. Wenn es dann keine Medaille wird, kann ich nicht böse auf mich selbst sein.“

Warum man im Super-G nur Kleinigkeiten zwischen Sieg und Niederlage entscheiden, er sich in der Abfahrt mehr Gedanken macht und welche Sorge er nach seiner Rücken-OP hatte, erzählt Hannes Reichelt im LAOLA1-Interview:


LAOLA1: Auf der „Birds of Prey“ bist du immer gut zurecht gekommen und konntest in diesem Winter den Super-G gewinnen. Gibt das Selbstvertrauen oder macht es dir auch Druck?

Hannes Reichelt: Die Strecke gefällt mir sehr gut. Es ist sehr schön, wenn man auf eine Strecke kommt, die einem liegt. Es ist auch ein bisschen Druck, aber im Super-G ist es immer das gleiche Spiel: Die Besichtigung muss passen und dann muss man die richtige Linie erwischen. Es kann leicht passieren, dass man daneben steht, wenn man am Limit fährt. Im Dezember ist es mir sehr gut gelungen, da war ich aber auch sehr am Limit. Es hat nicht viel gefehlt und ich wäre ausgefallen. Diese Mischung wieder zu finden, ist mein Ziel. Eine perfekte Linie und eine perfekte Fahrt, und man ist vorne dabei.

LAOLA1: Siehst du dich aufgrund deines Sieges in Beaver Creek als größten Favoriten?

Reichelt: Topfavorit ist Jansrud. Die Statistik im Super-G spricht für mich. Statistiken sind aber Statistiken und somit Vergangenheit. Am Mittwoch lautet das Motto: Neues Spiel, neues Glück. Vor allem im Super-G musst du dich so am Limit bewegen. Das kann gut gehen und schlecht gehen. Wenn man am Start ist, will man eine Medaille haben. Am Start ist aber nicht die Medaille, sondern eine perfekte Fahrt das Ziel. Ich will mir im Ziel nicht vorwerfen müssen, nicht alles riskiert zu haben. Wenn es dann keine Medaille wird, kann ich nicht böse auf mich selbst sein.

LAOLA1: Wer sind neben Jansrud die Favoriten im Super-G?

Reichelt: Wir haben die Hoffnung, dass Jansruds Form bei der Weltmeisterschaft nicht so anhält. Ähnlich, wie es letzte Saison bei den Olympischen Spielen bei Aksel (Svindal/Anm.) war. Aber dann springen meistens andere ins Feuer. Aksel kommt zurück, Bode Miller kommt zurück. Es wird ein sehr interessantes Rennen.

LAOLA1: Machst du dir im Super-G oder in der Abfahrt mehr Gedanken?

Reichelt: Mehr in der Abfahrt, weil ich da im Dezember im Steilen viel Zeit verloren habe. Deshalb habe ich analysiert, was ich falsch gemacht habe und hoffe, dass ich das Mittel gefunden habe. Im Super-G geht es mir relativ leicht von der Hand.

LAOLA1: Wie bist du mit dem Tief in Kitzbühel umgegangen?

Reichelt: Die Fehler waren klar ersichtlich. Ich habe analysiert, warum es zu den Fehlern gekommen ist. Jetzt im Training habe ich es gleich wieder besser gemacht und bin zuversichtlich, dass es besser läuft.

LAOLA1: War es vielleicht sogar gut, vor der WM so ein Negativ-Erlebnis zu haben, um nicht alles für selbstverständlich zu halten?

Reichelt: Ich bin froh, dass es in Kitzbühel passiert ist. Wobei froh nicht stimmt, natürlich war ich traurig. Aber ich habe gemerkt, dass ich mich auf gewisse Sachen konzentrieren muss und weiß, wo bei der WM der Fokus liegt.

LAOLA1: Haben die Rückenprobleme im letzten Jahr deine Einstellung zum Sport verändert?

Reichelt: Ich bin immer dankbar, wenn ich auf den Ski stehe und keine Schmerzen habe. Oder bei solchen Fehlern wie in Kitzbühel, wo es mich vor der Hausbergkante so raufgedrückt habe und ich mit dem Kopf fast zwischen den Knien war und danach keine Schmerzen habe. Hinsichtlich meiner Trainingsplanung bin ich vorsichtiger geworden und höre noch mehr auf meinen Körper. Deswegen fahre ich fast keinen Riesentorlauf mehr. Um meinen Körper zu schonen.

LAOLA1: Hattest du Angst, dass du nicht mehr genauso fahren kannst, wie vorher?

Reichelt: Ich hatte Sensibilitätsstörungen, der Nerv war stark beschädigt. Meine Sorge war, dass ich das Gefühl auf der Fußsohle nicht mehr habe. Das wäre katastrophal für einen Abfahrer. Du lebst davon, im Flachen schnell zu sein. Ich bin froh, dass es wieder gekommen ist. Es hat aber relativ lange gedauert.

 

Das Gespräch führte Matthias Nemetz