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"Habe gar nicht mitbekommen, dass ich Silber habe!"

Michaela Kirchgasser hat Wort gehalten. Nach Platz vier in der Super-Kombi kündigte die Salzburgerin mit Tränen in den Augen an: „Ich hole mir meine Einzelmedaille noch!“

War sie im Riesentorlauf noch an ihren eigenen Erwartungen gescheitert, schlug die 27-Jährige am Samstag im Slalom zu. Von Rang sechs fuhr sie mit der zweitschnellsten Laufzeit im Finale noch auf Rang zwei vor.

„Das ist der schönste Tag meiner Karriere“, jubelte Kirchgasser überschwänglicher als Weltmeisterin Mikaela Shiffrin und die Drittplatzierte Frida Hansdotter zusammen.

Bei LAOLA1 setzt sie ihre Jubel-Arie fort, sie hat aber auch Mitleid mit der „blechernen“ Tanja Poutiainen. Außerdem verrät „die Kirchi“, warum ihre Tränendrüsen nie die Arbeit einstellen.


LAOLA1:
 Michaela, wie fühlt es sich an, endlich die Einzelmedaille geholt zu haben?

Michaela Kirchgasser: Entschuldigung für den Ausdruck, aber es ist einfach nur geil. Ich bin überglücklich, es fühlt sich so cool an. Dieses Gefühl, als klar war, dass ich die Medaille habe, das kann man mit Worten gar nicht beschreiben.

LAOLA1: Wie wäre es mit dem schönsten Tag deiner Karriere?

Kirchgasser: Gekauft. Es ist die erste Einzelmedaille für mich und dann auch noch in Österreich. Ich habe immer gewusst, dass ich es auch alleine schaffen kann und nicht nur mit dem Team. Das ist der reine Wahnsinn.

LAOLA1: Du bist mit Bestzeit abgeschwungen, dann hieß es warten auf die letzten fünf Läuferinnen. Wie hast du das erlebt?

Kirchgasser: Das Warten im Ziel war einfach nur grausig. Ich bin unten gestanden und habe gehofft und gebetet, dass es nicht noch einmal der vierte Platz wird. Das ist eine brutale Achterbahnfahrt. Für die Tanja (Poutiainen; Anm.) tut es mir leid, weil ich weiß, wie weh es tut, wenn man Vierte wird.

LAOLA1: Du wiederum hast zunächst gar nicht mitbekommen, wie schön es ist, Vize-Weltmeisterin zu sein?

Kirchgasser (lacht): Ja, das stimmt. Ich habe zuerst gedacht, dass ich Bronze gewonnen habe. Als Frida ins Ziel gekommen ist, habe ich Mikaela gratuliert, erst dann habe ich gesehen, dass ich Zweite bin. Ich hätte mich auch über Bronze gefreut, aber Silber ist schon noch einmal besser.

LAOLA1: Du warst die letzte ÖSV-Hoffnung auf eine Medaille. Wie groß war der Druck auf deinen Schultern?

Kirchgasser: Ich habe mir vor dem zweiten Durchgang gesagt, dass ich es niemand mehr beweisen muss, schon gar nicht mir selbst. Weil wenn man irgendwas beweisen möchte, fährt man mit der Brechstange. Und das ist noch immer in die Hose gegangen.

LAOLA1: Aber mit welcher Einstellung bist du dann ins Rennen gegangen?

Kirchgasser: Wie es kommt, so kommt es. Ich habe gewusst, dass ich attackieren und alles geben muss. Aber wenn es nicht klappen sollte, geht das Leben auch weiter. Nächstes Jahr haben wir Olympische Spiele und 2015 findet die nächste Weltmeisterschaft statt.

LAOLA1: Hast du zwischen den Durchgängen Kontakt mit deinem Mentaltrainer aufgenommen?

Kirchgasser: Nein, ich habe das gemacht, was ich immer zwischen den Läufen gemacht habe, nämlich versucht locker zu bleiben. Ich habe probiert die guten Bilder vom letztjährigen Weltcup-Finale herzukriegen und von der Kombi, aber auch vom ersten Durchgang. Obwohl der Lauf nicht so gepasst hat. Aber die Freude im Ziel hat mir so viel gegeben.

LAOLA1: Du hast also schon vorgefeiert?

Kirchgasser: Naja, es ist schon ein lässiges Gefühl, wenn man hier runterfährt oder runterfahren darf. Das Publikum ist sensationell, trägt einen fast ins Ziel. Die Feierbilder im Kopf waren richtig realistisch, das hat mich heiß gemacht für eine letzte Vollgas-Fahrt. Aber die wäre so oder so notwendig gewesen, weil mit Runterfahren gewinnst du nichts.

LAOLA1: Was bekommt man während der Fahrt vom frenetischen Publikum mit?

Kirchgasser: Es war unglaublich. Ich habe die Fans gehört und den Stadionsprecher, habe auch mitbekommen, dass ich zwischenzeitlich etwas verloren habe. Aber bei der nächsten roten Linie ist es wieder richtig laut geworden. Da habe ich mir gesagt: So, jetzt drückst du ihn noch einmal runter, da ist es dann noch einmal richtig dahin gegangen.

LAOLA1: Bei der Siegerehrung wird noch einmal auf die Tränendrüse gedrückt, oder sind die letzten Reserven bereits aufgebraucht?

Kirchgasser: Nein, nein, da ist schon noch was drin. Wenn ich die richtigen Leute treffe, geht es gleich wieder los. Aber ich schäme mich nicht für meine Tränen. Ich muss es einfach rauslassen, egal ob Freude oder Wut. Aber heute ist es einfach nur schön.

LAOLA1: Wir danken für das Gespräch.

 

Aufgezeichnet von Stephan Schwabl