Es gibt Superstars, die sind schon von weitem zu erkennen.
Beim Fußball haben sie die Haare schön und eine Männer-Handtasche von Gucci oder Louis Vuitton über der Schulter.
Basketballer tragen dicke Goldketten und fahren noch dickere Autos mit wummernden Bässen. Und dann gibt es Sportler wie Marcel Hirscher.
Kein Platz für Star-Allüren
„Die sind ja alle wahnsinnig“, lacht der Salzburger beim Interview-Termin mit LAOLA1 vor Beginn der Ski-WM und meint damit nicht die Kollegen aus anderen Sportarten.
Sondern all jene, die ihn schon vor der Eröffnung als WM-Superstar feiern.
Obwohl er längst bewiesen hat, dass ihm die Rolle des Superstars wie ein Maßanzug passt – für Allüren jedweder Art ist aber nicht einmal in der Innentasche Platz.
Garmisch vor dem TV erlebt
Dafür aber für die eine oder andere WM-Medaille, denn eine solche fehlt dem 23-Jährigen noch in seiner Trophäensammlung.
2009 in Val d'Isere war er als Vierter ganz knapp dran, vor zwei Jahren in Garmisch saß er mit Gips und feuchten Augen vor dem Fernseher.
In Schladming möchte er die eine oder andere Freudenträne verdrücken – wie beim Weltcup-Finale an selber Stelle vor einem Jahr.
LAOLA1: Marcel, du wirkst immer so cool, so abgeklärt, so sicher. Kannst du dich eigentlich noch erinnern, wann du das letzte Mal so richtig nervös warst?
Hirscher: Ganz komisch. Für mich ist es eher so, als hätten wir uns hier zufällig zum Interview getroffen. Das Night-Race in Schladming war schon, auch in Gedanken. Das hat man irgendwie so im Rhythmus, Kitzbühel, Schladming, das ist abgehakt. Deshalb ist es komisch, jetzt hier zu sein.
LAOLA1: Aber angesichts der Erfolge, die du hier schon gefeiert hast, wahrscheinlich nicht unangenehm?
Hirscher: Ich komme gerne nach Schladming. Das Stadion schaut von außen schon sehr geil aus. Aber das ist jetzt nur ein Kurzaufenthalt für mich.
LAOLA1: Weil es dann gleich wieder zum Abfahrtstraining geht?
Hirscher: Der Schneefall ist eine gute Gelegenheit, einmal eine Pause zu machen. Das bringt es aber mit sich, dass ich nicht Riesentorlauf trainieren kann. Darauf liegt jetzt der Fokus – und am Material testen. Wenn ich das nicht schaffe, kann ich nicht auf die Abfahrt gehen.
LAOLA1: Also doch kein Start in der Super-Kombination?
Hirscher: Ich bin seit Adelboden nicht mehr Riesentorlauf gefahren. Da habe ich ein neues Set-Up probiert, das sehr gut funktioniert hat. Aber das gehört weiter getestet und wenn ich das in den nächsten Tagen nicht zusammenbringe, sehe ich keine Möglichkeit in der Super-Kombi zu fahren. Es wäre grob fahrlässig, meine Stärken zu vernachlässigen. Aber das wird sich in den nächsten Tagen herausstellen.
LAOLA1: Kannst du uns verraten, wie deine nächsten Tage aussehen?
Hirscher: Wir hätten einmal einen Plan aufgestellt, aber da sind wetterbedingt schon zwei Tage weggefallen. Dadurch wird alles knapp, denn wir hatten zum Beispiel auch nur zwei Pause-Tage eingeplant, was für zwei Wochen schon minimal ist. Jetzt gibt es die Möglichkeit gar keine Pause zu machen und stattdessen zu trainieren. Schlussendlich geht es darum, dass ich perfekt auf die Rennen vorbereitet bin und im Fall der Fälle weiß, was zu tun ist.
LAOLA1: Du hast nach Kitzbühel gesagt, dass du froh bist endlich wieder g'scheit trainieren zu können und nicht Rennen fahren zu müssen. Wie hast du das gemeint?
Hirscher: Gute Trainingsbedingungen sind einfach irrsinnig wichtig, noch dazu weil wir in diesem Winter noch nicht oft welche hatten. Es war warm, hat geregnet, bis jetzt ist es ein Winter der Extreme. Dann freut man sich, wenn man im Training wieder einmal ordentlich Gas gegeben und Material testen kann. Und zwar aussagekräftig und nicht schwindlig, weil die Piste nachlässt. Ich wollte einfach wieder einmal die Grenzen verschieben.
LAOLA1: Das ist dir in dieser Saison auch abseits der Pisten bereits mehrfach gelungen: Skieur d'Or, Sportler des Jahres, … Wie präsent sind solche Auszeichnungen, wenn es im Weltcup Schlag auf Schlag und von Sieg zu Sieg geht?
Hirscher: Sehr. Ich habe zwar keinen Platz mehr, aber sie stehen sehr gebündelt beisammen. Sportler des Jahres bedeutet mir sehr viel, die Kitz-Gams habe ich im Wohnzimmer stehen. Saugeil, voll cool! Und dann auch noch die Kugeln. Damit sind schon viele starke Erinnerungen verbunden, stärker als zum Beispiel mit dem Sieg in Moskau.
LAOLA1: Schladming rechnet mit bis zu 400.000 Besuchern bei der WM. Was wünscht du dir für die Fans?
Hirscher: In erster Linie perfekte Abläufe. Wenn ich zum Beispiel auf ein Fußballspiel oder ein Konzert gehe und Dinge nicht funktionieren, kann das schnell mühsam werden. Für die Fans ist es cool, wenn alles einfach ist, damit sie hier einen schönen Tag verbringen können. Und nicht, dass sie bei der Anreise vier Stunden im Stau stehen, was vielleicht der Fall sein wird. Persönlich hoffe ich auf spannende Rennen!
LAOLA1: Weil Spannung dem Sport mehr bringt, als wenn du nach dem ersten Durchgang eine Sekunde oder mehr vorne bist?
Hirscher: Das kann auch spannend sein. Bringt er es runter, bringt er es nicht runter? Ich kann nur eines sagen: Die WM ist eine Momentaufnahme, egal wie es ausgeht. Es ist ein Moment, ein Einzelrennen, das kann gut gehen oder eben nicht.
LAOLA1: Wir danken für das Gespräch.
Das Interview führte Stephan Schwabl